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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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Schrammen zogen sich kreuz und quer über sein Gesicht. Doch trotz alledem hatte ihn Ma rian auf den ersten Blick erkannt.
    Es war Piet, der Bäckerlehrling.
    Also hatten die Lichtträger ihn damals tatsächlich überrumpelt und hierher verschleppt, weil sie im Dunkel der Nacht angenommen hatten, dass ihnen der Rabe Julian in die Hände gefallen war? Aber warum hatten sie den Bäckerlehrling nicht längst wieder freigelassen? Spätestens beim ersten Laternen- oder Sonnenschein mussten sie doch bemerkt ha ben, dass ihnen der falsche Fang ins Netz gegangen war!
    Während Marian noch darüber nachgrübelte, hörte er Schritte, die vom oberen Keller her rasch näher kamen. Mittlerweile war der Famulus so weit zu sich gekommen, dass er sich zumindest aus eigener Kraft matt bewegen konnte. Er drehte seinen Hals im E isenband hin und her und blinkerte ungläubig mit den Augen.
    »Muhiah«, stöhnte Piet durch seinen Knebel hindurch, was vermutlich »Julian!« bedeuten sollte.
    »Piet«, murmelte der Famulus wie im Traum.
    Heb deinen rechten Arm, kommandierte Marian, und greif in deinen Brustbeutel. Nimm das Talmibro raus und zieh es auseinander – schnell!
    Julian war noch viel zu benommen, um sich gegen die Befehle seiner inneren Stimme zu wehren. Mit schlaftrunkener Miene fasste er sich unters Hemd und fingerte das Talmibro hervor. Dann allerdings glotzte er bloß blöd auf das Ding in seiner Rechten, anstatt es mit beiden Händen auseinanderzureißen.
    Na, mach schon!, rief Marian, denn draußen im Gang nahten bereits stampfenden Schrittes der Großmächtige Meister und Ritter Gunter.
    Endlich hatte er so weit die Kontrolle gewonnen, dass er mit Julians Händen das Talmibro aufklappen und auseinanderziehen konnte. Im selben Moment wurde der Schlüssel ins Schloss gestoßen. Die Tür flog auf und auf der Schwelle erschien der Großmächtige Meister. In der Hand hielt er eine armlange Zange von äußerst üblem Aussehen – mit rostigen Backen, die vorn in spitze Zacken ausliefen.
    Herrje, nichts wie weg, dachte Marian. Der Anblick der Zange machte ihn vollkommen konfus. Er konnte auf einmal überhaupt nicht mehr klar denken. Verdammt, wie hieß noch gleich das magische Passwort, das ihn zurückbringen würde?
    »Wo …«, fragte Meister Justus und ließ drohend die Zange in der Luft auf- und zuschnappen.
    Morbilatus, dachte Marian, so hieß es doch? »Morbi latus … Morbilatus … Morbi …«, ließ er Julian murmeln – und schoss aus dem Famulus, dem Verlies, dem Hegendahl’schen Gutshaus heraus, just als sich der Großmächtige Meister mit aufgeklappter Zange zum Raben herunterbeugte.
    Als er zu sich kam, war alles um ihn herum nebelgrau. Er lag auf einer kahlen grauen Felsplatte und konnte sich überhaupt nicht erinnern, wie er hierhergekommen war. Marian setzte sich auf, schaute an sich herunter – auch er selbst war bloß noch ein grauer Schemen. In seiner Linken hielt er das Talmibro, doch er konnte sich nur ganz nebelhaft erinnern, wozu dieses muschelförmige Schattending gut sein sollte.
    Das gibt’s gar nicht, dachte er – durch seine Beine sah er den Felsboden hindurchschimmern. Er stand auf und sein Körper war leicht wie Luft. Wo bin ich hier?, dachte er, und auch dieser Gedanke fühlte sich gespenstisch leicht an. Diese ganze graue Welt, in die es ihn verschlagen hatte, bestand aus nichts als Nebelluft und aschegrauen Schatten.
    Er fing an herumzulaufen – bei jedem Schritt federte er vom Boden weg. Schwebte einen halben Meter in die Höhe und kam so langsam wieder runter wie ein Luftballon. So ungefähr mussten sich die Astronauten auf dem Mond gefühlt haben. Aber zum Teufel, dachte Marian – er war doch nicht etwa auf dem Mond gelandet?
    Jetzt erst fiel ihm auf, dass der Boden um ihn herum mit Kratern, Rissen, Löchern übersät war. Als er genauer hinschaute, krochen, flogen, schwebten aus unzähligen Breschen im Felsgrund die sonderbarsten Kreaturen hervor. Schlangen mit Geierköpfen, Adlerfedern mit glotzenden Fischaugen, Giraffen mit Drachenflügeln, die sich mit ruckenden Riesenhälsen in die Luft hochschwangen. Und all diese Geschöpfe waren so grau, so durchsichtig, so schattenhaft wie er selbst, wie alles in dieser Nebelwelt. Kreaturen mit Löwenhäuptern und langem Echsenschweif, mit dem sie zeitlupen-zornig auf den Schattenboden peitschten. Mischwesen mit Menschenkörper und Hundeschnauze oder Riesenkatzen, die Elefantenrüssel vor sich herschleiften.
    Längere Zeit – falls es hier so

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