Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt
Cafeteria?«
»Nein, ich meine es ernst. Gibt es hier auch Leute, die sich lieben, oder gibt es nur die Paarung?«
Das Lächeln rund um Harleys Augen erlischt. »Die Paarungszeit war nicht unser bester Augenblick, aber nimm bitte zur Kenntnis, dass ich mich nicht so aufgeführt habe.«
»Und wieso nicht?«, frage ich frustriert. »Was geschieht auf diesem Schiff? Wieso haben es manche Leute mitten auf der Straße getrieben, während andere nicht betroffen waren?«
Harley spielt mit den Stiften aus dem Koffer meines Vaters herum, die neben dem Notizbuch auf dem Tisch liegen. »Vielleicht weißt du nicht so viel, wie du glaubst.«
»Dann klär mich auf!«
»Ich war einmal verliebt.«
Es ist dieses »einmal«, das mich stutzen lässt. Denn ich war auch einmal verliebt. Und wir sprechen beide in der Vergangenheitsform davon.
»Wahrscheinlich hatte ich deswegen nicht den Drang, mich zu paaren. Was sollte ich auch mit einer anderen Frau anfangen?« Sein Blick wandert zu dem Efeukranz, der rund um den Türrahmen gemalt ist. »Das habe ich für Kayleigh gemalt.«
Ich wage kaum zu atmen. Ich fürchte, dass irgendetwas – eine Bewegung, ein Laut – Harleys Geständnis beenden könnte.
»Es ist drei Jahre her. Ich war ein bisschen älter als Junior jetzt. Kayleigh und ich … wir hätten nicht verschiedener sein können, aber es hat trotzdem gepasst. Ich mag Kunst; sie mochte Maschinen und Technik. Immer wenn ich gemalt habe, hat sie an etwas herumgebastelt.«
»Was ist passiert?«, frage ich, als Harley verstummt.
»Sie ist gestorben.«
Seine Worte treffen mich wie ein Blitz.
»Sie war nicht geschaffen für die falsche Sonne. Kayleigh brauchte einen echten Himmel. Einen, von dem du uns erzählt hast. Sie fühlte sich von den Wänden des Schiffs eingesperrt. Wir wussten alle, dass wir eines Tages landen werden – wir sind die Generation, die das Schiff verlässt und eine neue Welt aufbaut.« Harley nimmt meinen Teddybären vom Schreibtisch und drückt ihn an sich, als könnte ihn das daran erinnern, wie Kayleigh sich angefühlt hat. »Aber so lange konnte sie nicht warten.«
Ich muss nicht nachfragen, um zu wissen, dass sie sich umgebracht hat. Und ich verstehe sie nur zu gut.
50
Junior
Ich hämmere härter an Amys Tür, als ich eigentlich wollte, aber mir gehen Orions Worte einfach nicht aus dem Kopf.
Harley öffnet die Tür.
»Wo ist Amy?« Ich dränge mich an ihm vorbei.
Sie sitzt auf dem Bett. Ich frage mich, worüber die beiden wohl geredet haben. Allein. In ihrem Zimmer. Auf dem Bett.
»Was willst du?«, fragt Amy. Vielleicht versucht sie, mich loszuwerden, damit sie wieder mit Harley allein sein kann.
Harley geht ins Badezimmer und kommt mit einem Glas Wasser zurück.
»Was ist mit dir?«, frage ich sie.
»Nichts.« Amy kippt das Wasser herunter.
Ich setze mich an den Tisch und Harley lässt sich neben ihr auf dem Bett nieder. Ich wünschte, ich hätte Harley den Stuhl überlassen. »Warum sollte jemand die eingefrorenen Leute umbringen wollen?«, frage ich. Harley und Amy scheint es zu wundern, dass ich so schnell zum Thema komme, aber ich musste mir von Orion schon zu viele geheimnisvolle Andeutungen anhören. »Zwei von ihnen sind schon tot. Tot . Ohne jeden Grund.«
»Was hat der Älteste dazu gesagt?«, will Harley wissen.
Ich lasse die Frage lange genug im Raum stehen, bis die beiden merken, dass etwas faul ist an der Sache. Ich will ihnen nicht ausweichen – ich weiß nur nicht, was ich sagen soll. Dass ich dem Ältesten nicht traue? Harley kennt ihn nur in seiner Rolle als netter Großvater; für ihn ist der Älteste ein weiser Anführer. Wie soll ich ihm klarmachen, dass ich den Ältesten für den Hauptverdächtigen halte?
»Ich denke, wir müssen zunächst herausfinden, warum die eingefrorenen Leute angegriffen werden«, sage ich schließlich. »Das ist der Schlüssel, darauf müssen wir uns konzentrieren. Und ich habe schon eine Idee.« Ich nehme den Floppy von Amys Schreibtisch, scanne mich ein und hole die Dra-Kom-Ortungskarte auf den Schirm. »Das hier ist der Kryo-Bereich«, sage ich und reiche Amy den Floppy. Dabei berühren sich unsere Finger, und ich kann die Wärme ihrer Berührung noch spüren, als sie die Hand längst zurückgezogen hat.
»Was ist das?«, fragt Amy und deutet auf den blauen Punkt.
»Tipp drauf.«
Als sie auf den Punkt tippt, erscheint ein Name auf dem Schirm. »›Ältester/Junior‹? Aber du bist hier.«
Ich nicke. »Es bedeutet, dass der
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