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Göring: Eine Karriere (German Edition)

Göring: Eine Karriere (German Edition)

Titel: Göring: Eine Karriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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nicht daran, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, und genoss zunächst einmal seinen neuen Status. Umgehend bezog er mit Carin eine große Fünf-Zimmer-Wohnung in der Badenschen Straße 7 im Stadtteil Schöneberg. Er war wieder wer und wollte es allen zeigen – auch wenn die politische Organisation, die er vertrat, am rechten Rand des Parteienspektrums dahindümpelte und unter den etablierten Parteien nicht als koalitionswürdig galt.
    Wie schon in München war er bei den Parteigenossen nicht beliebt. Seine herablassende Art schuf ihm auch in Berlin wenig Freunde. Am 27. Juni 1929 echauffierte sich Goebbels in seinem Tagebuch über einen Zusammenstoß mit Göring: »Erregte Szene mit Göring, der sich immer mehr zum Fraktionsekel entwickelt. Dabei ist er so dumm wie Stroh und so faul wie eine Kröte. Er behandelte die anderen bislang en canaille und versuchte das gestern auch mit mir. Da kam er aber an den Richtigen.« Erneut hielt Göring Abstand zur Partei und nahm an der mühseligen täglichen Organisationsarbeit und Agitation, die Goebbels in Berlin betrieb, kaum Anteil. Er begnügte sich damit, zuweilen bei großen Parteiveranstaltungen im Reich Reden zu halten. Auch das Arbeitspensum des Abgeordneten Göring blieb überschaubar. Nur ein einziges Mal in zwei Jahren meldete er sich im Reichstag zu Wort und forderte höhere staatliche Subventionen für die zivile Luftfahrt. Dahinter stand nicht nur das Herz des einstigen Kampffliegers, sondern auch das Bedürfnis seines Portemonnaies. Angeblich ließ sich die Lufthansa das Wohlwollen des neuen Abgeordneten rund 1000 Mark monatlich kosten. Andere Firmen wie BMW, Heinkel und Thyssen zogen nach und unterstützten Göring mit einmaligen Zahlungen oder großzügigen »Spesenkonten«. Dankbar griff Göring zu. Moralische Skrupel, bestechlich zu sein, plagten ihn nicht.
    Ohne seine geschäftlichen Interessen je zu vergessen, entwickelte sich Göring … zu einem gewieften politischen Taktiker und zu einem wirkungsvollen Redner, der in geschickter Weise Hitlers Stil und Redewendungen nachzuahmen verstand.
    Ernst Hanfstaengl, »Zwischen Weißem und Braunem Haus«
     
    Obwohl er sich weder als Parteifunktionär noch als Abgeordneter besondere Meriten erwarb, stieg sein Ansehen bei Hitler kontinuierlich. Die Erfolge, mit denen er beeindruckte, lagen auf anderem Gebiet: Göring war ein begnadeter Lobbyist. Mithilfe eines kleinen Stabes aus ehemaligen Weltkriegskameraden, darunter Bruno Loerzer und sein Faktotum Paul »Pili« Körner, sammelte Göring einen hochkarätigen Kreis um sich. Einflussreiche Köpfe der Wirtschaft wie der Großindustrielle Fritz Thyssen, der ehemalige Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht oder der Vorstand der Deutschen Bank, Emil Georg von Stauss, gingen in der Badenschen Straße, wo Carin Göring als perfekte Gastgeberin agierte, ein und aus. Humorvoll parlierend und berechnend charmant, machte ihr Gatte Hitler und die Partei »hoffähig«. Gerne umgab sich der Bürgersohn mit Vertretern des Hochadels, wie dem Kaisersohn Prinz August Wilhelm, genannt »Auwi«. Zweimal, im Januar 1931 und im Mai 1932, suchte Göring den einstigen Kaiser sogar persönlich in seinem Exil im holländischen Doorn auf. Seinem Hang zu Glanz und Gloria hätten ein Kaiser und ein Adelstitel wohl behagt, obwohl er kein überzeugter Monarchist war. Wenn er den Kaiser und den Adel hofierte, dann geschah es, um sich im Schimmer des alten Glanzes zu sonnen und Hitler und die Partei gesellschaftsfähig zu machen.
     
    Die Reichstagswahl vom 14. September 1930 war für Göring der Durchbruch. In einem politischen Erdrutsch, wie ihn die Weimarer Republik bis dahin nicht erlebt hatte, schoss der Stimmenanteil der NSDAP von 2,6 Prozent im Mai 1928 auf nun über 18 Prozent. 6,4 Millionen Wähler, das heißt fast achtmal so viele wie beim letzten Mal, hatten der Hitlerpartei ihre Stimme gegeben, die damit ihre Abgeordnetenmandate von zwölf auf 107 erhöhte und hinter der SPD die zweitstärkste Fraktion im Reichstag wurde. Obwohl Göring persönlich wenig zu diesem Erfolg beigetragen hatte, katapultierte ihn der Sieg gleichwohl in die erste Reihe der Weimarer Politiker. Am Tag der Wahl ernannte ihn Hitler offiziell zu seinem »politischen Bevollmächtigten« in Berlin. Durch den Wahlerfolg war die NSDAP mit einem Schlag zu einem politischen Faktor geworden, den die anderen Parteien nicht mehr außer Acht lassen konnten. Jetzt kam es darauf an, diesen Wahlerfolg in

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