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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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waren diese Körper von vollkommen anderer Art. Noch während sie sich aufrichteten, begannen sie zu wachsen – so ungeheuerlich rasch, dass sie dem Großmächtigen Meister bereits bis zur Schulter reichten, ehe sie sich gänzlich erhoben hatten.
    Meister Justus drehte sich im Kreis, die Arme emporgereckt. »Ammanth! Ammanth!«, rief er. » Ich bin euer Herr, versteht ihr?«
    Sie glotzten ihn an. Ihre Gesichter waren leer, ihr Blick so starr, als ob in ihren Augenhöhlen bloß Glasmurmeln stecken würden. »Mir müsst ihr gehorchen, was immer ich euch befehle«, rief der Großmächtige Meister.
    Doch wie sehr erschraken er und seine Lichtträger, und wie furchtbar fuhr erst der Famulus in seinem Versteck zusammen, als mit einem Mal eine Stimme wie zerbrechendes Glas vom Himmel herniederklirrte:
    »An diesem Ort befiehlt niemand außer mir!«
    Meister Justus’ Augen wurden weit vor Entsetzen. »Barixa«, murmelte er.

47

    Sie war in den gelben Schleiern, die unter dem Nachthimmel trieben, in den Wolken, den Baumwipfeln – überall. Die Luft war auf einmal erfüllt von Tosen und Brausen und die Bäume bogen sich und knirschten und ächzten wie unter der Urgewalt eines Orkans. Auf einer dunklen Wolkenbank rauschte Barixa zu ihnen hernieder. Tierknochen und fauliges Laub, modrige Äste und allerlei Raub- und Spinnenge tier wirbelten empor und formten sich zur furchtbaren Gestalt der Hexenmeisterin: ein Riesenweib, das selbst das stei nerne Drachenmaul überragte. Über einem wirbelnden Windturm aus Blättern, Steinen, Reisig schwebte der ungeschlachteste Schädel, den Julian jemals gesehen hatte – ein Klumpen aus Fels, Dreck, Dunkelheit. Eulen hausten in Meisterin Barixas Augenhöhlen, Schlangen wanden sich ihr wie Zöpfe um Stirn und Schläfen und aus ihrem Rachen fauchten Wildkatzen und tollwütige Füchse.
    »Wie kannst du es wagen, Justus, geweihten Hexenboden zu betreten?«, schrie sie mit einer Stimme wie Wolkenbruch. »Was sind das für Ungeheuer, die du mit heiligem Hexenlehm erschaffen hast? Was sie auch sein mögen – sie gehören mir!«
    Die Golems hatten aufgehört, auf allen vieren im Kreis zu kriechen. Stattdessen hoben sie schwerfällig ihre Köp fe und glotzten zu Barixa empor. Um sie herum hatte sich ein zweiter Kreis gebildet, doch das fiel dem Famulus erst in diesem Moment auf.
    Ein Ring aus Hexen, die scheinbar ganz ruhig vor dem Drachenmaul standen. Nach Größe und Gestalt ähnelten sie gewöhnlichen Frauen. Doch im Dunkel hinter dem Fackelschein waren ihre Gesichter allenfalls zu erahnen. Und wie bei ihrer Meisterin bestanden die Leiber all die ser Hexenweiber aus wirbelndem Laub, aus schwebenden Schlammklumpen, Tierknochen, modrigen Ästen, die durch einen Zauber in die Luft gebannt waren.
    »Hab ein Einsehen, Barixa!«, rief der Großmächtige Meister. So kleinlaut hatte Julian ihn niemals vorher er lebt. »Der Lehm vom Drachenberg steht uns Magiern genauso wie euch Hexen zu. Und gerade eben wollten wir uns auf den Rückweg machen.«
    »Die Kreaturen bleiben hier«, schrie Barixa. »Sie sind an diesem Ort entstanden – also gehören sie mir!«
    Meister Justus hob begütigend beide Hände zu ihr em por. Sein Blick flog über die Golems. Sie waren nochmals merklich gewachsen, selbst in dieser kurzen Zeitspanne, seit die Hexen eingetroffen waren. Obwohl sie noch immer auf Händen und Knien kauerten, überragten sie ihren Schöpfer bereits um halbe Haupteslänge.
    »Es sind Golems«, rief Justus, »Kreaturen, die keine Hexe jemals erschaffen könnte. Für dich wären sie auch gänzlich nutzlos: Ein Golem befolgt nur die Befehle, die sein Schöpfer ihm erteilt – und dieser Schöpfer bin ich! Nicht einmal töten oder zerstören könntest du sie – auch das vermag nur ihr Herr, der sie erschaffen hat!«
    Barixa heulte auf. Ihr Zorn schüttelte die Bäume, riss ganze Eichkronen und Blutbuchenwipfel ab und schleuderte sie auf den Großmächtigen Meister hinunter. Die tollwütigen Füchse spien tödlichen Geifer. Die Schlangen auf ihrem Haupt spritzten Wolken giftigen Speichels auf Meister Justus nieder. »Das werden wir ja sehen!«, rief sie. »Sylvenia, hilf mir!«
    Eine der Hexen löste sich aus dem Schattenkreis und trat ins Fackellicht. Marian erkannte sie sofort – und hätte beinahe aufgeschrien vor Entsetzen. Es war das Weib, das er und Billa im Talmibro gesehen hatten. Sie sah Billa so ähnlich wie eine Zwillingsschwester – die gleichen brennend blauen Augen, die helle Haut, der

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