Goebel, Joey
Geisteskranker. Bashford ist mehr Amerika als New York oder Kalifornien. Amerika ist genau hier in diesem Saal, und ich bin zuversichtlich, dass ich jeden einzelnen Menschen hier vertreten kann.«
Johns Nervosität war wie weggeblasen.
»Ich glaube an mein Land. Ich glaube an die Werte, die unsere Nation überhaupt erst groß gemacht haben. Ich glaube an eine Nation unter Gott. Ich glaube an traditionelle Moral. Ich glaube: Wenn ein führender Politiker sich nicht an die Gesetze der Moral hält, sollte man ihn für seine unmoralischen Taten zur Verantwortung ziehen. Ich glaube an unsere moralische Verpflichtung, kleineren Nationen, die unsere Hilfe brauchen, beim Wiederaufbau zu helfen. Ich glaube, dass unsere Steuergelder nicht denen zugutekommen dürfen, die die amerikanische Lebensart vernichten wollen. Ich glaube an die Institution Familie. Ich glaube an die Bibel. Ich glaube daran, dass die Ehe uns immer heilig sein sollte. Und zu guter Letzt möchte ich hiermit offiziell erklären, dass ich mich einmal in einen Mann verliebt habe… Er war groß, dunkelhaarig, sah gut aus, und er hieß Jesus Christus.«
Der letzte Satz bekam das bisher meiste Gelächter. Als John fortfuhr, merkte er, dass seine Worte das Publikum fesselten. Dieses eine Mal hatte er die völlige Kontrolle übernommen, er wurde zu einem Mann, auf den sein Sohn stolz sein konnte.
[188] Blue Gene hielt nach Mitchell und dessen Freund Ausschau, weil er neugierig war, wie sie auf Johns »schwule« Bemerkung reagierten. Sie flüsterten sich gegenseitig etwas ins Ohr und lächelten nicht. Dann verließ Mitchells Freund den Festsaal, und Blue Gene sandte ihm einen bösen Blick hinterher. Alle anderen schienen hundertprozentig hinter John zu stehen. Er ließ da oben die Sau raus. Vielleicht wäre das nachher eine prima Anmache bei den Mädels: »Hi, ich bin John Hurstbourne Mapothers Bruder.« Heute Abend waren auf jeden Fall etliche tolle Frauen da, aber alle an der Seite von irgendeinem gegelten Typ.
»Wenn ich im November gewählt werde«, fuhr John fort, »werde ich keine politischen Grundsätze durchsetzen; ich werde Werte durchsetzen. Ich werde mich für kein Programm starkmachen, das theoretisch Gerechtigkeit fördert, aber in der Praxis unmoralische Lebensweisen legitimieren würde. Sondern ich werde dafür sorgen, dass das Reich Gottes auf Erden, das neue Gelobte Land, hier bei uns in den Vereinigten Staaten von Amerika entsteht.
Doch ich werde nicht allein sein bei meiner Mission, Sie zu vertreten. Wie gesagt, Familie ist für mich ein zentraler Wert, und meine Familie wird mich auf diesem Weg tatkräftig unterstützen. An meiner Seite wird Abby Mapother sein, die starke, loyale Frau, die ich seit sechs Jahren meine Ehefrau nennen darf, und mein fünfjähriger Sohn Arthur. Steht bitte auf, ihr beiden.«
Abby hatte Mühe, Arthur zum Aufstehen zu bewegen. Sobald der Scheinwerfer sie anstrahlte, zog Abby Arthurs Hand von seinem zu engen Kragen weg.
»Sie sind der lebende Beweis, dass die amerikanische [189] Familie nicht tot ist, und für mich ist es ein Segen, sie bei mir zu haben. Außerdem wird mich meine Mutter unterstützen, Elizabeth Mapother, die Frau, die mir beigebracht hat, wie wichtig der Glaube ist.«
Elizabeth erhob sich von ihrem Tisch. Ihr Haar war mit einer rotweißblauen Schleife zu einem straffen Pferdeschwanz zusammengebunden und schimmerte im Scheinwerferlicht.
Als Blue Gene sah, dass John jedes einzelne Mitglied seiner Familie aufrief, wurde er unruhig, nicht weil er Angst davor hatte, dass alle ihn anstarrten, sondern davor, dass John ihn nicht erwähnen könnte. Er war zwar gut genug, um ihn sämtlichen Prolls zu präsentieren, aber würde sich sein Bruder vor Bashfords Elite öffentlich zu ihm bekennen?
»Das ist die Frau, die so religiös ist, dass sie Entfernungen in Rosenkränzen bemisst. Wenn man sie beispielsweise fragt, wie man zum Supermarkt kommt, antwortet sie: ›Oh, das sind fünfundsechzig Rosenkränze die Straße hoch und dann vierzehn Rosenkränze nach links.‹«
Mittlerweile trafen Johns Scherze jedes Mal ins Schwarze.
»Und ich weiß, dass die meisten von Ihnen meinen Vater kennen, den Mann, der mir klargemacht hat, dass ich der Öffentlichkeit gegenüber Verantwortung übernehmen muss, Henry Mapother.«
Alle drehten sich um und folgten dem Licht des Scheinwerfers in den hinteren Bereich des Saals.
»Als CEO von Westway International sorgte mein Vater dafür, dass die schon florierende Firma
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