Godspeed | Die Ankunft
protestierend den Kopf. »Ich beschütze sie
nicht
!«, widerspricht er hitzig. »Außerdem weiß ich ebenso wenig wie du, was für Aliens es auf diesem Planeten gibt!« Erst jetzt scheint er zu begreifen, was ich über die Anlage gesagt habe. »Du weißt vom Kommunikationszentrum?«, fragt er. »Du warst dort?«
Ich denke nicht daran, es abzustreiten.
»Dann weißt du auch, dass wir nicht in der Lage sind, Kontakt zur Erde aufzunehmen.«
Amys Mutter schnappt nach Luft. »Aber du hast doch gesagt –«
»Wir
dachten
, wir hätten Kontakt«, antwortet Colonel Martin. »Aber die Botschaft, die ich gehört habe, war nur eine Aufzeichnung.«
»Und seitdem konnten Sie die Sol-Erde nicht erreichen.« Es ist eine Feststellung, keine Frage.
Colonel Martin nickt.
»Was wusste Emma?«, fragt Amy. »Wovor hatte sie Angst?«
Colonel Martin hebt beide Hände. »Ich weiß es nicht.« Er klingt niedergeschlagen. »Ich weiß auch nicht, wieso sie tot ist. Vielleicht hat sie etwas herausgefunden, das ich nicht weiß. Aber sie hat es mir nicht gesagt – und jetzt kann sie es niemandem mehr sagen.«
[zurück]
39 Amy
Als Dad geht, folgt Junior ihm. Ich weiß, dass Junior ihn nicht in Ruhe lassen wird, bis er die wirklich wichtigen Fragen gestellt hat – und diese Vorstellung gefällt mir ausgesprochen gut. Es wird Zeit, dass wir ein paar Antworten bekommen.
Mom dagegen scheinen die neuen Erkenntnisse nicht allzu glücklich zu machen. Vielleicht ist sie aber auch nur traurig, weil ihr schon wieder eine Autopsie bevorsteht und sie einen weiteren vertrauten Menschen aufschneiden muss.
Sie deckt Emmas Leiche mit einem Laken zu.
»Ich kann das nicht«, sagt sie. »Nicht jetzt. Jedes Mal, wenn ich sie ansehe, muss ich an dich denken.«
»An mich?«, frage ich verblüfft.
Sie nickt. »Als Junior dich zu uns gebracht hat, nachdem du durch diese purpurnen Blumen das Bewusstsein verloren hattest.« Ihre Augen glitzern verdächtig, und ich fürchte, dass sie gleich anfangen wird zu weinen. »Da dachte ich, wir würden dich verlieren. Und jetzt … wir hatten seit der Landung einen Todesfall pro Tag.« Sie schluckt. »Wir wussten, dass diese Welt gefährlich sein würde. Aber wir hatten keine Ahnung, dass sie es tatsächlich darauf anlegen würde, uns zu töten.«
Sie tritt vom Autopsietisch zurück, kommt auf mich zu und nimmt mich so fest in die Arme, dass ich es nur als verzweifelten Klammergriff beschreiben kann.
»Allmählich wünschte ich, wir wären nie hergekommen«, sagt sie.
Das schockiert mich so sehr, dass ich nicht weiß, was ich darauf erwidern soll.
»Aber du wolltest doch nie etwas anderes, als auf diese Mission zu gehen!«, rufe ich aus. »Du hast doch schon vor meiner Geburt an diesem Projekt gearbeitet!«
Mom grinst wider Willen. »Ich weiß. Aber das ist der Punkt: Es war vor deiner Geburt. Seit du da bist … wie konnte ich nur von dir verlangen, die Erde zu verlassen? Es war mein Traum, aber doch nie deiner.«
Jetzt weiß ich wirklich nicht mehr, was ich sagen soll. Ich frage mich, ob Mom weiß, dass Dad mir die Wahl gelassen hat, auf der Erde zu bleiben – und dafür sie zu verlassen.
Mom legt mir einen Arm um die Schultern. »Ich bin froh, dass du hier bist«, sagt sie leise, und ich merke, wie meine Augen zu brennen beginnen und mein Gesicht ganz rot wird. Deswegen lächle und nicke ich nur und vergrabe mein Gesicht an ihrer Schulter.
Und dann weiß ich, was ich sagen soll. Ich löse mich von ihr und sehe ihr in die Augen. »Ich bin auch froh, dass ich hier bin«, sage ich. Trotz der Angst, trotz der Toten – ich bin froh, hier zu sein. Mein Blick wandert zu dem weißen Laken, das Emmas Leiche verhüllt. Ich muss wieder daran denken, was sie gesagt hat – ihre letzten Worte. Und ich weiß, dass es die Wahrheit war.
[zurück]
40 Junior
Colonel Martin will nicht reden. Aber es ist mir egal. Als er das Shuttle verlässt, bleibe ich ihm dicht auf den Fersen.
Schließlich dreht er sich zu mir um. »Folge mir.« Was immer ich von ihm erwartet habe, das war es nicht.
Colonel Martin geht mit mir durch den Wald, und obwohl es hier keinen Weg gibt und wir uns von der Siedlung wegbewegen, bin ich überzeugt, dass er genau weiß, wohin er will.
Wir reden nicht beim Gehen – oder vielmehr beim Rennen. Äste peitschen uns im Vorbeilaufen, und Ranken bleiben an unseren Sachen hängen, aber keiner von uns verlangsamt sein Tempo. Als wir die Anlage erreichen, hält dort nur ein Soldat Wache: Chris.
Weitere Kostenlose Bücher