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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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zarte und doch energische Schnitt ihres Gesichts. Aber ihr Blick funkelte vor Bosheit, ihr Mund war zu einem hämischen Grinsen verzerrt.
    »Mit dem allerabscheulichsten Vergnügen!«, schrie Sylvenia zu ihrer Meisterin empor. Ihre Stimme klang wie ein rostiges Tor, das stöhnend und quietschend hin und her schwingt. »Was hast du vor?«
    »Den Baumzauber«, kreischte Barixa, »was sonst?«
    Ihre Gehilfin Sylvenia stieß ein Triumphgeheul aus. »Tollwütige Idee, Meisterin«, rief sie. »Also los!«
    Sie breiteten ihre Arme aus und schrien zusammen ei nen Zwingspruch, der für Marians und Julians Ohren nicht den allergeringsten Sinn ergab. Es klang nicht ein mal wie Worte in einer fremden Sprache – es tönte wie das Brausen von Stürmen, das Summen zorniger Hornissen, das Zischeln giftiger Schlangen. Da begann die Erde zu grollen, und um sie herum hob ein grässliches Knirschen und Splittern und Bersten an – mindestens ein Dutzend der uralten Baumriesen im Umkreis des Hexendoms fie len mit lautem Krachen um, als ob es dürre Schwefelhölzer wären.
    Barixa und Sylvenia hoben ihre Arme senkrecht in die Höhe und aus ihren Mündern drang nun ein fast unerträglich greller Pfeifton. Gunter von Croplinsthal und die beiden Schmiede pressten ihre Fäuste auf die Ohren. Auch der Famulus in seinem Versteck versuchte, seine Ohren vor dem schmerzhaften Gellen zu verschließen. Allein der Großmächtige Meister gab sich den Anschein, gänzlich unbeeindruckt zu sein.
    Die entwurzelten Bäume erhoben sich waagrecht in die Luft und schnellten wie gigantische Speere auf Meister Justus und seine Kreaturen zu. Gleichmütig blieb der Großmächtige Meister stehen, wo er stand, und streckte dem herbeijagenden Verhängnis bloß seine flachen Hände entgegen. Da schossen die Bäume links und rechts an ihm vorbei und krachten in die Leiber der Golems.
    Wieder heulten Barixa und Sylvenia triumphierend auf. Für einen Augenblick sah es tatsächlich so aus, als ob die Ungeheuer von den Riesenbäumen durchbohrt, zertrümmert, zu Staub und Schlamm zermalmt worden wären. Doch nur einen Wimpernschlag später begannen sämtliche Hexen zu wehklagen und zu zetern: So unversehrt wie vorher kauerten die Golems um ihren Meister herum am Boden. Die Bäume waren durch sie hindurchgejagt wie durch lehmfarbene Schatten.
    »Es ist, wie ich gesagt habe, Barixa«, rief der Großmächtige Meister. »Du hast keine Gewalt über sie. Also zwinge mich nicht, sie gegen dich und deine Hexenhorde einzusetzen, und lass uns in Frieden ziehen.« Wieder ließ er seinen Blick rasch über die Golems schweifen: Unbeholfen versuchten sie nun, sich auf ihren Füßen aufzurichten. Offenbar waren sie weiter gewachsen – zwischen ihren Riesengestalten wirkte der Großmächtige Meister schon beinahe so klein wie ein Zwerg.
    »Siehst du, welche Urkraft ihnen innewohnt?«, rief Justus zu Barixa empor. »Mit diesen Golems werde ich die Erde unterwerfen. Binnen sieben Tagen wird jeder von ihnen größer als der höchste Turm sein, den Menschen jemals errichtet haben, und stärker als die gewaltigste Streitmacht, die je ein Herrscher in die Schlacht geschickt hat. Meine Golems werden über Berge steigen und Ozeane durchwaten, als ob es Kieselsteine und Pfützen wären. Unter ihren Sohlen werden ganze Städte und Fürstentümer zu Staub zertreten werden, wenn sie gegen mich aufzubegehren wagen. Auf jeden Erdteil will ich einen Golem stellen und der sechste wird mein persönlicher Diener und meine unbezwingbare Leibgarde sein.«
    Er wandte sich zu seinen Lichtträgern um. »Sammelt ein, was uns gehört«, befahl er. »Wir gehen.«
    Die beiden Schmiede und Ritter Gunter hatten zwi schen den Steintrümmern des ehemaligen Tempels Zuflucht gesucht. So furchterregend die eulenäugige Barixa mit ihrem Rachen voller Katzen und Füchse auch aussah – die Golems schienen den drei Männern noch weit mehr Entsetzen einzuflößen. Angespannt beobachteten sie jede Bewegung der Kolosse, offenbar darauf gefasst, dass sich die Golems im nächsten Moment auf alles stürzen wür den, was sich in ihrem Umkreis bewegte.
    Auf den Befehl ihres Meisters hin wechselten sie be klommene Blicke. Noch während sie sich zögernd in Bewegung setzten, rief Barixa mit einer Stimme wie Erdbeben und Donner: »Die Kreaturen bleiben hier! Und kann ich sie nicht zerstören, so will ich sie zumindest in totenähnlichen Schlaf versetzen. Schlaft, ihr Ungeheuer, schlaft ein! Erst in 333 Jahren und drei und drei und

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