Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
die Ballungen sind, die man ins Auge faßt, und wie stark der verwendete Decoder ist. Auf der untersten Ebene enthält jeder DNS-Strang die Codierung für einen äquivalenten RNS-Strang — der Entschlüsselungsprozeß ist die Transkription. Wenn man die DNS in Dreiergruppen ballt, dann kann man sie vermittels einer „genetischen Entschlüsselung“ als eine Folge von Aminosäuren lesen. Das ist eine Translation (zusätzlich zur Transkription). Auf der nächsten natürlichen Ebene der Hierarchie läßt sich die DNS als Code für ein Gruppe von Proteinen lesen. Das physische Herausholen von Proteinen aus den Genen nennt man Gen-Expression. Zur Zeit ist das die höchste Ebene, auf der wir die DNS verstehen können.
Indessen gibt es mit Sicherheit höhere Bedeutungsebenen der DNS, die schwieriger zu erkennen sind. Zum Beispiel kann man zuversichtlich annehmen, daß die DNS, sagen wir eines Menschen, solche Eigenschaften wie Nasenform, musikalisches Talent, Reflexgeschwindigkeit usw. codiert. Könnte man im Prinzip lernen, solche Informationsbrocken direkt vom DNS-Strang abzulesen, ohne durch den physischen Prozeßder Epigenese hindurchzugehen - das physische Herausholen des Phänotyps aus dem Genotyp? Vermutlich ja, da man - theoretisch - ein unglaublich leistungsfähiges Computerprogramm haben könnte, das den ganzen Vorgang simuliert, einschließlich jeder Zelle, jedes Proteins, jedes noch so winzigen Faktors, der an der Replikation von DNS oder von Zellen beteiligt ist - bis zum bitteren Ende. Der Output eines solchen Pseudo Epigenese-Programms wäre eine Beschreibung des Phänotyps auf hoher Stufe.
Es gibt noch eine andere, wenn auch äußerst vage Möglichkeit, nämlich die, daß wir lernen könnten, den Phänotyp vom Genotyp abzulesen, ohne eine isomorphe Simulierung des materiellen Vorgangs des materiellen Epigenese-Vorgangs, sondern indem man einen einfachen Entschlüsselungsmechanismus findet. Man könnte ihn die „abgekürzte Pseudo-Epigenese“ nennen. Abkürzung oder nicht - Pseudo-Epigenese ist gegenwärtig natürlich außer Reichweite. Ausnahme: bei der Spezies Felis Catus haben tiefschürfende Untersuchungen gezeigt, daß es tatsächlich möglich ist, den Phänotyp direkt vom Genotyp abzulesen. Der Leser wird diese bemerkenswerte Tatsache vielleicht besser würdigen können, wenn er das folgende typische Stück der DNS von Fells catus anschaut:
... CATCATCATCATCATCATCATCATCATCATCAT ...
Nachstehend eine Zusammenfassung der Ebenen, auf denen DNS gelesen werden kann, zusammen mit den Bezeichnungen der verschiedenen Entschlüsselungsstufen. DNS läßt sich lesen als eine Folge von
1)
Basen (Nukleotide)
Transkription
2)
Aminosäuren
Translation
3)
Proteine (Primärstrukturen)
Gen-Expression
4)
Proteine (Tertiärstrukturen)
5)
Proteinklumpen
höhere Stufen der Gen-Expression
6)
???
..
..
unbekannte Ebenen der Bedeutung von DNS
..
(N-1)
???
(N)
körperliche, geistige und psychologische Züge
Pseudo-Epigenese
Abbildung des Zentraldogmas
Mit diesem Hintergrundwissen können wir nun einen ausführlichen Vergleich anstellen zwischen F. Cricks „Zentraldogma der Molekularbiologie“ (.DOGMA I), auf dem alle Zellprozesse basieren, und dem, was ich mit dichterischer Freiheit als „Zentraldogma der mathematischen Logik“ (.DOGMA II) bezeichne, auf welchem Gödels Satz beruht. Die Abbildung des einen auf das andere ist in Abb. 99 dargestellt sowie in der folgenden Tabelle, die zusammen die Abbildung des Zentraldogmas bilden.
.DOGMA I
.DOGMA II
(Molekularbiologie)
(mathematische Logik)
DNS-Stränge
TNT-Ketten
mRNS-Stränge
Aussagen von N
Proteine
Aussagen von Meta-TNT
Proteine, die auf Proteine einwirken
Aussagen über Aussagen von Meta-TNT
Proteine, die auf Proteine einwirken, die auf Proteine einwirken
Aussagen über Aussagen über Aussagen von Meta-TNT
Transkription
Interpretation
(DNSRNS)
(TNTN)
Translation
Arithmetisierung
(RNS Proteine)
(N Meta-TNT)
Crick
Gödel
Genetischer Code
Gödel-Code
(willkürliche Konvention)
(willkürliche Konvention)
Codon
Codon
(Triplett von Basen)
(Triplett von Ziffern)
Aminosäure
zitiertes TNT-Symbol, verwendet in Meta-TNT
Selbstreproduktion
Selbstreferenz
hinlänglich starkes zellulares Stützsystem um Selbst-Rep zu ermöglichen
hinlänglich starkes arithmetisches formales System um Selbst-Ref zu ermöglichen
Abbildung des Zentraldogmas.
Abb. 99 . Die Abbildung des Zentraldogmas. Zwischen zwei fundamentalen
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