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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Pirra. »Warum sind die Krähen hinter dir her?«
    Komisch, dass sie es zuerst erwähnt hatte. »Die Krähen verfolgen Fremdlinge«, entgegnete er vorsichtig.
    »Du bist ein Fremdling ? Was bedeutet das?«
    Er erklärte es ihr. »Ich glaube, auf Keftiu nennt man uns das Volk der Wildnis.«
    Sie überlegte. »Ich habe von ihnen gehört, obwohl es auf Keftiu nicht mehr viele davon gibt. Sie leben weit oben in den Bergen. Ich wusste nicht, dass einige von euch auch in Achäa leben. Warum verfolgen die Krähen dein Volk?«
    »Das musst du mir schon sagen, schließlich hast du mit ihnen ein Lager geteilt.«
    Sie stutzte. »Meine Mutter handelt vielleicht mit ihnen – aber ich habe nichts mit den Krähen zu schaffen, falls du das meinst.«
    »Irgendwas musst du doch wissen! Warum sind sie mir in dieser Nacht bis an die Küste gefolgt?«
    »Keine Ahnung! Userref hat gesagt …«
    »Wer ist Userref?«
    »Er ist mein Sklave. Die Krähen haben ihm erzählt, dass du versucht hast, Thestors Sohn zu töten, aber wir haben beide nicht daran …«
    »Was?«, rief er entsetzt. »Das ist gelogen!«
    »Ich sage ja, dass wir ihnen nicht geglaubt haben …«
    »Ich würde Telamon nie im Leben etwas antun, er ist mein bester Freund!«
    Sie sperrte vor Überraschung den Mund auf. »Du bist mit Thestors Sohn befreundet? Das … das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!«
    »Warum nicht? Weil er reich ist und ich arm bin?«
    »Nein, nicht deswegen. Er ist der Junge, den ich heiraten soll und er …«
    »Du sollst Telamon heiraten? Warum hast du mir das nicht gleich erzählt?«
    »Weshalb denn? Ich bin gar nicht auf den Gedanken gekommen, ihr könntet euch kennen.«
    »Warum nicht?«
    Sie öffnete den Mund, schwieg dann aber. Offenbar hatte sie beschlossen, nichts mehr zu sagen. Sie traute ihm plötzlich genauso wenig wie er ihr.
    »Du verschweigst mir etwas«, stellte er anklagend fest.
    »Genau wie du«, erwiderte sie prompt. »Woher hast du diesen Dolch? Wieso kennst du unseren Namen für Fremdlinge, obwohl du angeblich noch nie jemandem aus meiner Heimat begegnet bist?«
    Er blieb die Antwort schuldig. Die zaghafte Vertrautheit zwischen ihnen war wie weggeblasen. »Wir sollten schlafen gehen«, erklärte er abweisend.
    »Genau«, gab sie knapp zurück.

    Später, in seinem Unterschlupf, lauschte Hylas den schwarzen Wellen, die träge ans Ufer schlugen.
    Telamon hatte nie ein Wort von dieser Vereinbarung mit den Keftiu erwähnt. Aber er hatte auch sonst nie darüber gesprochen, was in Laphitos vor sich ging, das wäre in seinen Augen Angeberei gewesen. Vielleicht war es ihm auch peinlich gewesen, über seine bevorstehende Heirat zu reden.
    Es sei denn, Pirra hatte gelogen, um seine Aufmerksamkeit von den Krähen abzulenken.
    Obwohl der Mond bereits über dem stillen Meer aufgegangen war, fand Hylas keinen Schlaf. Er malte sich aus, wie bedrohlich aussehende Schiffe mit schwarzen Segeln rasch auf ihn zujagten. Würde das Meer die Schiffe hierherbringen? Würde Pirra ihn betrügen?
    In ihrem Unterschlupf war es ruhig, aber er hörte an ihren Atemzügen, dass sie ebenfalls wach war.
    Sie verbarg etwas vor ihm, keine Frage.
    Nun, eines stand jedenfalls fest: Er konnte ihr nicht über den Weg trauen. Sobald das Floß fertig war, würde er sie auf dieser Insel zurücklassen.

P irra hatte geglaubt, sie und Hylas wären sich etwas nähergekommen, aber das Gespräch gestern Abend hatte alles zunichtegemacht. Sie konnte Hylas nicht mehr über den Weg trauen. Falls er tatsächlich – was ihr mehr als unwahrscheinlich vorkam – mit dem Sohn des Stammesfürsten befreundet sein sollte, war äußerste Vorsicht geboten und sie musste ihre Zunge hüten.
    Dennoch beschloss sie, ihr plötzliches Misstrauen vor Hylas zu verbergen und ihm beim Bau des Floßes zu helfen. Sobald sie Achäa erreicht hatten, würde sie sich einfach heimlich aus dem Staub machen.
    Sie hatte zwar keine Ahnung, wie es dann weitergehen sollte, aber im Augenblick hatte sie dringendere Sorgen. Allmählich keimte in ihr der Verdacht, Hylas könnte sie einfach zurücklassen.
    So rücksichtslos wird er nicht sein , versuchte sie sich zu beruhigen. So was bringen nicht einmal Lykonier fertig. Was aber, wenn sie sich irrte?
    Der Floßbau erwies sich als ein anstrengendes Unterfangen. Zuerst kroch Hylas mühsam über einen Baumstamm, den er gefunden hatte, zum Wrack, und Pirra wartete an den Felsen. Mit einer Axt, die er im Frachtraum entdeckt hatte, hackte er ein Stück Holz aus dem

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