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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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den Autor des Autors des Ergebnisses — und das Programm einfach als Autor.
    Während im besonderen Fall von Gelernter und seiner Geometrie-Maschine Gelernter vermutlich den Beweis von Pappus nicht wiederentdeckt hätte, waren doch die Mechanismen, die den Beweis erzeugten, der Oberfläche des Programms hinreichend nahe, so daß man zögert, das Programm als selbständigen Geometer anzusprechen. Hätte es die Menschheit immer weiter mit geistreichen Beweisen in Staunen gehalten,von denen jeder auf einem neuen Geistesblitz beruhte und nicht auf einer Standardmethode, dann würde man das Programm ohne weitere Bedenken als Geometer bezeichnen. Das aber ist nicht geschehen.
Wer komponiert Computer-Musik?
    In aller Schärfe stellt sich die Frage nach dem Unterschied zwischen Autor und Meta-Autor im Falle der von Computern komponierten Musik. Es gibt verschiedene Autonomie-Ebenen, über die ein Programm beim Akt des Komponierens anscheinend verfügt. Eine solche Ebene wird durch ein Stück illustriert, dessen „Meta-Autor“ Max Mathews von den Bell Laboratories war. Er gab die Partitur von zwei Märschen ein — „When Johnny Comes Marching Home“ und „British Grenadiers“ — und instruierte den Computer, eine neue Partitur herzustellen, die mit „Johnny“ beginnt, aber allmählich in die „Grenadiers“ übergeht. In der Mitte des Stücks ist „Johnny“ vollkommen verschwunden, und man hört nur noch „Grenadiers“ allein ... Dann wird der Prozeß umgekehrt, und das Stück endet, wie es begann, mit „Johnny“. Mathews selber sagt, es sei
    ... ein widerwärtiges musikalisches Erlebnis, aber kein uninteressantes, besonders was die rhythmischen Veränderungen betrifft. „The Grenadiers“ ist im 2/4-Takt in F-dur geschrieben, Johnny“ im 6/8-Takt in e-moll. Der Übergang vom 2/4- zum 6/8-Takt ist klar zu erkennen, wäre aber für einen Menschen sehr schwierig zu spielen. Die Modulation von F-dur zu e-moll, die eine Veränderung von zwei Noten mit sich bringt, ist mißtönend, und ein kleinerer Übergang wäre ohne Zweifel eine bessere Wahl gewesen. 12
    Das so entstandene Musikstück hört sich drollig an, stellenweise aber auch überladen und verworren.
    Komponiert der Computer? Am besten stellt man diese Frage gar nicht, aber völlig ignorieren kann man sie auch nicht. Eine Antwort zu geben, ist schwer. Die Algorithmen sind eindeutig, einfach und verständlich. Es bedarf keiner komplizierten und schwerverständlichen Berechnungen, keine „lernenden“ Programme werden verwendet, keine zufälligen Prozesse finden statt; die Maschine funktioniert vollständig mechanisch und geradlinig. Jedoch sind Tonfolgen das Ergebnis, die in ihren Feinheiten vom Komponisten nicht geplant waren, obgleich die Gesamtstruktur der Sektion vollständig und genau spezifiziert ist. So ist der Komponist über die Einzelheiten der Verwirklichung seiner Ideen oft überrascht, und zwar angenehm überrascht. Nur soweit komponiert der Computer. Man nennt diesen Vorgang „algorithmische Komposition“, aber wir wollen sofort noch einmal betonen, daß die Algorithmen durchsichtig sind. 13
    Das ist Mathews Antwort auf eine Frage, die er lieber nicht gestellt hätte. Trotz seiner Vorbehalte jedoch finden manche es leichter, einfach zu sagen, daß das Stück von „einem Computer verfaßt“ wurde. Ich bin der Meinung, daß dieser Ausdruck die Lage völlig verkennt. Das Programm enthält keine den „Symbolen“ des Gehirns analogeStrukturen und kann auf keine Weise an das „denken“, was es tut. Die Komposition eines solchen Musikstücks dem Computer zuzuschreiben, wäre wie wenn man die Autorschaft dieses Buches dem automatisch (und oft unrichtig) silbentrennenden Satzcomputer, auf dem es gesetzt wurde, zuschriebe.
    Das bringt uns zu einer Frage, die vom Thema AI etwas, aber doch nicht sehr abschweift. Sie lautet: Wenn man in einem Text das Wort „ich“ oder „mich“ sieht, worauf, glauben Sie, bezieht es sich? Man denke z. B. an die Worte „W ASCH MICH “, die gelegentlich auf der Hinterseite schmutziger Lastwagen zu sehen sind. Wer ist dieses „mich“? Ist das der Schrei eines verlorenen Kindes, das, nach einem Bad lechzend, die Worte auf die nächstbeste Oberfläche kritzelt? Oder wünscht der Laster gesäubert zu werden? Oder will der Satz selber geduscht werden? Oder will die schmutzige deutsche Sprache gereinigt werden? Man könnte dieses Spiel unendlich weiterspielen. In unserem Fall handelt es sich um einen Scherz,

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