Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
Vom Netzwerk:
Stadt verlassen hatte. Und das wiederum hieß, dass er jetzt auf der Stelle in sein Bett gehen und in den Schlaf sinken konnte.
    Doch seine innere Stimme wollte nichts davon wissen. Jetzt schlage endlich einmal nach, was Elisha Asmol über die Golems schreibt, ordnete sein Gewissen an. Dann kannst du pennen, Famulus, so lange du willst.
    Julian rieb sich die Augen. Er trottete zu seinem Stehpult und zündete folgsam die Lesekerze an.

38

    Um den Golem zu erschaffen, Erleuchteter, brauchst Du dreierlei: das Pfortenglas, die Formeln, den lebenskräftigen Lehm.
    Das Pfortenglas; genannt auch Sphärenfenster oder Dämonenspiegel. Spiegele die Schatten von Astometh und Ohyrion in Dein Glas. Die Lichtkraft beider Dämonen zusammen, der eine schwefelgelb, blutrot der zweite, flößt Deiner Lehmpuppe Leben ein.
    Die Formeln; geheißen auch Zwingspruch, magischer Ruf. Beginne mit derjenigen für den Lehm, aus dem Adam erschaffen wurde. Dann schreite fort zu dem Ruf, der die Urflut zu bezwingen half. Gehe über zu dem Zwingspruch, der das Sternenfeuer zähmt. Vollende Dein W erk mit der Formel des Odems.
    Der Lehm; auch die Krafterde, Hexenkrume, Teufelsscholle – doch keine Sorge, es ist nichts Höllisches daran. Nichts geschieht, was die Allerhöchsten Mächte nicht vor Dir und anderen Erleuchteten getan. Blutrot soll Deine Erde sein. Nimm sie von einem Ort, den die Menschen seit alters her als wunderkräftig verehren. Einer heidnischen Höhle, einem Hexenhügel, einem urzeitlichen Tempelfleck. Diesem Lehm wohnt die Kraft inne, die Du für den Golem brauchst. Nirgends glückt die Beschwörung leichter als an solchen Orten.
    Doch Obacht, Erleuchteter – leicht ist es, den Go lem zu erwecken. Aber zurück zu den Schatten schicken kann ihn nur derjenige, der ihn erschuf.

    Die Augen des Famulus tränten vor Müdigkeit. Ich begreife höchstens die Hälfte vom Sermon dieses Elisha Asmol, dachte er. Und sogar mit dieser Hälfte ist wenig anzufangen. Wie kann ich mir ein Pfortenglas erschaffen? Wie lauten die Formeln, die ich über der Lehmpuppe schreien soll? Von alledem schreibt er rein gar nichts. Und dann der Lehm selbst, die blutrote Erde … Oh grundgütiger Gott, die will Meister Justus mit seinen Lichtträgern nächste Nacht vom Hexendom holen.
    Er hob seine Linke und schlug den bleischweren Wälzer zu. Es musste schon bald ein Uhr früh sein – nur noch vier Stunden, bis Jungfer Hildegunde an seine Tür pochen würde. Ach, holde Maid, wie erkläre ich dir, was mit deinem Riemchen geschehen ist? Auch der arme Piet fiel ihm wieder ein, während er zu seinem Strohbett rüberschlurfte. Ob sein Freund immer noch durch die Nacht rannte, von den Lichtträgern gejagt? Nein, bestimmt hatte Piet die beiden Schmiede längst abgeschüttelt . Und während sie zu ihrem Meister zurückgekehrt waren, um ihren Misserfolg einzugestehen, lag Piet längst bei Odilo im Stroh und prahlte vor dem armen Freund mit seinen Abenteuern.
    Wahrend Julian dies dachte, hob sich seine linke Hand abermals – doch diesmal, ohne dass er es vorgesehen hatte. Sie fuhr ihm unters Hemd und holte aus seinem Brustbeutel etwas äußerst Sonderbares hervor.
    Bei allen Aposteln, dachte der Famulus, was ist das? Es sah aus wie eine Muschel, oder nein – wie nichts, was er jemals erblickt hätte. Es gefiel ihm nicht, überhaupt nicht, aber vielleicht träumte er das alles hier ja auch nur? Dass seine Rechte sich nun auch noch selbstständig machte. Dass seine beiden Hände gemeinsam an dem unheimlichen Muschelding herumzerrten. Bis es aufklappte, sich in die Länge und Breite auseinanderzog – er hörte sich selbst keuchen, sah seine Hände zittern, so kräftig war das Muschelding, so erbittert versuchte es, sich gegen den Druck seiner Arme wieder zusammenzuziehen.
    Julian spürte einen heftigen Ekel, und dann vergaß er alles andere – Piet, die Lichtträger, die Golems, sogar Jungfer Hildegunde: Für einen kurzen Moment erblickte er im Innern dieses Muscheldings zuerst sich selbst, verschwommen gespiegelt, dann so einen anderen Kerl, der anscheinend tief und fest schlief. Er lag auf einem Gebirge aus Polstern, in einem Zimmer, das ganz aus Holz gezimmert schien. Neben ihm hockte ein Mädchen mit kupfern schimmernden Haaren, das unaufhörlich an seiner Schulter rüttelte. Und wie sonderbar, dieser Bursche hielt genau so ein Muschelding in der Hand wie er selbst.
    »Mabro …«, begann Julian zu murmeln und sträubte sich. Warum soll ich das jetzt murmeln, ich

Weitere Kostenlose Bücher