Göring: Eine Karriere (German Edition)
auf den Punkt: »Links Lametta, rechts Lametta, und der Bauch wird immer fetta...«
Als er 250 Pfund leichter war, muss er eine blonde Schönheit von der unangenehmsten Sorte gewesen sein. Er ist wirklich der unsympathischste Vertreter einer Nation, den ich je erblickt habe.
US-Botschafter William C. Bullet, 1935
Was das Groteske seiner eigenen Wirkung betraf, so dürfte Göring jeglicher Realismus gefehlt haben. Der narzisstische Koloss, der weder Kosten noch Mühen scheute, wenn es um seine äußere Erscheinung ging, der sich die Hände sorgfältig manikürte und sein Antlitz mit Cremes und Gesichtswassern pflegte, sah in den Augen der Schauspielerin Lola Müthel einfach »schrecklich« aus: »Er war doch sehr dick und hatte immer diese vielen wippenden Orden; das belustigte einen natürlich, weil man immer das Gefühl hatte, er wäre vielleicht auch gerne Schauspieler geworden. Er hatte so ein bisschen was Komödiantisches.« Bei aller unfreiwilligen Komik ging von der enormen Leibesfülle Görings auch noch etwas anderes aus: Im Vergleich zu Hitler und Goebbels wirkte er nicht nur eine Spur weltmännischer, sondern auch sympathischer: »Man hatte das Gefühl, er isst und trinkt gern, und zwar gut. Er genießt – und das ist ja etwas, was einem gewisse Sympathien einbringt, weil man sagt, das ist ein Mensch und nicht nur ein Ideologe, der dauernd Vorträge hält.« Als Lola Müthel Göring bei einem Empfang von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, blieb von dieser diffusen Sympathie für den korpulenten Reichsmarschall wenig übrig: »Ich kam in diesen Raum hinein, immer näher, bis ich ihm direkt vis-à-vis stand, ihm die Hand gab und zu Tode erschrak. Plötzlich sah er für mich ganz anders aus, er hatte ein vollkommen fremdes Gesicht, ein Gesicht, das in die Breite zerfloss, fast feminin, pastös, aufgeschwemmt und eigentlich gar nicht das, was ich bisher glaubte gesehen zu haben. Es war etwas ganz Neues, Erschreckendes, Befremdendes. Auch die Hand war weich und patschig, und ich weiß noch, wie ich mich umdrehte und dachte: ›Mein Gott, wieso sieht denn der in der Nähe so anders aus als von weitem?‹«
»Er sonnte sich in der Beliebtheit beim Volk«: Der preußische Ministerpräsident verschenkt bei einer Tombola gewonnene Hitler-Devotionalien
In den ersten Monaten seiner Amtszeit legte Göring den Grundstein für seinen späteren pompösen Herrensitz Carinhall. Als preußischem Ministerpräsidenten stand dem leidenschaftlichen Jäger das ehemalige kaiserliche »Jagdhaus Hubertusstock« zur Verfügung, doch dies genügte den Ansprüchen eines Göring nicht. Auf seinen Wunsch hin wies die Regierung Preußens ihrem frisch ernannten Ministerpräsidenten ein 120 Hektar großes Gelände nördlich von Berlin zur freien Nutzung zu: die Schorfheide. Sie war Teil einer urwüchsigen und wildreichen Landschaft, die sich von hier bis zur Oder erstreckte und gehörte zu den schönsten zusammenhängenden Waldgebieten im Deutschen Reich. Im Juni 1933 beauftragte Göring den Berliner Architekten Werner March mit dem Bau eines Jagd- und Landhauses. Hier, in ruhiger Abgeschiedenheit und doch nur eine Autostunde entfernt von der lärmenden Reichshauptstadt, wollte er seiner Jagdleidenschaft frönen und zugleich Politik nach Waidmannsart betreiben: »Bei der Pirsch lassen sich Probleme oft leichter lösen als am grünen Tisch.«
Für den Bau des Jagdhauses wurden ausschließlich Materialien aus der Region verwendet: Kiefernrundstämme für Wände und Decken, Schilfrohr als Bedachung, Findlinge als Grundmauerwerk. Im April 1934 war das Jagdhaus fertig. Den Kern des Hauses bildete eine große Halle, an die sich im Erdgeschoss ein niedriger Speiseraum, eine Küche sowie Dienstbotenzimmer anschlossen. Der Völkische Beobachter schrieb dazu am 9. April 1934: »In der inneren Stirnwand der Halle ist ein gewaltiger Kaminplatz aufgemauert, dem gegenüber hängt eine köstliche Jagdbeute im anderen Giebel: ein Urochs. Elchschaufeln grüßen von den Wänden, und über einem Bronzerelief des Führers hängt ein Adler. … Die Halle ist groß und atmet Größe an sich. … Im Obergeschoss befand sich Görings Arbeitszimmer, von dessen Balkon er den Döllnsee überblicken konnte. Alles in diesem Zimmer erinnerte an die verstorbene Frau des Hausherrn. An der Wand hing ein großes Ölgemälde, das Carin vor dem Hintergrund der bayerischen Alpen auf einer Wiese sitzend zeigte.«
Görings Erinnerung an seine verstorbene
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