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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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ich gemeinsam mit Euch den Golem erschaffen darf.«
    »Wo?«, wiederholte Justus. Seine Stimme klang jetzt so tief und grollend, als ob sie aus den Tiefen der Erde käme. »Wo?« Immer nur diese eine Silbe. »Wo?«
    »Ich bitt Euch«, flüsterte der Famulus. Bei jedem »Wo?« wurde ihm dunkler im Geiste und dumpfer ums Herz. Gebannt schaute er in die Augen des Magiers em por, die wie zwei Moorlöcher waren – so schwarz, so bodenlos tief.
    Wenn der Meister ihn auch nur einen Moment länger in dieser Weise ansah und dazu sein grollendes »Wo?« wiederholte … sein »Wo?« … sein »Wo?« … Meister Justus hob eine Hand und malte ein schnörkelreiches Zeichen vor Julian in die Luft.
    Und da wurde um den Raben herum alles rabenschwarz.

67

    Die Schmiede packten den schlappen Leib des Famulus bei den Füßen und unter den Achseln. Sie schleppten ihn zur Kellertür, die Ritter Gunter bereits für sie aufhielt.
    »Ins vordere Verlies – zu dem anderen Burschen«, rief er, gerade als Julian an ihm vorbeigetragen wurde. Seine Bassstimme dröhnte Marian in den Ohren.
    Zu welchem anderen Burschen denn, um Himmels willen?
    Als der Famulus ohnmächtig geworden war, wäre Marian beinahe mit ihm im Moor der Bewusstlosigkeit versunken. Aber er hatte sich am Rand des schwarzen Abgrunds festgeklammert – und wäre dann allerdings doch fast in Ohnmacht gefallen, als er die Anweisung des Großmächtigen Meisters hörte: »Kettet den Raben an! Und holt die Zange – wenn er den Schnabel nicht aufbekommt, müssen wir ein wenig nachhelfen!«
    Heiliger Mist, dachte Marian, was denn für eine Zan ge? Sie wollten den Famulus doch nicht etwa mit so ei nem Folterding zwacken, damit er ihnen verriet, wo er den Batzen Lehm versteckt hatte? Herrje, ich muss hier raus, dachte Marian, aber wie denn bloß – ich kann ja keinen Finger von Julian rühren, solange er nicht aus seiner Ohnmacht erwacht ist!
    Währenddessen schleppten Bardo und Benno den schlafenden Famulus Stufe um Stufe in den untersten Keller hinab. Vor dem Verlies, in dem Meister Justus vergeblich versucht hatte, sechs Golems zu beschwören, blieben sie stehen. Bardo warf sich den Raben Julian über die Schulter und Benno zückte abermals den Schlüsselbund.
    Ohne das leiseste rostige Quietschen ging die Kerkertür auf. Doch fast im selben Moment ertönte drinnen, im stockfinsteren Verlies, ein desto erbärmlicheres Stöhnen.
    Um Himmels willen, dachte Marian wieder – wer ist dieser andere, den sie da drinnen gefangen halten?
    Bardo stieß den Famulus ins Kerkerloch. Wie eine Gummipuppe fiel der weiterhin Bewusstlose zu Boden. Mit der allergrößten Mühe schaffte es Marian nur gerade so, Julians Lider einen winzigen Spaltbreit offen zu halten. Was er zu sehen bekam, war allerdings so schaurig, dass er am liebsten beide Hände vor die Augen geschlagen hätte.
    Der Goldschmied kniete sich neben den Famulus und lehnte ihn mit dem Rücken gegen die schimmlige Wand. Währenddessen zündete sein Bruder eine Laterne an, trat in die Zelle und hängte die Lampe an einen Haken über der Tür. Im Schein der Laterne sah Marian die rostige Kette mit dem darangeschmiedeten eisernen Halsband, die neben Julian in die Mauer eingelassen war. Bardo klappte das Eisenband auf, legte es um den Hals des Ra ben und ließ es zuschnappen.
    »Gunter holt die Zange«, sagte Benno mit pfeifender Stimme.
    »Soll er den Burschen traktieren, wenn der Meister es unbedingt will.« Bardo spuckte aus. »Ich bin Goldschmied, kein Folterknecht.« Die Brüder verließen den Kerker und riegelten von außen zu.
    Marian hatte ihren Wortwechsel nur ganz am Rand mitbekommen. Mit größter Anstrengung drehte er den Kopf des Famulus millimeterweise nach links. Irgendwo dort hinten im Verlies musste der andere Häftling ho cken, der in unregelmäßigen Abständen stöhnte.
    Endlich hatte er es geschafft – am äußersten linken Rand seines Blickfeldes tauchte eine zusammengesunkene Gestalt auf. Sie hockte genauso wie der Famulus am Boden: mit dem Rücken an die Wand gelehnt, um den Hals ein eisernes Band, das mit einer dicken Eisenkette an der Mauer befestigt war. Überdies waren seine Handgelenke über seinem Kopf an die Wand gefesselt – zweifellos, um ihn daran zu hindern, sich den ekelhaft aussehenden Knebel runterzureißen, der durch seinen Mund und um seinen Kopf herum verlief.
    Genau wie Julian hatte sich auch dieser Häftling so zur Seite gedreht, dass er seinen Leidensgenossen ins Auge fassen konnte. Blutige

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