Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
Vom Netzwerk:
die Hand zu geben. Aber im letzten Moment überlegte er es sich anders. Nur so für alle Fälle.
    Sie lagen auf einem Moosbett im ehemaligen moorgräflichen Schlosspark. Rings herum nichts als Disteln, Brennnesseln, Dornenhecken. Aber mittendrin dieses Märchenversteck. Dunkelgrün und samtweich. Wie ein lückenhaftes Riesengebiss ragte zu ihrer Rechten das Ruinengemäuer vor dem helleren Schwarz des Nachthimmels auf.
    Marian erzählte ihr, wie er durch das Talmibro in Julians Welt katapultiert worden war. »Ich hab alles gesehen«, sagte er, »was Meister Justus und seine Lichtträger unternommen haben, um die Golems zu erschaffen. Aber ich konnte überhaupt nichts dagegen machen. Weil ich es nicht geschafft hab, dem Famulus meinen Willen aufzuzwingen.« Vor allem aber, fuhr er fort, hatte er geglaubt, dass Meister Justus die Golems erst am 9.9.1676 erschaf fen würde. Doch der hatte die grässlichen Kreaturen be reits neun Tage vorher ins Leben gerufen – und wenn sie am 9.9. zu sich kommen würden, konnte niemand auf der ganzen Welt sie mehr unschädlich machen. Denn das vermochte einzig ihr Schöpfer und der war ja längst nicht mehr am Leben.
    Nachdem Marian sich alles von der Seele geredet hat te, fühlte er sich tatsächlich viel leichter. Wie von einer Last befreit – allerdings nur für einen kurzen Moment. Dann wurde ihm umso drückender aufs Neue bewusst, wie aussichtslos die ganze Sache war.
    Billa lag neben ihm auf der Seite, den Kopf auf ih ren angewinkelten rechten Arm gestützt. Mit einem nach denklichen Gesichtsausdruck schaute sie auf ihn herun ter. »Mann, Marian, da stimmt doch irgendwas nicht«, sag te sie schließlich. »Überleg doch mal: Marthelm beschafft dir das Talmibro. Er gibt dir in seinem Brief diese ganzen Anweisungen, wie du die Welt retten sollst und so weiter – und gleichzeitig sorgt er dafür, dass du gar nichts ausrichten kannst? Dass du da drüben in einem Real-world-Avatar steckst, der sich überhaupt nicht so lenken lässt, wie das nötig wäre? Vor allem aber diese Datumssache, dieses Hin und Her mit den neun Tagen – warum hat er dir davon nichts geschrieben? Weil er es selbst nicht besser gewusst hat? Nee, das klingt für mich nicht logisch – dein Onkel war ja allem Anschein nach in Magie und solchen Sachen ein ziemlicher Crack.«
    Damit lag Billa zweifellos richtig, sagte sich Marian. Und dabei hatte er ihr noch nicht mal von dem Sphären fenster erzählt, das Marthelm tief unter seinem Haus an gebracht hatte und durch das die Dämonen sozusagen bei ihm ein- und ausgegangen waren.
    »Vielleicht wollte er ja, dass alles ganz genau so kommen würde?«, überlegte Billa.
    »Hab ich auch schon dran gedacht.« Marian schaute in ihre Augen. Die sahen jetzt ziemlich wie auf ihrem Laura-Foto aus. Keine blauen Flammen, überhaupt kein brennender Blick. Nur ein leuchtend klares Augenblau, in dem er sich selbst winzigklein gespiegelt sah. »Aber das gibt ja erst recht keinen Sinn«, fuhr er fort. »Warum hätte Marthelm sich wünschen sollen, dass die Golems hier alles kaputt machen? Und was hätte er davon, dass ich bei alledem zuschaue, ohne irgendwie eingreifen zu können? Wenn er wirklich wollte, dass alles so kommt, hätte er mich ja gar nicht erst eingeweiht und losgeschickt, oder?«
    Wieder verstummten sie beide und sahen sich dabei tief und immer tiefer in die Augen. Irgendwie schaffte es Marian, seinen linken Arm zwischen ihnen beiden hervorzuziehen. Er legte ihn um Billas Schultern und sie kuschelte sich an seinen Hals.
    Die Flämmchen in den Öllaternen wiegten sich wie gefangene kleine Geister leise fauchend hin und her. »Okay, jetzt bin ich dran«, murmelte Billa.
    Aus ihrer Kutsche hatte sie vorhin außer dem Medail lon und dem Picknickkorb sogar noch ein halbwegs weißes Tischtuch zu Tage gefördert. Darauf hatten sie die Esssachen aus dem Korb ausgebreitet – Brötchen, Käse, Obst. Sie hatten es sich schmecken lassen, bevor Marian mit seiner Beichte begonnen hatte. Im Liegen angelte Billa jetzt noch eine Kekspackung aus dem Korb. Sie bot ihm davon an, aber Marian schüttelte nur den Kopf. Er hatte das Medaillon hervorgeholt und schaute abwechselnd Laura auf dem Bild und Billa neben sich an.
    Sie schob sich einen Keks in den Mund, kaute und schluckte runter. Dann schluckte sie noch mal, obwohl ihr Mund längst wieder leer sein musste. »Ach, Marian, du glaubst gar nicht, wie beschissen ich mich fühle«, sag te sie. »Was ich dir über Jakob erzählt habe, war

Weitere Kostenlose Bücher