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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Steine weiter. Direkt vor ihm war eine unüberwindliche Mauer entstanden. Das Erdbeben hatte das Dach der Höhle zum Einsturz gebracht.
    Als er Pirras Namen rief, blieb alles stumm. Weit entfernt hörte er Wasser gurgeln und er spürte die wachsame Stille der Steine.
    Ein ums andere Mal rief er mit ängstlicher Stimme Pirras Namen, aber sobald er schwieg, lastete die Stille noch unerträglicher.
    Er begriff es einfach nicht. Gerade eben war sie noch hier gewesen, unmittelbar vor ihm, und hatte etwas ausgerufen. Nun befand sich dort, wo sie gestanden hatte, nur noch ein Haufen Steine . Sie hatte es nicht verdient, von einem Steinschlag zermalmt zu werden. Hoffentlich war der Tod schnell und schmerzlos gekommen.
    Blinzelnd und Staub spuckend drehte er sich um und stolperte dem schwachen Lichtstrahl entgegen.
    Kurz darauf vernahm er ein schwaches Quietschen.
    Filos.
    Er versuchte, zurückzupfeifen, brachte nur ein mühsames Krächzen zustande und versuchte es erneut.
    Er wartete, die Nerven zum Zerreißen gespannt.
    Dann, endlich, die leise, weit entfernte Antwort.
    Hylas schluckte. Er war nicht allein, nicht, solange Filos irgendwo dort draußen war. Er stellte sich vor, wie der Delfin vor der Höhlenmündung auf und ab schwamm und sich vielleicht sogar in den Fluss hineinwagte, der von der Höhle ins Meer floss. Sein heller Ruf würde Hylas wie ein Silberfaden aus diesem Dunkel führen.
    Wenn er es bis zum Meer schaffte, würde Filos ihm dabei helfen, in die Bucht zurückzuschwimmen und er könnte …
    Was geschieht dann mit Pirra?, fragte eine innere Stimme.
    Was soll mit ihr sein?, entgegnete Hylas knapp. Ich kann nichts mehr für sie tun, sie ist tot.
    Und wenn sie noch lebt? Sie könnte irgendwo hinter den Felsen dort eingeschlossen sein, gefangen, verletzt, halb verrückt vor Angst.
    Filos’ Pfiffe lockten Hylas in der Dunkelheit zu sich nach draußen, in die Sicherheit.
    Hylas schlug mit der Faust gegen einen Stein. Er musste für sich selbst sorgen, sonst würde er nicht überleben und Issi wäre ebenfalls verloren.
    Dein Albtraum ist es, deine Schwester auf immer zu verlieren, aber ich habe schreckliche Angst davor, lebendig begraben zu werden.
    Sie konnte tagelang überleben, sogar ohne Nahrung oder Wasser, und würde langsam und qualvoll allein in der Finsternis sterben.

    Pirra lag zusammengekrümmt auf der Seite. Ihr keuchender Atem, den sie heiß auf ihrem Gesicht spürte, sagte ihr, dass sie sich in einer winzigen Kammer befinden musste – wie winzig, wollte sie lieber nicht wissen.
    Ihr Hinterkopf schmerzte und die Wunde auf ihrer Wange pochte, ansonsten war sie anscheinend unverletzt. In der tiefen Dunkelheit erkannte sie nicht einmal die Faust vor ihrem Gesicht. Die Welt war untergegangen, und sie hatte als Einzige überlebt.
    »Hylas?«, rief sie. »Hylas!«
    Keine Antwort. Er war entweder tot oder versuchte, sich zum Meer durchzuschlagen. Sie war allein und saß in der Falle wie eine Ameise unter einem Berg von Steinen.
    Panik stieg in ihr auf. Sie umklammerte ihren Siegelstein, strich mit dem Finger über die vertrauten Umrisse des Vogelreliefs. Dann versuchte sie, sich einen Falken vorzustellen, genau wie jenen, den sie gemeinsam mit Userref vom Schiff aus gesehen hatte. Sie konzentrierte sich darauf, ihn mit geschmeidigen Flügelschlägen über den grenzenlosen Himmel gleiten zu lassen …
    Sie schaffte es nicht. Der Falke steckte in der Falle, genau wie sie. Sie konnte das panische Flattern seines Gefieders förmlich hören, bevor er gegen die Felswand prallte.
    Mühsam drehte sie sich auf den Bauch, dabei verfing sich eine Strähne knapp über ihrem Kopf an einem Stein. Sie versuchte erfolglos, einen Arm auszustrecken. Dann winkelte sie ein Bein an und stieß sich die Zehen an. Ihr Herz hämmerte, und der Falke in ihrem Kopf geriet außer sich.
    Mit zusammengepressten Lidern rang sie den Drang nieder, zu schreien und um sich zu treten. Ganz ruhig bleiben. Langsam ein- und ausatmen.
    Nach einer Weile schlug ihr Herz wieder gleichmäßiger und der Falke beruhigte sich.
    Dieser kleine Sieg verlieh ihr neue Kräfte. Sie beschloss, die Höhle sorgfältig abzutasten. Vielleicht führte doch ein Weg hier heraus.
    In dem kantigen Stein vor ihrem Gesicht ertastete sie eine faustgroße Öffnung. Etwas klapperte, als sie die Hand hineinsteckte. War das ein – Trinkbecher? Er war zerbrochen und roch erdig nach Ton. Sie sog den Geruch in tiefen Zügen ein. Diesen Becher hatten Menschen angefertigt. Die

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