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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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gleich.«
    »Tu ich nicht«, wehrte sich der Silberschmied mit mühseligem Fisteln, »mach lieber mal Platz.«
    Lautes Rumpeln und Scheppern, dann erschallte die durchdringende Stimme von Meister Justus: »Schweigt still, Lichtträger. Helft mir, das Pfortenglas einzulegen.«
    Das Pfortenglas? Seit der Famulus über Hegendahls Tor gehechtet war, hatte Marian unaufhörlich auf ihn eingeschrien: Tu’s nicht, lass das, geh endlich nach Hause! Nun aber gab er seinen Widerstand mit einem Schlag vollkommen auf. Im Gegenteil trieb er den Famulus noch an, sich rascher dem Ort des Geschehens zu nähern.
    Eine weitere Tür trennte den höhlenartigen Raum am Ende des Kellergangs ab. Julian presste sich mit dem Rücken gegen die Felswand daneben und hielt den Atem an. Durch fingerbreite Ritzen im Türholz war deutlich zu erkennen, was dort drinnen im Schein einiger Fackeln passierte.
    Zwischen den vier Männern lag eine einzelne Lehmfigur am Boden. Sie war ungefähr so groß wie ein zehnjähriges Kind und viel kunstvoller geformt als die plumpen Erdpuppen, die Julian unlängst vorn im Verlies gesehen hatte. Beine und Arme hatten diesmal die richtigen Proportionen. Der Schädel saß auf einem Hals von gewöhnlicher Länge und die Figur wies sogar menschliche Gesichtszüge auf. Sie sah aus, als ob sie in tiefem Schlaf liegen würde.
    Über dem Kopf der Lehmfigur war eine sonderbare Konstruktion errichtet worden – eine Art metallenes Pultgestell, doch wo die Pultplatte sein sollte, gab es nur einen massiven Eisenrahmen.
    Der Großmächtige Meister bedeutete seinen Lichtträgern, ihm zu folgen. Weiter hinten an der Wand lehnte eine wuchtige Glasscheibe, in Blei gefasst. »Hütet es wie eure Augäpfel«, mahnte Meister Justus. »Dieses Pfortenglas zu erschaffen, hat mich Jahre gekostet. Ganz zu schweigen von dem, was die Pfaffen Seligkeit nennen.«
    Die Lichtträger lachten auf – und Marians Gedanken wirbelten. Die Scheibe hatte offenbar ein beträchtliches Gewicht – mit Mühe gelang es den vier Männern, sie anzuheben. Sie bestand aus fingerdickem Glas, durch das man nur verschwommen hindurchsehen konnte. Außerdem hatte sie ziemlich genau dort an der Wand gelehnt, wo heute das »Sphärenfenster« fest in die Felsmauer eingelassen war.
    Handelte es sich etwa um eine Art Vorläufermodell der Dämonenpforte, die Marthelm erschaffen hatte? Doch Marian fand keine Gelegenheit, darüber nachzudenken: Julians Knie begannen wie bei einem Krampf zu zittern. Er musste sich mit den Händen an der Wand abstützen, um nicht der Länge nach hinzufallen.
    Seine Seligkeit hat Meister Justus geopfert, dachte der Famulus voller Entsetzen, um diesen Zauber wirken zu können? Also hat mein Lehrherr Lohenkamm doch die Wahrheit gesprochen – und der Großmächtige Meister ist wahrhaftig ein Teufelsbündner, der im Höllenfeuer für seine Freveltaten büßen muss?
    Dann nichts wie weg, sagte sich Julian, um meiner ei genen Seligkeit willen. Denn wer seine Seele einmal an die Hölle verloren hat, bekommt sie niemals wieder!
    Doch die Verwirrung des armen Famulus wurde noch ärger: Seine innere Stimme flehte ihn an, zu bleiben. Hat mein Gewissen mich nicht die ganze Zeit beschworen, schleunigst das Weite zu suchen? Und nun, da ich seinem Rat endlich folgen will, verlangt es handkehrum das Gegenteil!
    Du schaust doch nur zu, Julian, schrie Marian, dagegen kann ja niemand was haben! Und wie willst du denn Schlimmeres verhindern, wenn du jetzt nicht hierbleibst und dir genauestens ansiehst, was Meister Justus und seine Jünger da überhaupt treiben?
    So redete er beschwörend auf Julian ein. Zitternd, mit weit aufgerissenen Augen, stand der Famulus vor der Verliestür und wusste überhaupt nicht mehr, was er machen sollte. Vor oder zurück. Bleiben oder fliehen.
    Die vier Logenbrüder schleppten unterdessen die Glasplatte zu dem Pultgestell über dem Kopf des liegenden Golems. »Eins, zwei – und drei!«, kommandierte Meister Justus. Bei »drei« wuchteten sie das Trumm in die Höhe und ließen es in den Rahmen der Pultplatte sacken. Mit einem Knirschen, das in den Zähnen wehtat, schrammte Glas gegen Metall. Durch das ganze massive Eisengestell lief ein Vibrieren und Stöhnen, als ob es im nächsten Moment zusammenbrechen, die Lehmfigur unter sich begraben wollte – doch die eisernen Stangen hielten stand.
    »Schaut hindurch, Brüder.« Meister Justus war vor die Glasplatte getreten, mit dem Rücken zur Tür. Seine Stimme klang ehrfürchtig. »Habt

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