Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
Philosoph am Hofe Friedrichs des Großen, Autor von L'homme machine („Der Mensch als Maschine“) und Materialist par excellence. Seither sind mehr als 200 Jahre vergangen, und die Schlacht zwischen denen, die sich mit Johann Michael Schmidt, und denen, die sich mit Julien Offroy de la Mettrie einig wissen, tobt immer noch. Ich hoffe in diesem Buch einen Eindruck von diesem Kampf vermitteln zu können.
„Gödel, Escher, Bach“
Der Aufbau dieses Buches ist ungewöhnlich: ein Kontrapunkt zwischen Dialogen und Kapiteln. Dieser Aufbau erlaubt mir, neue Begriffe zweimal vorzulegen: Fast jeder Begriff wird zuerst metaphorisch in einem Dialog präsentiert, der eine Anzahl von konkreten, anschaulichen Bildern liefert; diese bilden dann bei der Lektüre des darauffolgenden Kapitels einen intuitiven Hintergrund für eine ernsthaftere und abstraktere Darstellung desselben Begriffs. In vielen dieser Dialoge scheine ich, oberflächlich gesehen, von einer Idee zu sprechen, aber in Wirklichkeit spreche ich auf nur unvollkommen verhüllte Weise von einer andern Idee.
Ursprünglich waren die einzigen Charaktere in meinen Dialogen Achilles und Herr Schildkröte, die von Zeno von Elea über Lewis Carroll zu mir gelangten. Zeno, ein Erfinder von Paradoxien, lebte im fünften Jahrhundert v. Chr. Eine seiner Paradoxien war eine Allegorie mit Achilles und der Schildkröte als Protagonisten. Zenos Erfindung dieses glücklichen Paares wird in meinem ersten Dialog Dreistimmige Invention erzählt. Im Jahr 1895 ließ Lewis Carroll Achilles und die Schildkröte auftreten, um anhand von ihnen seine eigene neue Unendlichkeitsparadoxie zu illustrieren. Carrolls Paradoxie, die verdiente, weit besser bekannt zu sein, spielt in diesem Buch eine wichtige Rolle. Ursprünglich betitelt „Was die Schildkröte zu Achilles sagte“, ist es hier als Zweistimmige Invention abgedruckt.
Als ich mit der Niederschrift von Dialogen begann, verband ich sie irgendwie mit musikalischen Formen. Ich kann mich des Augenblicks, an dem das geschah, nicht entsinnen; ich erinnere mich nur, daß ich eines Tages über einen frühen Dialog „Fuge“ schrieb, und von da an ließ mich die Idee nicht mehr los. Schließlich entschloß ich mich, jeden Dialog in der einen oder andern Weise einem Musikstück von Bach nachzubilden. Das war gar nicht so abwegig. Der alte Bach selbst pflegte seine Schüler daran zu erinnern, daß die verschiedenen Stimmen ihrer Kompositionen sich verhalten sollten „wie Leute, die miteinander in erlauchter Gesellschaft redeten“. Ich habe wohl diesen Wink eher wörtlicher genommen als Bach es beabsichtigte; dennoch hoffe ich, daß das Ergebnis dem Sinne entspricht. Ich war besonders angeregt durch Aspekte von Bachs Kompositionen, die mich immer von neuem frappierten und die David und Mendel in The Bach Reader so gut beschreiben:
Die von ihm [Bach] angewandte Form beruhte auf Beziehungen zwischen verschiedenen Teilen. Diese erstrecken sich von der vollständigen Identität von Passagen auf der einen Seite bis zur Rückkehr zu einem einzigen Ausarbeitungsprinzip oder bloßer thematischer Anspielungen auf der anderen. Die so entstandenen Muster waren oft symmetrisch, aber keineswegs Immer. Mitunter bilden die Beziehungen zwischen den verschiedenen Themen ein Labyrinth miteinander verflochtener Fäden, das nur durch detaillierte Analyse entwirrt werden kann. Meistens jedoch gestatten die wenigen dominierenden Merkmale eine Orientierung auf den ersten Blick, und wenn man auch im Laufe der Untersuchung unendliche Feinheiten entdecken kann, ist es immer möglich, das vereinheitlichende Prinzip zu erkennen, das jede einzelne Komposition Bachs zusammenhält. 7
Ich habe versucht, ein Endloses Geflochtenes Band aus diesen drei Strängen: Gödel, Escher, Bach zu flechten. Ursprünglich beabsichtigte ich, einen Essay zu schreiben, in dessen Zentrum Gödels Satz stehen sollte. Ich stellte mir nicht mehr als eine Broschüre vor. Aber meine Gedanken dehnten sich nach allen Seiten aus und erreichten bald Bach und Escher. Ich brauchte einige Zeit, bis ich daran dachte, diesen Zusammenhang explizit darzustellen, anstatt ihn einfach als privaten Antrieb aufzufassen. Schließlich aber merkte ich, daß Gödel und Escher und Bach nur Schatten waren, die eine zentrale feste Essenz in verschiedene Richtungen warf. Ich versuchte, diesen zentralen Kern zu rekonstruieren, und so entstand dieses Buch.
Dreistimmige Invention
Achilles (ein griechischer Held, der
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