Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
das ist ein starker Grund, einen zweiten Neustrukturierungsprozeß für die Schablone vorzunehmen. Man beachte, daß die erste vom Begriffsnetz vorgeschlagen wurde, die zweite von Ede. Unsere Schablone für Problem 49 wird nun:
große geschlossene Kurve: ________
drei kleine o's innerhalb: ________
drei kleine o's außerhalb: ________
Da nunmehr „drei“ eine Allgemeinheitsstufe hinaufgerückt ist, nämlich in die Schablone, lohnt es sich, die Nachbarn im Begriffsnetz zu untersuchen. Einer davon ist „Dreieck“, was nahelegt, daß im Dreieck angeordnete o's wichtig sein könnten. Das führt uns freilich in eine Sackgasse — wie aber kann man das im voraus wissen? Es ist eine typische Sackgasse, wie sie ein menschliches Wesen erforschen würde, also ist es gut, wenn auch unser Programm sie findet. Für das Kästchen II-E könnte eine Beschreibung wie die folgende angefertigt werden:
große geschlossene Kurve: Kreis
drei kleine o's innerhalb: gleichseitiges Dreieck
drei kleine o's außerhalb: gleichseitiges Dreieck
Natürlich ist eine riesige Menge von Information betreffend Größe, Position und Orientierung der Dreiecke und vieles anderes weggeworfen worden. Das aber ist gerade der springende Punkt, wenn man Beschreibungen macht, anstatt einfach die Rohdaten zu verwenden. Es ist derselbe Gedanke wie beim „Trichtern“, den wir in Kapitel XI besprochen haben.
Abb. 123 . Ein kleiner Ausschnitt eines Begriffsnetzwerks für ein Programm zur Lösung von Bongard-Problemen. „Knoten“ sind durch „Bindungen“ miteinander verbunden, die ihrerseits miteinander verbunden werden können. Betrachtet man eine Strecke als ein Verbum und die Knoten, die sie verbindet, als Subjekte und Objekte, kann man einige deutsche Sätze aus dem Diagramm herausziehen.
Das Begriffs-Netzwerk
Wir brauchen nicht die ganze Lösung von Problem 49 durchzugehen; was wir hier beschrieben haben, genügt, um die ständige Hin-und-Her-Aktion der einzelnen Beschreibungen, Schablonen, des Gleichheitsentdeckers Ede und des Begriffsnetzwerks zu zeigen. Wir müssen nunmehr das Begriffsnetzwerk und seine Funktionen etwas näher betrachten. Ein in der Zeichnung gezeigter vereinfachter Teil codiert die folgenden Vorstellungen:
„Hoch“ und „niedrig“ sind entgegengesetzt.
„Hinauf“ und „hinunter“ sind entgegengesetzt.
„Hoch“ und „hinauf“ sind ähnlich.
„Niedrig“ und „hinunter“ sind ähnlich.
„Rechts“ und „links“ sind entgegengesetzt.
Die Unterscheidung „rechts—links“ ist ähnlich der Unterscheidung „hoch—tief“.
„Entgegengesetzt“ und „ähnlich“ sind entgegengesetzt.
Man beachte, daß über alles in diesem Netz — sowohl Knoten wie Verbindungen — gesprochen werden kann. In diesem Sinn steht nichts auf einer höheren Stufe als der Rest. Wir zeigen noch einen anderen Teil des Netzes; er codiert die folgenden Vorstellungen:
Ein Quadrat ist ein Polygon.
Ein Dreieck ist ein Polygon.
Ein Polygon ist eine geschlossene Kurve.
Der Unterschied zwischen einem Dreieck und einem Quadrat besteht darin, daß das eine 3 Seiten und das andere 4 besitzt.
4 ist 3 ähnlich.
Ein Kreis ist eine geschlossene Kurve.
Eine geschlossene Kurve hat ein „innerhalb“ und ein „außerhalb“.
„Innerhalb“ und „außerhalb“ sind Gegensätze.
Abb. 124 . BP 33.
Das Begriffs-Netzwerk ist notwendigerweise von gewaltiger Größe. Es speichert das Wissen anscheinend nur statisch oder deklarativ, aber das ist nur die eine Hälfte der Geschichte. Tatsächlich hat dieses Wissen auch prozedurale Aspekte, kraft der Tatsache sacke, daß einander benachbarte Punkte als Führer oder als „Programmierer“ in diesem Programm dienen, die dem Hauptprogramm sagen, wie es sein Verständnis der Zeichnungen in den Kästchen entwickeln kann.
Zum Beispiel kann ein erster Einfall sich als falsch erweisen und dennoch den Keim einer richtigen Antwort in sich tragen. In BP 33 (Abb. 124) könnte man zunächst einmal auf die Idee verfallen, daß Kästchen der Klasse I „spitze“ Formen enthalten, Klasse II jedoch „glatte“. Bei näherer Prüfung erweist sich das als falsch. Immerhin liegt hier eine lohnende Einsicht vor, und man kann versuchen, sie weiterzuverfolgen, indem man im Begriffsnetz ausgeht von „spitz“. Es steht dem Begriff „spitzwinklig“ nahe, und genau das ist das Unterscheidungsmerkmal der Klasse I. So ist eine der Hauptfunktionen des Begriffsnetzes, anfänglich falsche Vorstellungen leicht
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