Goebel, Joey
Kompliment annehmen? Sieh mal… wenn wir Freunde sein wollen, darfst du nicht ständig den knallharten Burschen spielen.«
»Wer hat denn gesagt, ich wollte dein Freund sein?«
»Weshalb warst du denn hier?«
»Ich bin dir zufällig begegnet, als ich meinem Bruder beim Wahlkampf geholfen habe.«
»Na schön. Ich will mit dir befreundet sein.«
»Tu mir bloß keinen Gefallen.«
»Ich weiß. Hast du ein Glück, stimmt’s?«
Obwohl Blue Gene wütend war, hoffte er dennoch auf mehr als nur Freundschaft. Sie waren ein ungleiches Paar, das wusste er, aber er konnte sich vorstellen, wie sie beide in einem dunklen Zimmer gemeinsam im Fernsehen Wrestling sahen. Er schloss die Haustür wieder. »Ich verrat dir was, ich will auch dein Freund sein. Aber Freunde wollen ihre [304] Freunde nicht umkrempeln. Sie akzeptieren sie so, wie sie sind.«
»Du hast recht. Es tut mir leid.«
»Ist schon okay, aber außerdem darfst du auch meine Familie nicht schlechtmachen. Und red nicht so von oben herab mit mir. Ich sag dir was, bei einigen Sachen, die du vorhin gesagt hast, kannst du von Glück reden, dass du ’ne Frau bist, sonst hätt ich dir den Arsch versohlt.«
Jackie verdrehte die Augen und ging wieder ins Wohnzimmer. Sie setzte sich auf das Sofa und verschränkte die Arme. Blue Gene kam an die Wohnzimmertür. »Was ist?«
»Du hättest mir den Arsch versohlt ?«
»Na klar, wenn du keine Frau wärst.«
»Genau. Sei ein Macho. Das haben sie dir doch eingeredet.«
»Ich lass mir nichts einreden.«
»Sie wissen genau, dass sie dich mit wirtschaftlichen Argumenten nicht auf ihre Seite bringen würden, deshalb appellieren sie an deinen männlichen Stolz. Du unterstützt den Krieg, weil es männlich ist und nur ein Weichei sich vor einem Kampf drücken würde, stimmt’s?« Blue Gene sah sie nur an. »Das ist ein Almosen für die geknechtete Klasse, weil sie zwar kein Geld, keine gute Arbeit oder keine Zukunft haben mag, aber im großartigsten Land der Welt leben, das sich nie vor einem Kampf drückt.«
»Jaja, du hast das alles verstanden, oder? Wir Knechte sind alle ein Haufen Trottel, und wenn wir so schlau wären wie du, wäre alles besser. Tja, und jetzt pass mal auf: Ohne diese dummen Machos, von denen du da sprichst, könntest du nicht so quatschen, wie du’s tust. Sie haben gekämpft, damit du frei sein und sagen kannst, was du willst.«
[305] »Verteilen sie so was wie Flugblätter, auf denen steht, was ihr zu diesen Themen sagen sollt, wenn ihr alle eure Pick-up-Trucks kauft? Ja, es ist wirklich sehr frei hier. Gut, geschenkt, das muss ich zugeben. Freiheit ist toll. Doch in den meisten Ländern herrscht Freiheit, unabhängig von ihrer militärischen Vorgeschichte, und einige waren in den letzten hundert Jahren in keinen Krieg verwickelt. Das ist nicht das einzige freie Land der Welt.«
»Nein, aber das freieste, deshalb ist es das beste.«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht, das weiß ich nicht. Ich war noch nie außerhalb Amerikas. Und die meisten Menschen, die das behaupten, haben Amerika nie verlassen.«
»Tja, ich schon. Ich war in so ziemlich jedem europäischen Land.« Das brachte sie zum Schweigen. »Ja, so isses, und keins der Länder reicht an Amerika heran. Ihre Toiletten sind für amerikanische Scheiße nicht gut genug.«
Jackie lachte. »Der Schlagzeuger meiner Band ist mit seiner alten Band durch Europa getourt und hat erzählt, in einem Schweizer Taxi lag vor der Rückbank ein Perserteppich auf dem Boden.«
»Das glaub ich gern. Da drüben sind die Taxis von Mercedes.«
»Siehst du, das ist Freiheit. Dass nicht nur ein Prozent der Bevölkerung den Wohlstand genießt. Ist dir eigentlich klar, dass ein Prozent der Amerikaner beinahe die Hälfte des gesamten Geldes besitzt? Das ist doch irre! Freiheit von Armut ist die beste Freiheit, und die hätten wir hier mühelos haben können. Doch statt dass unser Reichtum an Menschen geht, die ihn brauchen, fließt alles in die Militärausgaben.«
[306] »Die Militärausgaben sorgen für den Schutz unseres Landes.«
»Wir geben für unser Militär mehr aus als alle anderen Länder zusammengenommen. Stell dir mal vor, wenn mit diesem Geld den Menschen geholfen würde. Und sei es nur mit einem Bruchteil davon.«
»Na klar, wir hören einfach auf, Krieg zu führen, und lassen die Hitlers der Welt machen, was sie verdammt noch mal wollen. Wach endlich auf, Jackie.«
»Da ist er ja endlich. Bei solchen Gesprächen taucht er immer früher oder
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