Godspeed | Die Ankunft
Kommunikation, aber es lässt vermuten, dass sie über unsere Landung Bescheid wissen. Und dass sie Hilfe schicken.«
Ich schnaube. »Wir können weitere dreihundert Jahre warten, bis die Hilfe hier ist.«
»Das wird nicht nötig sein, jedenfalls nicht, wenn es uns gelingt, das Signal so weit zu verstärken, dass wir eine Antwort von der Erde empfangen können.« Colonel Martin fährt erneut mit den Fingern über den Touchscreen. »Ich verstehe zwar nicht viel von der Technologie, die dafür benutzt wird, aber Chris hat es mir in groben Zügen erklärt, sodass ich jetzt zumindest halbwegs weiß, wie es funktioniert. Irgendwelche Module und Wurmlöcher und so was. Auf jeden Fall bedeutet es, dass die Flugzeit jetzt viel kürzer ist als damals, als die
Godspeed
gebaut wurde.«
»Wie viel kürzer?«, frage ich und wage kaum zu atmen. Vielleicht haben wir ja doch eine Chance.
»Eine Woche, vielleicht auch weniger. Sobald es uns gelingt, eine Antwort zu bekommen, rechne ich innerhalb von wenigen Tagen mit dem Eintreffen der Hilfstruppen auf der Raumstation – die zur Zeit unbemannt ist –, und von dort können sie dann auf den Planeten übersetzen.«
»Und dann beginnen wir mit der Evakuierung«, sagt Chris. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich seine Anwesenheit fast vergessen habe.
Colonel Martin pocht mit den Fingern auf den Rand der Kommunikationseinheit. Ich glaube, wenn der Raum nicht so klein gewesen wäre, würde er jetzt anfangen, auf und ab zu gehen. Einen Moment später sieht er Chris stirnrunzelnd an. »Nein«, sagt er. »Dann erklären wir ihnen den Krieg.«
»Was?«, platze ich heraus. Mein Blick huscht zu Chris – er ist genauso verblüfft wie ich.
»Welche Aliens auch immer die ersten Siedler auf diesem Planeten ausgelöscht haben, es sind, wie Junior es ausgedrückt hat, denkende und fühlende Wesen. Sie nehmen sich meine Leute einen nach dem anderen vor und greifen sie an. Das sind keine zufälligen Attacken – sie verteidigen nicht ihre Heimat oder versuchen, sich friedlich mit uns zu einigen. Sie
ermorden
meine Leute. Und deine, Junior.«
Ich muss an Lorin denken, an Kits leere tote Augen und das klaffende Loch in ihrer Brust, wo eigentlich ihr Herz sein sollte.
»Was immer meine Leute umbringt, ich werde es zuerst erwischen«, verkündet Colonel Martin kriegerisch. Er sieht Chris direkt in die Augen. »Ich werde die Menschheit rächen.« Seine Worte sind eine Drohung, zugleich aber auch ein Versprechen.
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41 Amy
Mom und ich arbeiten fast den ganzen Tag lang schweigend, so von Trauer überwältigt, dass kein Raum für Worte bleibt. Wenn ich bloß herausfinden könnte,
woher
das Phydus kommt, würden wir vielleicht auch wissen, wie es in die Blutbahn von Dr. Gupta, Lorin, Juliana Robertson … und Emma gelangt ist.
Die Abendbrotzeit ist längst vorbei, als jemand an die Tür des Genlabors klopft. Noch bevor ich aufstehen kann, tritt Junior ein.
Ein Blick auf sein Gesicht reicht aus. »Was ist los?«
Seine Augen huschen herum – von mir auf den Boden, zu meiner Mom und wieder zurück. »Ich … ich muss mit dir reden«, murmelt er.
»Jetzt?«, mischt sich Mom von der anderen Seite des Labors ein. »Amy, wir sind noch nicht mit unserer Arbeit fertig –«
»Das kann warten«, sage ich. Ich lasse das Teströhrchen, an dem ich gerade gearbeitet habe, aufs Tablett fallen und renne zu Junior. Meine Mom will erneut protestieren, aber die Tür, die hinter mir zuzischt, schneidet ihr das Wort ab.
»Was ist passiert?«, frage ich Junior eindringlich, aber er schüttelt nur den Kopf. Es sind noch zu viele Leute im Shuttle. Obwohl es schon so spät ist, stehen die Geologen – die ihr Labor im Kryo-Bereich eingerichtet haben – immer noch vor ihren Tabletts mit kleinen Erdhäufchen und debattieren über irgendwas.
Junior fängt erst auf dem Pfad zur Kolonie an zu sprechen. Seine Schritte werden langsamer, und als er mich ansieht, ist eine wilde Verzweiflung in seinem Blick.
»Amy …« Er fährt sich durch die Haare. »Amy, dieser Planet ist ganz und gar nicht, wie er sein soll.«
Ich trete näher an ihn heran und möchte so gern die Mutlosigkeit aus seinen Augen vertreiben. »Ich weiß«, antworte ich.
Sein Kopf fährt hoch. »Woher?«, fragt er sofort. »Was hast du in den Leichen gefunden?«
»Nein – erzähl du zuerst, was dich bedrückt.«
Junior schüttelt den Kopf. »Ich hätte dich nicht von deiner Arbeit wegholen sollen.«
»Das ist es nicht«, sage
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