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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Höhlen verlaufen hatte. Er hatte nach Filos gepfiffen und schwach die quietschende Antwort vernommen. Kurz darauf hatte er ihre Stimme gehört. »Es klang, als würdest du mit jemandem sprechen.«
    »Das habe ich auch.«
    »Und mit wem?«
    »Mit mir.«
    Nachdem er einen großen Felsblock herausgestemmt hatte, konnte sie ihre Hand durch die Lücke stecken. Er griff nach ihren Fingern. Sie waren kalt wie Klauen. »Ich hole dich da raus«, erklärte er aufmunternd. Aber der Spalt war nicht breit genug, und als sie ihn erweiterten, rollten Kiesel herab und die Steine knirschten bedrohlich.
    »Die Decke kann jeden Augenblick einstürzen«, sagte Pirra angespannt. »Jetzt oder nie.«
    Sie hatte recht, ihnen blieb keine Zeit mehr.
    Hylas umklammerte ihr Gelenk mit beiden Händen. »Leg deinen anderen Arm auf den Rücken«, befahl er. »Zieh die Schultern ein und drück das Kinn auf die Brust.«
    »Und wenn ich stecken bleibe?«
    »Keine Sorge, das passiert schon nicht.«
    »Das kannst du doch nicht wissen.«
    »Atme aus«, murmelte er und zog dann mit aller Kraft.
    Sie rührte sich nicht. Die Fersen gegen die Wand gestemmt verdoppelte er seine Anstrengungen. Das Gestein ächzte, Staubwolken waberten herab, und Pirra schrie vor Schmerz. Dann war sie plötzlich mit einem Ruck frei, und sie kullerten beide übereinander, während die Felsbrocken auf der anderen Seite herabpolterten.
    Hustend und staubbedeckt lauschten sie, bis der Lärm verklang. In der Dunkelheit hörte Hylas nur Pirras Atem. »Alles in Ordnung?«, keuchte er.
    »Hmhm.« Sie hatte bestimmt schlimme Schürfwunden, außerdem musste er ihr beinahe den Arm ausgekugelt haben.
    »Hylas?«, fragte sie leise.
    »Ja?«
    »Danke!«
    Er machte ein finsteres Gesicht. »Etwas weiter vorn habe ich einen Lichtschimmer gesehen. Vielleicht führt von dort ein Weg ins Freie.«
    Hylas kroch auf allen vieren voran. Die Wände waren glatt, die Luft roch abgestanden und moderig. Er spürte, dass sie sich allmählich vom Meer entfernten und immer tiefer ins unbekannte Herz der Insel vordrangen. Hinter sich hörte er Pirras schlurfende Sandalen und ihr leises Atmen. Er dachte unwillkürlich, wie viel besser es doch war, nicht mehr allein zu sein.
    Er fragte sie, wie sie das Erdbeben überlebt hatte, und sie erzählte ihm die schreckliche Geschichte von den Entschwundenen und dass sie über versteinerte Tote gekrochen war. Er fragte sich, wie es ihr gelungen war, ihren Verstand zusammenzuhalten. Vielleicht empfand sie als Tochter einer Hohepriesterin weniger Angst vor Geistern. Vielleicht war sie auch einfach besonders tapfer.
    Nach einer Weile verzweigte sich der Gang. Ein Weg sah dunkel und still aus, aus dem anderen drang leises Wasserrauschen und ein Lichtschimmer zu ihnen.
    »Dieser Weg gefällt mir irgendwie nicht«, erklärte Pirra.
    »Er ist heller, vielleicht kommen wir von dort schneller ins Freie.«
    »Ich weiß«, sagte sie. »Trotzdem habe ich ein komisches Gefühl.«
    Obwohl Hylas verstand, was sie meinte, war er der Meinung, dass sie keine andere Wahl hatten, und nach einem kurzen Streit schlugen sie doch den erleuchteten Weg ein.
    Das Schimmern verwandelte sich allmählich in ein wässeriges, blaugrünes Leuchten.
    Wellenförmige Rippen und Furchen durchzogen das Gestein, als hätte ein Unsterblicher das Meer in Stein verwandelt. Wasser rann in gurgelnden Bächen von den Wänden, Echos verschmolzen zu einem geheimnisvollen, kaum vernehmbaren Lied.
    Hylas überlief ein Schauer. Dieses Lied hörte er nicht zum ersten Mal, sondern hatte es bereits vernommen, als Filos ihn zu dieser Insel gebracht hatte. Laufende Hügel und singende Höhlen …
    Unversehens öffnete sich der Gang und das Lied schwoll mächtig an.
    Er hörte Pirra nach Luft schnappen.
    Vor ihnen lag eine breite Höhle mit einem seltsamen, strahlend blauen Teich. Die Decke bestand aus zerklüfteten Gesteinsfalten, die bleich glitzerten. Weiße Steinlanzen wuchsen aus dem Teich heraus, in dessen Mitte eine kleine Insel lag. Gewundene Säulen hielten darauf Wacht wie versteinerte Menschen. Über dem Inselchen fiel ein leuchtend blauer Lichtkeil durch einen kleinen Spalt in der Decke herein.
    Hylas schluckte. »Der Spalt dort oben könnte gerade groß genug für uns sein.«
    Pirra schwieg, aber er erriet ihre Gedanken auch so. Sie konnten nur schwimmend auf diese Insel gelangen und mussten darüber hinaus eine der unheimlichen Säulen erklimmen.
    »Das schaffen wir nicht«, wandte sie ein.
    »Ich glaube, uns

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