Godspeed | Die Ankunft
ich und berühre seinen Arm, bis er mich wieder ansieht. »Es ist nur …« Ich lockere meine Schultern, die ganz verspannt sind. »Nichts von dem, was Mom und ich herausgefunden haben, ergibt Sinn.«
»Wie meinst du das?«
»Mom hat das Blut des Pteros analysiert. Sie glaubt, dass es eine Mischung aus DNA von der Sol-Erde, der Zentauri-Erde und manipulierten Genen ist.«
»Von der Sol-Erde?«, ruft Junior so laut, dass ein kleiner roter Vogel aus dem Gebüsch aufgeschreckt wird und zeternd davonfliegt.
»Es ist wie etwas aus
Jurassic Park
«, sage ich und warte auf Juniors verwirrtes Lächeln, das er immer aufsetzt, wenn ich etwas von der Erde erwähne, das er nicht kennt. Doch er ist zu gestresst, um es zu merken. Seine Kiefer sind verkrampft und sein Adamsapfel hüpft auf und ab.
Ich streiche ihm über den Arm, um ihn aus seinen düsteren Gedanken zu reißen. »Was hast du heute entdeckt?«
»Nicht hier«, sagt er. Er sieht sich noch einmal hektisch um, nimmt meine Hand und zieht mich so hastig hinter sich her, dass wir beinahe zur Kolonie rennen.
Doch als wir bei den Häusern ankommen, stoppt er abrupt. Ich folge seinem Blick. Dad steht in der Tür des ersten Hauses, hält sich schützend die Hand über die Augen und wartet darauf, dass Mom und ich zurückkommen. Mir schlägt das Herz bis zum Hals – ich will ihn jetzt nicht sehen, nicht seit ich weiß, dass er die Anlage vor uns geheim gehalten hat. Als Dads Blick in unsere Richtung wandert, zieht mich Junior schnell in den Schatten eines Gebäudes.
Junior legt einen Finger an seine Lippen. Wir warten, bis wir Dad wieder hineingehen hören.
Danke
, hauche ich lautlos. Natürlich ist mir klar, dass ich irgendwann zu Dad zurückmuss, aber dazu bin ich jetzt noch nicht bereit. Ich folge Junior die Stufen hinauf zu seinem Haus. Erst da wird mir bewusst, dass er es nicht für mich getan hat. Auch er legt keinen Wert auf den nächsten Streit mit meinem Dad.
»Was ist passiert, nachdem du das Shuttle verlassen hast?«, frage ich, und die Besorgnis verknotet mir den Magen.
Er antwortet erst, als wir in seinem Haus sind. »Dein Vater hat mir die Anlage gezeigt.«
»Wirklich?« Eine Woge der Erleichterung durchflutet mich. Wenn er offen und ehrlich ist, was die Anlage betrifft, wenn er aufhört, Geheimnisse zu haben …
Juniors Augen versprühen Blitze. »Oh, ja, er hat mir alles darüber erzählt. Und die Leute, die das alles gebaut haben« – Junior schwenkt in dem staubigen Steinhaus die Arme – »die sind alle tot. Die ganze erste Kolonie. Ausgelöscht von irgendwelchen Aliens.«
Ich schlucke. Aus irgendeinem Grund habe ich plötzlich Tränen in den Augen. Wir haben es zwar schon vermutet, aber es so schonungslos von Junior zu hören …
»Und dein Vater …« Junior spuckt die Worte aus, als würde ihn schon der bloße Gedanke an meinen Dad mit Abscheu erfüllen. »Er … er will Rache. Sein erster Impuls – das erste verdammte Ding, das ihm einfiel – war es, die Aliens umzubringen. Sie abzuschlachten.«
Mir schwirrt der Kopf, wenn ich nur an Aliens denke. Nicht nur Monster wie die Pteros, sondern etwas anderes, das denken und fühlen kann. Etwas, das uns beobachtet und merkwürdige Fußspuren hinterlässt. Etwas, das mit harten, kristallartigen Schuppen bedeckt ist wie der, die Junior gefunden hat.
Etwas, das uns umbringen will, nur weil wir hier sind.
»Das ist, als wäre der Älteste wieder da!«, wütet Junior. »Wenn dem etwas nicht gepasst hat, war auch sein erster Gedanke, es umzubringen! Orion hat zu viele Fragen gestellt? Lassen wir ihn von Doc beseitigen. Du tauchst auf und siehst anders aus als meine Leute? Dich wollte er aus der Luke werfen!«
»Dad ist nicht der Älteste«, verteidige ich ihn sofort.
»Verdammt, natürlich ist er das nicht! Man kann seine Probleme nicht einfach
umbringen
, aber er wird es garantiert
versuchen
!« Er wirbelt zu mir herum und ich spüre seine ganze Wut. »Er wird meine Leute an vorderster Front einsetzen und sie werden die ersten sein, die draufgehen. ›Sklaven oder Soldaten‹, genau wie Orion gesagt hat.«
Ich zucke zurück. »Das würde er
nie
tun«, beteuere ich und benutze die Worte wie einen Schild.
Juniors Gesicht ist wutverzerrt, und ich frage mich, wie lange er wohl schon vor sich hin kocht, unfähig, Dad damit zu konfrontieren, aber auch ohne die Möglichkeit, mit jemand anders darüber zu sprechen. Hätte er es seinen Leuten gesagt, wären sie in Panik geraten und hätten
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