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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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Skelett das der abstrakten Vorstellung eines Krebskanons:
    eine Struktur aus zwei Teilen, die dasselbe tun,
sich aber in entgegengesetzte Richtungen bewegen.
    Das ist ein konkretes geometrisches Bild, das der Verstand fast wie ein Bongard-Muster manipulieren kann. Wenn ich heute an den Krebs-Kanon denke, stelle ich ihn mir tatsächlich als zwei Stränge vor, die sich in der Mitte kreuzen, wo sie durch einen „Knoten“ (das von Carl Krebs Gesprochene) verbunden sind. Das ist eine so lebhafte bildliche Vorstellung, daß sie sich in meinem Geist, glaube ich, unmittelbar auf das Bild zweier homologer Chromosomen übertragen läßt, die durch ein Zentromer in der Mitte verbunden sind — ein direkt aus der Meiose stammendes Bild (Abb. 132).

    Abb. 132 .
    Tatsächlich war es gerade dieses Bild, das mich dazu brachte, die Beschreibung der Evolution des Krebs-Kanons im Rahmen der Meiose zu sehen — was natürlich selbst ein weiteres Beispiel für begriffliches Abbilden ist.
Rekombinante Ideen
    Für die Fusion zweier Symbole gibt es verschiedene Techniken. Bei der einen werden die beiden Ideen nebeneinander aufgereiht (als ob Ideen linear wären!), dann besonnen abwägend aus beiden Teilen ausgelesen, um diese In einem neuen Symbol zu rekombinieren. Das erinnert stark an die genetische Rekombination. Nun, was tauschen die Chromosomen aus, und wie tun sie das? Sie tauschen Gene aus. Was kann man in einem Symbol mit Genen vergleichen? Wenn Symbole rahmenähnliche Schlitze haben, dann vielleicht Schlitze. Aber welche Schlitze soll man austauschen? Und warum? Hier bietet die krebskanonische Fusion vielleicht ein paar Ideen an. Die Abbildung des Begriffs „musikalischer Krebskanon“ auf den des „Dialogs“ macht verschiedene Hilfsabbildungen notwendig, ja induziert sie. Das heißt: Wenn einmal beschlossen ist, daß diese beiden Begriffe zu fusionieren seien, geht es darum, sie auf der Ebene zu betrachten, auf der analoge Teile sichtbar werden, um dann weiterzugehen und die Teile aufeinander abzubilden usw., rekursiv, auf jeder erwünschten Stufe. Hier erwiesen sich z. B. „Stimme“ und „Dialogteilnehmer“ als korrespondierende Schlitze, wenn man „Krebskanon“ und „Dialog“ abstrakt betrachtet. Woher kommen diese abstrakten Anschauungen? Das ist die Crux des Abbildungsproblems: Woher kommen abstrakte Anschauungen? Wie stellt man abstrakte Anschauungen von spezifischen Begriffen her?
Abstraktionen, Skelette, Analogien
    Eine Ansicht, die in einer gewissen Dimension von einem Konzept abstrahiert wurde, ist das, was ich ein Begriffsskelett nenne. Mit Begriffsskeletten haben wir eigentlich die ganze Zeit zu tun gehabt, oft ohne daß wir sie bei ihrem Namen genannt hatten. Zum Beispiel könnte man viele der die Bongard-Probleme betreffenden Ideen in dieser Terminologie ausdrücken. Es ist immer interessant, und möglicherweise wichtig, wenn man bei zwei oder mehr Ideen erkennt, daß sie ein gemeinsames Begriffsskelett haben. Ein Beispiel sind die bizarren Dinge, die zu Beginn des Contrafaktus aufgeführt wurden: ein Tandem-Einrad, eine Einweg-Schaukel, das Ping-Ping-Turnier, ein gemischtes Einzel, ein zweiseitiges Möbiusband, die Bach-Zwillinge, ein Klavierkonzert für zwei linke Hände, eine einstimmige Fuge, einhändig Beifall klatschen, ein monaurales Zweikanalsystem. Alle diese Vorstellungen sind „isomorph“, weil sie das folgende Begriffsskelett gemeinsam haben:
    Ein Ding im Plural, das zum Singular und dann wieder
fälschlicherweise zum Plural gemacht worden ist.
    Zwei weitere Ideen in diesem Buch, die dieses Begriffsskelett gemeinsam haben, sind 1) die Lösung, die Herr Schildkröte für Achilles' Rätsel fand, als er ein Wort suchte, das mit A anfangen und mit A aufhören sollte, und 2) der Beweis des Eselsbrücken-Satzes von Pappus-Gelernter, in dem ein Dreieck als zwei wahrgenommen wird. Übrigens könnte man diese ulkigen Erfindungen „Halbdoubletten“ nennen.
    Ein Begriffsskelett ist wie ein Satz konstanter Eigenschaften (im Gegensatz zu Parametern und Variablen), die nicht in einer subjunktiven Wiederholung verrutschen sollten. Da es keine eigenen Parameter und Variablen besitzt, kann es der invariante Kern von mehreren verschiedenen Ideen sein. Jeder Einzelfall davon, wie „Tandem-Einrad“, besitzt Schichten der Variabilität und kann so auf verschiedenen Wegen verrutschen.
    Obgleich der Name „Begriffsskelett“ einen unnachgiebigen und starren Eindruck machen könnte, gewährt er in Wirklichkeit

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