Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
charakteristischen Eigenschaften“ entnommen. Einige Ausdrücke dieses Vokabulars sind:
Gerade, Kurve, waagrecht, senkrecht, schwarz, weiß, groß, klein, spitz, rund, ...
In einer zweiten Phase der Vorverarbeitung macht man von einer gewissen Kenntnis elementarer Formen Gebrauch, und wenn man solche findet, werden auch ihre Namen verfügbar gemacht. Ausdrücke wie
Dreieck, Kreis, Quadrat, Einkerbung, Ausstülpung, rechter Winkel, Scheitelpunkt, Spitze, Pfeil, ...
können gewählt werden. Das ist grob gesagt auch der Punkt, an dem im Menschen das Bewußtsein und das Unbewußte sich treffen. Unsere Diskussion befaßt sich vor allem mit der Beschreibung dessen, was von nun an geschieht.
Beschreibungen hoher Stufe
Nachdem nun das Bild bis zu einem gewissen Grad in geläufigen Vorstellungen „verstanden“ wird, wird sich etwas umgeschaut. Tentative Beschreibungen von einem oder mehreren der zwölf Kästchen werden angefertigt. In der Regel werden dazu einfache Deskriptoren verwendet wie
über, unter, rechts von, links von, innen, außen, nahe bei, weit weg von, parallel zu, senkrecht zu, in einer Reihe, verstreut, mit regelmäßigen Abständen, mit unregelmäßigen Abständen usw.
Auch können definite und indefinite numerische Deskriptoren verwendet werden:
1, 2, 3, 4, 5, ..., viel, wenige usw.
Komplizierte Deskriptoren lassen sich aufbauen, wie etwa:
weiter rechts von, weniger nahe bei, beinahe parallel zu usw.
So könnte ein typisches Kästchen — sagen wir I-F von BP 47 ( Abb. 120 ) auf verschiedene Weise beschrieben werden; nämlich als
drei Formen
oder drei weiße Formen
oder ein Kreis rechts außen
oder zwei Dreiecke und ein Kreis
oder zwei nach oben weisende Dreiecke
oder eine große Form und zwei kleine Formen
oder eine von Kurven begrenzte Form und zwei gerade Formen
oder die gleiche Art Form innerhalb und außerhalb eines Kreises.
Jede dieser Beschreibungen sieht das Kästchen durch einen „Filter“. Ohne Kontext könnte jede von ihnen eine nützliche Beschreibung sein. Wie sich jedoch zeigt, sind alle im Kontext ihres jeweiligen Bongard-Problems „falsch“. In anderen Worten: Wenn jemand den Unterschied zwischen den Klassen I und II in BP 47 kennt und ihm eine der obigen Zeilen vorgelegt wird als Beschreibung eines Bildes, das er nicht sieht, würde diese Information ihm nicht sagen, zu welcher Klasse die Zeichnung gehört. Die bestimmende Eigenschaft dieses Kästchens in seinem Kontext ist, daß es
ein einem Kreis eingeschriebenes Dreieck
Abb. 120 . BP 47
enthält. Man beachte, daß jemand beim Hören einer solchen Beschreibung zwar nicht imstande wäre, die Originalzeichnung zu rekonstruieren, wohl aber Zeichnungen erkennen würde, die diese Eigenschaft aufweisen. Es verhält sich ähnlich wie beim Stil in der Musik: Es kann jemand ein Werk von Mozart unfehlbar erkennen und doch zugleich unfähig sein, etwas zu komponieren, von dem man glauben könnte, es sei von Mozart.
Betrachten wir nun Kästchen I-D in BP 91 (Abb. 121). Eine überladene, aber „richtige“ Beschreibung im Kontext von BP 91 ist
ein Kreis mit drei rechteckigen Einbuchtungen.
Man beachte die Differenziertheit einer solchen Beschreibung, in der das Wort „mit“ als Einschränkung fungiert und andeutet, daß der „Kreis“ in Wirklichkeit gar keiner ist: es ist beinahe ein Kreis, ausgenommen daß ...
Abb. 121 . BP 91.
Ferner sind die Einbuchtungen nicht vollständige Rechtecke. Sowie wir die Sprache zur Beschreibung von Dingen gebrauchen, haben wir viel „Spielraum“. Offensichtlich wurde viel Information weggeworfen und noch mehr könnte weggeworfen werden. Es ist sehr schwierig, von vornherein zu wissen, was klugerweise weggeworfen werden kann und was beibehalten werden soll. So muß eben eine Methode für das Auffinden eines intelligenten Kompromisses codiert werden, und das auf heuristische Weise. Natürlich bleibt immer der Rückgriff auf niedrigere Beschreibungsstufen (d. h. weniger geballte Beschreibungen), wenn ausgeschiedene Information wiedergewonnen werden muß, genau wie man selbst Immer wieder das Rätsel betrachten kann, um damit seine Ideen darüber neu zu strukturieren. Der Trick besteht also darin, explizite Regeln zu entwerfen, die sagen,
wie tentative Beschreibungen jedes Kästchens angefertigt werden können, sie mit den tentativen Beschreibungen für andere Kästchen beider Klassen verglichen werden können, die Beschreibungen neu strukturiert werden können, durch
i)
durch
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