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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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»Meister Godobert geruht, sich um zwölf mit uns im ›Moorgraf‹ zu treffen.« Ein zuversichtliches Grinsen zog ihr schma les Gesicht in die Breite. »Anscheinend haben sie zumindest ein schlechtes Gewissen, weil sie Marthelms gesamte Habseligkeiten eingesackt haben. Das ist doch ein gutes Zeichen, findest du nicht?«
    Marian zuckte mit den Schultern. »Na ja, vielleicht«, sagte er. In der Ferne ertönten Glockenschläge, leise zählte er mit. »Zwölf Uhr, das ist jedenfalls jetzt.«
    Tatsächlich wartete Meister Godobert bereits auf sie, als sie eine Viertelstunde darauf wieder beim Hotel ankamen. Vor dem »Moorgraf« stand ein riesengroßes, offenbar uraltes Auto – gegen dieses Gebirge aus schwarzem Blech und blitzendem Chrom nahm sich sogar der Cadillac von Hanno Bußnitz wie ein unscheinbarer Neuwagen aus. Der Schlitten musste mindestens aus der Ära von Al Capone stammen. Und zweifellos gehörte er niemand anderem als Dr. Karl Godobert.
    In der Gaststube saß der Meister bescheiden an einem Ecktisch, zusammen mit zwei weiteren alten Männern. Alle drei trugen die unvermeidlichen schwarzen Anzüge, allerdings diesmal weder Hüte noch Schärpen. Als Linda und Marian eintraten, erhob sich Godobert und ging ihnen mit einem höflichen Lächeln entgegen. »Verzeihen Sie, gnädige Frau, wenn unser Bruder Türsteher Sie gekränkt haben sollte.« Er hielt ihr seine Rechte hin und widerstrebend ließ sich Linda die Hand schütteln. »Wir Freimaurer haben allerhöchsten Respekt vor den Damen …«
    »… die Sie deshalb mit Sklaven und Krüppeln auf eine Stufe stellen«, unterbrach ihn Linda. »Auf solchen Respekt kann ich verzichten, besten Dank.«
    Sie entzog ihm ihre Hand. Godobert wirkte nun aufrichtig zerknirscht. Aber Marian hatte den Eindruck, dass sich der alte Mann zugleich ein wenig amüsierte. »Lassen Sie mich erklären«, sagte er in liebenswürdigem Tonfall. »Setzen wir uns doch.«
    Er komplimentierte sie zu seinem Tisch und forderte seine Brüder auf, sich gleichfalls zu erheben. Die beiden Männer deuteten jedoch nur eine halbherzige Verbeugung an, ohne Linda sonderlich zu beachten.
    »Es gibt nun einmal Dinge«, sagte Godobert, »gewisse Geheimnisse und Mysterien, für die Frauen einfach kei nen Sinn haben. Es interessiert sie überhaupt nicht, glauben Sie mir. Sie versäumen also nicht das Geringste, wenn Sie an unseren Sitzungen nicht teilnehmen und zu den Logen keinen Zutritt haben.« Falls er sich weiterhin be mühte, die Rolle des höflichen Frauenfreundes zu spielen, so gelang ihm das jedenfalls immer schlechter. Seine Augen funkelten höhnisch. Anstatt Linda ins Gesicht zu schauen, richtete er seinen Blick zwischen ihr und Mari an hindurch ins Leere.
    Linda holte tief Luft. Offenbar hatte sie eine zornige Antwort auf der Zunge, aber sie schluckte sie wieder herunter. »Kommen wir zur Sache«, sagte sie. »Es geht um das Testament unseres Verwandten Marthelm He gendahl. Ich kann nicht akzeptieren, dass Sie – Ihre Loge oder wie immer Sie sich nennen mögen – Marthelms gesamte Besitztümer beanspruchen. Marian ist sein Urgroßneffe. In wenigen Jahren macht er Abitur, danach will er Archäologie und Ethnologie studieren. Aber wir sind arm und wissen nicht, wie wir das Geld dafür aufbringen sollen.«
    Sie hielt inne und starrte Godobert an. »Ich fordere Sie auf, meinen Sohn Marian angemessen am Erbe seines Verwandten zu beteiligen. Er kann schließlich nichts dafür, dass Marthelm mit seiner restlichen Familie heillos zerstritten war.«
    Der Wirt des »Moorgrafen« erschien an ihrem Tisch, aber Godobert winkte ab. »Für uns heute nichts – wir sind sozusagen schon aus der Tür. Um es kurz zu machen«, fuhr er fort und sah wieder an Linda vorbei, »der verewigte Meister Marthelm hat sein Haus und alle seine Besitztümer von Rechts wegen unserer Loge vermacht. Es ist vollkommen ausgeschlossen, gnädige Frau, dass Sie in irgendeiner Weise an dieser Erbschaft beteiligt werden.«
    Er wandte Marian seinen Blick zu und der höhnische Ausdruck verlor sich aus seinen Augen. »Was aber dich betrifft, Marian Hegendahl«, sagte er in dem gleichen feierlichen Tonfall wie vorhin der Bruder Türsteher – »du bist bei uns jederzeit ein gern gesehener Gast. Jetzt gerade sind wir allerdings auf dem Sprung zu einem Bruderschaftstreffen auf Burg Stivolit – übrigens eine der ältesten Logen hierzulande. Heute wirst du bei uns also leider niemanden mehr antreffen – aber warum kommst du nicht in den

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