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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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hinauswollen, Herr S. Sie sollten wissen, daß ich nicht mehr so leichtgläubig bin wie damals, als wir Euklids Beweis diskutierten.
    Schildkröte: Wer hätte Sie jemals für leichtgläubig gehalten? Ganz im Gegenteil: ich betrachte Sie als einen Experten für Formen logischen Denkens, eine Autorität der Wissenschaft der gültigen Ableitungen — einen Quell des Wissens um richtige Methoden folgerichtigen Denkens ... Sie sind, um die Wahrheit zu sagen, inmeinen Augen ein wahrer Titan in der Kunst der rationalen Cogitatio. Und nur aus diesem Grunde möchte ich Sie fragen: „Bieten die vorausgehenden Aussagen genügend Evidenz, daß ich, ohne mir weiter den Kopf zu zerbrechen, schließen kann, daß heute Ihr Geburtstag ist?“
    Achilles: Sie erdrücken mich mit Ihrer Schmeichelei, Herr S. — ENTZÜCKEN , meine ich. Was mir aber auffällt, ist die ständige Wiederholung Ihrer Fragestellung — und nach meiner Einschätzung hätten Sie so gut wie ich jedesmal „Ja“ antworten können.
    Schildkröte: Natürlich hätte ich das tun können, Achilles. Aber, sehen Sie, das hätte bedeutet, eine Wilde Vermutung zu äußern — und Schildkröten verabscheuen Wilde Vermutungen. Schildkröten formulieren nur Begründete Vermutungen. Ach ja — die Macht der Begründeten Vermutungen. Sie können sich nicht vorstellen, wieviel Menschen es versäumen, bei ihren Vermutungen alle Relevanten Faktoren zu berücksichtigen.
    Achilles: Mir scheint, daß es in diesem ganzen Geschwätz nur EINEN relevanten Faktor gibt, und das war meine erste Feststellung.
    Schildkröte: Gewiß — da ist zunächst EINER der in Betracht zu ziehenden Faktoren, würde ich sagen — aber wollen Sie, daß ich die Logik mißachte, jene von den Alten verehrte Wissenschaft? Logik ist immer ein Relevanter Faktor, wenn man Begründete Vermutungen aufstellt, und da ich einen berühmten Experten in Sachen Logik bei mir habe, kam es mir nur logisch vor, aus dieser Tatsache Nutzen zu ziehen und meine Ahnungen zu bestätigen, indem ich ihn direkt frage, ob meine Intuitionen richtig sind. Lassen Sie mich also damit endlich herausrücken und Sie direkt fragen: „Gestatten mir die vorhergehenden Sätze, ohne jeden Zweifel zu schließen, daß heute Ihr Geburtstag ist?“
    Achilles: Also zum letzten Mal: J A . Aber offen gesagt, ich habe den deutlichen Eindruck, daß sie diese Antwort — wie auch alle vorhergehenden — sich selbst hätten geben können.
    Schildkröte: Wie weh mir Ihre Worte tun! Ich wollte, ich wäre so weise, wie Ihre Unterstellung es andeutet. Aber ich, Theo, bin nur ein nichtswürdiger Sterblicher, ganz und gar unwissend und nur von der Sehnsucht erfüllt, alle Relevanten Faktoren einzubeziehen, und deshalb mußte ich die Antwort auf alle diese Fragen wissen.
    Achilles: Gut, klären wir die Sache ein für allemal. Die Antwort auf alle vorhergehenden und auf alle nachfolgenden Fragen, die Sie mir noch stellen werden, ist einfach: J A .
    Schildkröte: Wunderbar! Mit einem einzigen Streich haben Sie das ganze Durcheinander in der für Sie charakteristischen einfallsreichen Weise umgangen. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich diesen geistreichen Kunstgriff ein A NTWORTSCHEMA nenne. Es rollt die Ja-Antworten Nr. 1, 2, 3 usw. in einem einzigen Ball zusammen. Und da es am Ende der Linie steht, verdient es den Titel „Antwortschema Omega“, da „ω“ der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets ist — als ob ich I HNEN das sagen müßte!
    Achilles: Es ist mir gleich, wie Sie es nennen. Ich bin einfach sehr erleichtert, daß Sie mir endlich zustimmen, daß mein Geburtstag ist, und wir zu einem anderenThema übergehen können — z. B. zu dem, was Sie mir schenken wollen.
    Schildkröte: Halt, nicht so schnell. Ich WERDE zugeben, daß Ihr Geburtstag ist, unter einer Bedingung.
    Achilles: Welcher? Daß ich nicht um ein Geschenk bitte?
    Schildkröte: Keineswegs. Ich freue mich sogar darauf, Ihnen ein gutes Geburtstagsmenü zu spendieren, unter der einzigen Voraussetzung, daß ich davon überzeugt bin, daß die Kenntnis all dieser Ja-Antworten (wie sie Antwortschema ω liefert) mich direkt und ohne weitere Umschweife zu dem Schluß führt, daß heute Ihr Geburtstag ist. Das ist der Fall, nicht wahr?
    Achilles: Ja, natürlich.
    Schildkröte: Gut. Und jetzt habe ich die Ja-Antwort ω + 1. Mit ihr gewappnet, kann ich dazu übergehen, die Hypothese zu akzeptieren, daß heute Ihr Geburtstag ist, wenn dieses Vorgehen gültig ist. Wären Sie so

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