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Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Titel: Godspeed Bd. 2 - Die Suche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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Ewigkeit.
    Wieder oben angekommen, suche ich in der Menschenmenge, die sich im Archiv versammelt hat, nach Junior. Die Leute haben sich um ihn geschart, aber mir steht der Sinn nicht nach Höflichkeit – ich schiebe sie aus dem Weg, ignoriere ihre gereizten Ausrufe und ziehe Junior am Arm mit mir, bis wir so weit weg sind, dass uns niemand belauschen kann.
    »Ich bin nicht aufs Kryo-Deck gekommen«, sage ich und berichte ihm, was ich zwischen den Decks gesehen habe.
    Er nickt, als hätte er so etwas erwartet. Seine Augen starren ins Leere. Junior hat auf der Brücke alle Hoffnung verloren, aber in mir ist sie erst erloschen, als ich auch in ihm keine mehr sah.

61
    Junior
    Da das Krankenhaus nicht länger sicher ist, nutzen wir vorläufig das Archiv als Krankenstation. Doc, der während der Explosion in der Nähe des Fahrstuhls war, trägt den linken Arm in einer Schlinge und hat eine tiefe Schnittwunde auf der Wange. Trotzdem geht er von einem Patienten zum nächsten, gibt Pillen und Medipflaster aus oder legt Verbände an. Außerdem verteilt er unauffällig hellgrüne Pflaster. Ich tue so, als würde ich es nicht merken.
    Eigentlich hätte ich jetzt auch gern eins.
    Kit und die Krankenschwestern treffen mit den Technikern ein, die die Explosion der Brücke überlebt haben, und es folgt eine zweite Welle hektischer Betriebsamkeit – Verbände hier, Wundnähte dort und dazu noch ein grünes Pflaster für jeden.
    Es sind nicht allzu viele Verletzte. Zumindest nicht äußerlich Verletzte. Aber ich sehe die Verzweiflung in den Augen der Leute, denen bewusst geworden ist, dass die Explosionen nicht nur neun von uns das Leben gekostet, sondern auch jede Hoffnung auf eine Landung zunichtegemacht haben.
    Später am Nachmittag untersuchen Wartungstrupps die Schäden am Krankenhaus. Wie Amy bereits berichtet hat, ist der Fahrstuhl ins Kryo-Deck zerstört worden. Die Stahlseile sind gerissen, und die Kabine ist im Fahrstuhlschacht abgestürzt, aber weitere Schäden sind nicht entstanden.
    Nachdem sich alle ein wenig beruhigt haben, setze ich einen weiteren Allruf ab und bitte die Bewohner, sich im Garten hinter dem Krankenhaus einzufinden. Der Älteste hätte eine weitere Vollversammlung auf dem Regentendeck befohlen, aber mir ist klar, dass die Leute jetzt ihre vertraute Umgebung auf dem Versorgerdeck brauchen und ganz sicher nicht in der Nähe der zerstörten Brücke sein wollen. Die Statue des Seuchen-Ältesten ist der traditionelle Ort für den Wechsel von einem Ältesten zum nächsten, was mir für die Rede, die ich jetzt halten will, ganz passend erscheint.
    »He, warte!«, ruft Bartie, als ich das Archiv in Richtung Garten verlasse. Ich antworte ihm nicht, gehe aber langsamer.
    »Ist es wahr?«, fragt Bartie, nachdem er mich eingeholt hat. »Die Techniker im Archiv sagen, dass die Brücke weg ist.«
    »Ja«, knurre ich.
    »Wirst du es ihnen sagen?«, bohrt Bartie weiter. Er geht schneller, um mit mir Schritt zu halten. »Ich finde, du solltest allen von der Brücke erzählen. Und dass wir jetzt nicht mehr landen können.«
    »Meinst du wirklich, dass ich das tun sollte?« Ich gebe mir keine Mühe, meinen Sarkasmus zu verbergen. »Und dabei wollte ich mir gerade eine kleine Pause gönnen, ein Häppchen essen und – ja, warum nicht – mir dann vielleicht im Archiv einen netten Film ansehen.«
    Bartie hebt beschwichtigend die Hände, aber sein Gesichtsausdruck ist gereizt. »Du tust doch nie etwas, ohne dass es dir jemand aufgetragen hat«, murrt er. »Wie kann ich ahnen, dass es diesmal anders ist?«
    »Du bist ein solcher Heuchler«, fauche ich. »Du bist so damit beschäftigt, darauf zu lauern, dass ich etwas falsch mache, dass du gar nicht mitbekommen willst, wenn ich mal was richtig mache.«
    Bartie schnaubt, und ich höre die gesamte Verachtung und Geringschätzung heraus, die ich von ihm – und allen anderen – seit dem Tod des Ältesten erfahren habe. Und ich habe es satt, ständig von allen verurteilt zu werden.
    »Du willst Ältester sein?«, fahre ich ihn an. »Schön. Du kannst den Job haben. Dann weißt du, wie es ist, wenn man seine Freunde sterben sieht. Möchtest du wissen, was ich getan habe, während du den ganzen Tag gefaulenzt hast? Ich war auf der Brücke; ich stand in der Tür, als sie explodiert ist. Ich musste mit ansehen, wie Prestyn und Hailee und Brittne und die anderen in den Weltraum hinausgerissen wurden. Ich habe gesehen, wie Shelby sich an einen Stuhl geklammert hat, habe die

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