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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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zu denken, niemals mechanisiert werden kann. Es ist eine ausschließlich menschliche Fähigkeit.
    Was stimmt an der Auffassung des Teufelsadvokaten nicht? Offensichtlich die Annahme, daß eine Maschine ohne eine Regel, die ihr vorschreibt, was sie tun muß, nichts tun kann. In Wirklichkeit umgehen Maschinen die einfältigen Einwände der Schildkröte so leicht, wie Menschen das tun, und zudem aus genau dem gleichen Grunde. Sowohl Maschinen wie auch Menschen bestehen aus Hardware, die nach den physikalischen Gesetzen von allein abläuft. Es ist nicht nötig, sich auf „Regeln, die gestatten, Regeln anzuwenden“ zu verlassen, weil die Regeln niedrigster Stufe, die, denen kein „Meta“ vorangeht, in die Hardware eingebettet sind, und sie laufen ohne Erlaubnis ab. Moral: Carrolls Dialog sagt letzten Endes über die Unterschiede zwischen Menschen und Maschinen nichts aus. (Und folgerichtiges Denken ist in der Tat mechanisierbar.)
    Soviel zu Carrolls Dialog. Weiter zu Samuels Argument. Sein Anliegen, wenn ich es karikieren darf, ist dieses:
    Kein Computer „will“ jemals etwas tun, weil er von jemand anders programmiert wurde. Nur wenn er sich selbst vom Nullpunkt aus nach oben programmieren könnte — absurde Vorstellung! — würde er ein eigenes Verlangen verspüren.
    In seinem Argument rekonstruiert Samuel die Stellung der Schildkröte, wobei er „folgerichtiges Denken“ durch „Wollen“ ersetzt. Er impliziert, daß hinter jeder Mechanisierung des Wollens entweder ein unendlicher Regreß oder, noch schlimmer, eine geschlossene Schleife steht. Wenn das der Grund dafür ist, daß Computer keinen eigenen Willen haben — wie steht es mit dem Menschen? Das gleiche Kriterium impliziert:
    Solange ein Mensch sich nicht selbst konstruiert und seine eigenen Wünsche aussucht (und auch aussucht, daß er seine eigenen Wünsche aussucht), kann man nicht sagen, daß er einen eigenen Willen hat.
    Hier halten wir inne, um darüber nachzudenken, woher das Gefühl stammt, daß wir einen Willen haben. Wenn man an keine „Seele“ glaubt, wird man wohl sagen, daß es vom Gehirn kommt — ein Stück Hardware, das wir nicht selbst konstruiert oder ausgewählt haben. Und doch tut das unserem Gefühl, daß wir gewisse Dinge wollen, andere aber nicht, keinen Abbruch. Wir sind keine „selbstprogrammierten Objekte“ (was immer das wäre), aber wir verspüren trotzdem ein Verlangen, und das entstammt dem physischen Substrat unserer Mentalität. Gleichermaßen können Maschinen eines Tages einen Willen haben, trotz der Tatsache, daß kein magisches Programm spontan im Gedächtnis aus heiterem Himmel auftritt (ein „selbstprogrammiertes Programm“). Einen Willen werden sie haben aus so ziemlich den gleichen Gründen wie wir vermöge von Organisation und Struktur auf vielen Stufen der Hardware und Software. Moral: Samuels Argument besagt letzten Endes nichts über die Unterschiede zwischen Menschen und Maschinen. (Und freier Wille wird tatsächlich mechanisiert werden.)
Jeder Verwickelten Hierarchie liegt eine
unveränderliche Ebene zugrunde
    Gleich nach der Zweistimmigen Invention schrieb ich, daß ein zentrales Thema dieses Buches laute: „Folgen Wörter und Gedanken formalen Regeln?“ Ein wichtiges Anliegen dieses Buches war, die Vielstufigkeit von Geist/Gehirn aufzuzeigen, und ich habe versucht, darzutun, warum die abschließende Antwort lautet: „Ja — vorausgesetzt, daß man zur tiefsten Stufe — der Hardware — hinuntersteigt, um die Regeln zu finden.“
    Nun taucht in Samuels Aussage ein Gedanke auf, den ich weiterverfolgen möchte. Es ist der folgende: Wenn wir Menschen denken, ändern wir tatsächlich unsere eigenen mentalen Regeln, und wir ändern die Regeln, die die Regeln ändern usw. usw. Das sind aber sozusagen „Software-Regeln“. Die ganz unten liegenden Regeln aber ändern sich nicht. Die Neuronen funktionieren die ganze Zeit in der gleichen einfachen Weise. Man kann Neuronen nicht dazu „überdenken“, nicht-neuronal zu arbeiten, obwohl man sein Gehirn, den Stil oder den Gegenstand des Denkens ändern lassen kann. WieAchilles in Präludium und ... emsige Fuge hat man Zutritt zu seinen Gedanken, nicht aber zu seinen Neuronen. Software-Regeln auf verschiedenen Stufen können sich ändern, Hardware-Regeln aber nicht — ja, auf ihrer Starrheit beruht die Flexibilität der Software. Keineswegs eine Paradoxie, vielmehr eine fundamentale einfache Tatsache über die Mechanismen der Intelligenz.
    Die

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