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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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gleichen Zeit, da er dies dachte, und doch 333 Jahre minus soundso viel Stunden später!
    In den Fenstern der Häuser gegenüber war nicht mehr der dürftigste Lichtschimmer zu entdecken. Am Himmel glitzerten die Sterne. Offenbar war es schon tief in der Nacht. Marian hatte es kaum gedacht, als vom Kirchturm her drei Stundenschläge ertönten.
    Julian gähnte wieder. Zwei Wochen, dachte Marian rasch. Wenn in Julians Welt heute der 26. August ist, dann ist genau in zwei Wochen der 9. September, an dem die G*L*M erschaffen werden sollen. Also muss ich einfach an diesem 9.9.1676 als Julian Hallthau zu dem Ort gehen, wo die G*L*M zum Leben erweckt werden sollen – durch Geisterbeschwörung oder was auch immer. Wenn ich es schaffe, die frevlerische Tat zu verhindern, bräuchte ich den Fluch gar nicht mehr 333 Jahre später zu brechen, sondern hätte ihn schon im Voraus gecancelt, bevor er überhaupt in die Welt geraten kann.
    Das Problem war nur, dass sich Julian nicht einfach so von ihm dirigieren ließ. Genauer gesagt konnte Marian so gut wie keinen Einfluss auf die Gedanken und Handlungen dieses Julian Hallthau nehmen. Im Körper des Famulus hockend, konnte er sozusagen hinter dessen Rücken ein paar Berechnungen anstellen, aber das war auch schon alles. Sowie er damit aufhörte, begann er selbst, seine Identität und Erinnerung, zu verschwimmen, sich in Julians Bewusstsein aufzulösen wie ein Regentropfen in einem Teich.
    So erging es ihm auch jetzt wieder, während er durch Julians Augen auf die nachtdunkle Gasse hinaussah: Mehr und mehr vergaß er, wer er selbst war – wer er in jener Welt hinter dem Talmibro-Fenster einmal gewesen war.
    Ich bin Marian Hegendahl, dachte er mit Mühe. Doch es war kaum mehr sein eigener Gedanke – es war fast nur noch ein verrückter kleiner Einfall von Julian, eine schattenhafte Idee, wie sie einem kurz vor dem Einschlafen durch den Kopf huscht.
    Wenn ich ganz jemand anderes wäre, heida! Wenn ich in einer fernen Zukunft leben würde. Einer Zeit, in der die Leute mit brüllenden Apparaten durch die Lüfte reiten, ha!
    Julian zog sein speckiges Hemd aus, dann legte er sich auf sein Bett und deckte sich mit der Wolldecke zu. Er schloss die Augen und da wurde es auch um Marian dunkel. Durch die Lider des Famulus konnte er die Nachtkerze auf dem Balken über Julians Lager rötlich schimmern und flackern sehen. Aber das war auch schon alles. Eine bleierne Schwere ergriff ihn – eine fremde Müdigkeit, die schläfrige Erschöpfung des Jungen, in dessen Geist und Körper er gefangen war.
    Die Strohhalme juckten ihn grässlich am Rücken. Er wollte nicht die Nacht auf diesem unbequemen Lager verbringen – er wollte zurück in die Gegenwart, in sein weiches Hotelbett. Doch erst als sich Julian heftig zwischen den Schultern kratzte, wurde ihm klar, dass der Juckreiz keineswegs nur von den Strohhalmen kam.
    Julian öffnete die Augen und betrachtete im Liegen, was er zwischen Daumen und Zeigefinger eingefangen hatte. Dort saß ein kugelförmiges kleines Etwas von grauweißer Farbe. Der Famulus zerquetschte es zwischen seinen Fingerspitzen und aus der widerlichen Kugel spritzte Blut hervor.
    Marian kam beinahe um vor Ekel. Eine Laus, wenn nicht etwas noch sehr viel Grauenvolleres, dachte er. Er musste hier weg, auf der Stelle und egal wie! Der Ekel verlieh seinem Willen Flügel. Oder vielleicht lag es auch daran, dass der Famulus schon im Halbschlaf war -jedenfalls schaffte es Marian diesmal, die Kontrolle über Julians Körper zu übernehmen.
    Er stand auf und tappte in der Kammer umher. Als er am Fenster vorbeikam, sah er in der spiegelnden Scheibe, wie verwundert Julian dreinschaute. Anscheinend konnte er sich keinen Reim darauf machen, warum er mitten in der Nacht wieder aufgestanden war.
    Marian brachte ihn dazu, die kleine Nachtkerze von dem Balken über seinem Bett zu nehmen. Dann ließ er Julian in die Knie gehen und unter seine wenigen Möbelstücke leuchten.
    Wo um Himmels willen hatte sich das Talmibro versteckt? Vielleicht besaß es ja doch so etwas wie einen Eigenwillen und war im Schutz der Dunkelheit davongekrochen? Dann säße er für alle Zeiten hier in der Vergangenheit fest.
    Ihm wurde noch mulmiger. Der Läusebiss, oder was es sein mochte, auf seinem – Julians – Rücken juckte scheußlich. Auf allen vieren kroch er in der Kammer herum und leuchtete mit der Kerze in jede Ecke.
    »Wenn Jungfer Hildegunde mich so sehen könnte …« Julian klang, als ob er im Traum

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