Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
von ihnen Buddha-Natur — und keiner der beiden Kōans ist echt!
Achilles: So weit habe ich nie gedacht — aber Sie haben recht: Es ist wohl möglich. Ich meine aber, Sie sollten nicht so viele Fragen über die Buddha-Natur stellen. Der Zen-Meister Mumon hat seine Schüler immer vor der Gefahr zu vielen Fragens gewarnt.
Schildkröte: Gut! Keine Fragen mehr. Statt dessen juckt es mich in den Fingern, selber so einen Faden herzustellen. Es wäre amüsant, zu sehen, ob das, was dabei herauskommt, wohlgeformt ist oder nicht.
Achilles: Das könnte interessant werden. Hier ist ein Stück Faden. (Er gibt Herrn Schildkröte eins.)
Schildkröte: Sie sind sich klar darüber, daß ich nicht die blasseste Ahnung habe, was ich tun will. Wir werden einfach mit dem Ergebnis meiner ungeschickten Produktion vorlieb nehmen müssen, die keinen Regeln folgt und sich wahrscheinlich am Schluß als völlig unentschlüsselbar entpuppt. (Ergreift die Schleife mit seinen Füßen und bringt mit ein paar einfachen Bewegungen einen komplexen Faden hervor, den er wortlos Achilles überreicht. In diesem Augenblick beginnt Achilles zu strahlen.)
Achilles: Heiliger Bimbam! Ihre Methode muß ich selbst probieren. Einen solchen Faden hab' ich noch nie gesehen!
Schildkröte: Ich hoffe, er ist wohlgeformt.
Achilles: Ich sehe, er hat einen Knoten an einem Ende.
Schildkröte: Einen Augenblick mal. Kann ich ihn zurückhaben? Ich möchte noch etwas daran tun.
Achilles: Aber sicher! Bitte ...
(Gibt ihn Herrn Schildkröte, der einen anderen Knoten am selben Ende anbringt. Dann macht Herr Schildkröte einen scharfen Ruck, und plötzlich verschwinden beide Knoten!)
Achilles: Was ist passiert?
Schildkröte: Ich wollte diesen nichtigen Knoten loswerden.
Achilles: Aber anstatt ihn aufzulösen, machten Sie zwei, und dann verschwanden sie BEIDE ! Wohin?
Schildkröte: Nach Tumbolia natürlich. Das ist das Gesetz der doppelten Knotulation.
(Plötzlich erscheinen die beiden Knoten wieder von irgendwoher — das heißt aus Tumbolia.)
Achilles: Erstaunlich! Sie müssen in einer leicht zugänglichen Schicht von Tumbolia liegen, wenn sie so leicht hinein- und hinauspoppen können. Oder ist ganz Tumbolia gleichermaßen zugänglich?
Schildkröte: Das kann ich nicht sagen. Aber mir fällt eben ein: Wenn man den Faden verbrennen würde, wäre es ganz unwahrscheinlich, daß die Knoten zurückkämen. In solchen Fällen könnte man sie sich in einer tieferen Schicht von Tumbolia gefangen denken. Vielleicht gibt es viele Schichten von Tumbolia. Aber das bringt uns nicht weiter. Was ich gerne wüßte ist, wie mein Faden klingt, wenn man ihn in ein phonetisches System zurückverwandelt. (Und als er die Schnur zurückgibt, poppen die Knoten wieder in die Nichtigkeit.)
Achilles: Ich habe immer ein so schlechtes Gefühl, wenn ich das Zentral-Dogma verletze ... (Er nimmt seinen Stift und sein Code-Buch und notiert sorgfältig die vielen Symbol-Tripletts, die den kurvenreichen Windungen des Fadens vonHerrn Schildkröte entsprechen, und als er damit fertig ist, räuspert er sich.) — Ahem! Sind Sie bereit zu hören, was Sie erzeugt haben?
Schildkröte: Gerne, wenn Sie wollen.
Achilles: Gut. Es heißt wie folgt:
Ein gewisser Mönch pflegte den Großen Tortue (den einzigen, der je die Erleuchtung der Erleuchtung erreicht hatte) zu belästigen, indem er fragte, ob verschiedene Gegenstände Buddha-Natur hätten oder nicht. Bei solchen Fragen saß Tortue immer wortlos da. Der Mönch hatte bereits wegen einer Bohne, einem See und einer Mondnacht gefragt. Eines Tages brachte er Tortue ein Stück Faden und stellte dieselbe Frage. Als Antwort ergriff der Große Tortue die Schleife mit seinen Füßen, und ...
Schildkröte: Mit den Füßen? Wie eigenartig!
Achilles: Warum finden Sie das eigenartig?
Schildkröte: Nun ja ... warum eigentlich? Aber machen Sie bitte weiter!
Achilles: Gut!
... ergriff der Große Tortue die Schleife mit seinen Füßen, und mit ein paar einfachen Manipulationen stellte er einen komplexen Faden her, den er wortlos dem Mönch überreichte. In diesem Augenblick war der Mönch erleuchtet.
Schildkröte: Ich persönlich wäre lieber doppelt erleuchtet.
Achilles: Dann wird gesagt, wie man den Faden des Großen Tortue macht, indem man mit einem über die Füße gezogenen Faden beginnt. Ich übergehe diese langweiligen Einzelheiten. Das Ende lautet:
Von Stund' an belästigte der Mönch Tortue nicht mehr. Stattdessen stellte er Faden um Faden nach
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