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Göring: Eine Karriere (German Edition)

Göring: Eine Karriere (German Edition)

Titel: Göring: Eine Karriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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zu stürzen. Für den 13. September wollten die Kommunisten einen Misstrauensantrag im Reichstag einbringen. Papen, gewarnt, dass die Nazis diesmal mit ihrem Erzfeind gegen ihn stimmen würden, eilte zu Hindenburg, um seiner Absetzung durch eine Auflösung des Reichstags zuvorzukommen. Mit der Auflösungsvollmacht in der Hand kehrte er zurück und wollte sich zu Wort melden, doch Göring reagierte umgehend. Geflissentlich übersah er vom erhöhten Präsidententisch die Wortmeldung des Kanzlers und rief den Reichstag zur Abstimmung über das Misstrauensvotum auf. Mit 513 gegen 62 Stimmen erlebte die Regierung Papen die größte Niederlage der deutschen Parlamentsgeschichte. Erst nachdem er das Ergebnis verkündet hatte, nahm Göring die Auflösungsurkunde Hindenburgs, die Papen ihm auf den Tisch gelegt hatte, und las sie unter dem Gelächter des Hauses vor. Papen könne den Reichstag nicht mehr auflösen, da er nicht mehr Reichskanzler sei, erklärte er süffisant, woraufhin der Düpierte zornbebend den Sitzungssaal verließ. Am Ende erklärte Hindenburg den Reichstag dann doch für aufgelöst und hielt Papen per Notverordnung im Amt. Dessen Debakel im Parlament ließ sich jedoch nicht rückgängig machen. Noch im Nürnberger Gefängnis freute sich Göring über diesen Triumph.

     
    Oben: »Begnadeter Lobbyist«: Göring brachte Hitler mit Vertretern der Wirtschaft zusammen. Der Stahlmagnat Fritz Thyssen spricht vor Hitlers Rede im Industrieclub Düsseldorf, Januar 1932 Unten: »Einzigartiger Vorgang in der Parlamentsgeschichte«: Reichstagspräsident Göring verweigertReichskanzler Papen (stehend, links) am 12. September 1932 das Wort
    Auch privat ging es aufwärts. Wenige Monate nach Carins Tod machte Göring in Weimar die Bekanntschaft der Schauspielerin Emmy Sonnemann, die dort im Nationaltheater auftrat. Wie Göring trauerte auch Emmy um einen nahe stehenden Menschen. Kurz bevor sie Göring kennen lernte, war ihre Mutter verstorben. In Emmys Gesellschaft, in ihrem unpolitischen, gutmütigen Wesen, fand Göring Entspannung von den Anstrengungen des politischen Lebens. Auch in ihrer äußeren Erscheinung entsprach die blonde, stattliche Frau um die vierzig in vielem den nationalsozialistischen Vorstellungen weiblicher Schönheit. Nachdem Göring am 30. August 1932 zum Reichstagspräsidenten gewählt worden war, hatte er die ersten Zeilen auf offiziellem Briefpapier nach Weimar gesandt: »Ich liebe Dich. H.« Görings Gefühlslage blieb der Öffentlichkeit kaum verborgen. Bereits im August 1932 ging das Gerücht einer Liebesbeziehung zwischen Göring und Emmy herum. Bei offiziellen Gelegenheiten wurde sie jedoch diskret als »Privatsekretärin« Görings vorgestellt.
     
    Nach einer erneuten Reichstagswahl im November 1932 musste die NSDAP erstmals einen Rückschlag verkraften. Sie verlor zwei Millionen Stimmen und 34 Sitze, doch sie blieb weiterhin stärkste Fraktion im Reichstag und Göring Reichstagspräsident. Am 17. November trat Papen entmutigt zurück. Abermals bot Hindenburg Hitler den Posten des Vizekanzlers an, abermals bestand dieser, unterstützt von Göring, entweder auf dem Amt des Kanzlers oder gar keinem. An die Stelle Papens rückte daher General von Schleicher, der ebenfalls per Notverordnungen regierte, aber eine ehrgeizige Taktik verfolgte. Er wollte eine »Querfront« hinter sich bringen, die vom Gewerkschaftsflügel der SPD bis zum linken Flügel der NSDAP unter Gregor Strasser reichte. Sein politisches Kalkül war keineswegs unrealistisch. In den Reihen der NSDAP rumorte es. Die Wahlschlappe im Nacken, die Macht vor Augen, hielten viele es für einen Fehler Hitlers, die angebotene Regierungsbeteiligung auszuschlagen und auf »alles oder nichts« zu setzen. Eine Spaltung der Partei drohte, sollte Strasser auf Schleichers Angebot eingehen. Misstrauisch beäugte Göring vom Präsidentensitz die Reihen der eigenen Abgeordneten. »Eine Bewegung wie unsere«, drohte er, »kann viele Dinge verzeihen, aber nicht Treulosigkeit gegenüber dem Führer.« Ende Dezember fuhr er zur Erholung nach Schweden und verbrachte Silvester auf Schloss Rockelsta, wo er Carin kennen gelernt hatte. Die nächsten Monate würden die Entscheidung bringen.

     
    »Unpolitisches, gutmütiges Wesen«: Emmy Sonnemann (links) gibt in einem Theaterstück die preußische Königin Luise
    Hinter den Kulissen begann ein finsteres Ränkespiel um die Gunst des altersschwachen Präsidenten, der den Schlüssel zur Macht in den Händen

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