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Goethe war’s nicht

Goethe war’s nicht

Titel: Goethe war’s nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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gar eine Beerdigung vor der Tür stehen? Hm, dachte Herr Schweitzer, das wäre schlecht, zumal wenn es sich um die eigene handelte. Er mochte keine Beerdigungen, war auch selten auf einer gewesen, doch zu seiner eigenen, das hatte er sich feste vorgenommen, da wollte er auf jeden Fall hin. Alles im Griff auf dem sinkenden Schiff, fiel ihm im fahlen Licht der Küche plötzlich ein. Na gut, gesunken ist noch nichts, beruhigte sich Herr Schweitzer, doch ausschließen sollte man dies nicht.
    Und falls doch alles gut ausgehen sollte, dann, so schwor er sich, lege er mal ein paar Sabbat-Monate ein, um mal wieder so richtig abzuschalten und nur das zu tun, wonach ihm gerade war. Der eine oder andere Leser wird sich an dieser Stelle fragen, inwiefern sich denn so ein Schweitzer’scher Sabbat-Monat vom Rest des Jahres unterscheide. Die Frage ist nicht ganz unberechtigt, kann auf die Schnelle auch gar nicht richtig beantwortet werden. So ist es wohl besser, Herrn Schweitzer nicht darauf anzusprechen. Was auch weder die Kravat noch der Wagner taten, die inzwischen dazu übergegangen waren, gedankenleer vor sich hin zu gucken.
    Und dann plötzlich, wie aus dem Nichts, hatte Herr Schweitzer einen Gedanken, der so aberwitzig war wie eine baldige Meisterschaft der Eintracht; in der ersten Liga, wohlgemerkt. Die zweite Geldübergabe wird gar nicht stattfinden. Das war er, sein Gedanke. Und warum nicht? Weil die mit dem bisher erbeuteten Geld schon über alle Berge sind, darum! Die zweite diente nur dazu, Zeit zu gewinnen, zu nichts anderem. Jawohl, dachte Herr Schweitzer, das ist es! Und wir sitzen hier tatenlos rum und warten auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Kuno Fornet wird bald frei sein, auch ohne die fünf Millionen, da war er sich fast sicher. Fast.
    Natürlich wusste er, dass er sich mit dieser Vermutung bei der anwesenden Bullerei gar arg in Misskredit bringen konnte, was er so ähnlich gerne tat, wie sich erschießen, schließlich hatte Herr Schweitzer einen Ruf zu verteidigen. Ein Ruf, der zwar selten die Sachsenhäuser Stadtteilgrenze überschritt, aber immerhin, es war ein Ruf, ein guter und seriöser obendrein.
    Er zögerte noch ein bisschen, begutachtete seine Idee von allen möglichen Seiten, fand auch ziemlich stichhaltige Gegenargumente, doch dieser sich in seinen Hirnwindungen einfräsender Gedanke ließ einfach nicht locker, hatte sich wie eine Zecke festgebissen. Seines Erachtens sollte man diese Möglichkeit, so seltsam sie einem auch vorkommen mag, nicht einfach so vom Tisch wischen. Herr Schweitzer schüttelte sich einmal kurz, als wolle er sich wie ein Hund vom Regen befreien, und sagte mit nicht ganz fester Stimme: „Hört mal her.“
    Sylvia Kravat und Dieter Wagner waren ob der unerwarteten Worte in der Stille der Küche ein wenig erschrocken, lenkten ihre Blicke jedoch unverzüglich auf Herrn Schweitzer.
    „Also, ist nur so ein Gedanke, versteht mich da bitte richtig“, begann er vorsichtig. „Aber was ist, wenn die zweite Geldübergabe bloß ein Trick ist? Ein Trick, um Zeit zu gewinnen. In Wirklichkeit sind die Entführer mit der halben Million schon längst weiß der Geier wo und teilen uns nachher nur noch lapidar mit, in welchem Loch sie Kuno Fornet versteckt halten.“
    Dieter Wagner nickte bedächtig mit dem Kopf. Dann strich er mit der rechten Hand über seinen Dreitagebart. „Tja, Herr Schweitzer, so ähnliche Gedanken sind mir auch schon gekommen.“
    Aber, dachte Herr Schweitzer, aber was?
    Und so kam es auch vom BKA-Leiter: „Aber, warum haben die dann beim ersten Mal nur so wenig Geld gefordert, relativ betrachtet?“
    Der Sachsenhäuser Detektiv hatte schon die Antwort parat, doch Dieter Wagner kam ihm zuvor: „Weil die erste Lösegeldforderung Kuno Fornet selbst aufbringen konnte. Ohne Polizei, versteht sich. Und die zweite Rate dermaßen hoch ist, dass man sich ja denken kann, dass die Bullen einbezogen werden.“
    „Da könnte was dran sein“, bestätigte Sylvia Kravat.
    „Wo könnte was dran sein?“, fragte Oberkommissar Schmidt-Schmitt, der überraschend seinen Kopf zur Tür hereinsteckte und sich den Schlaf aus den Augen rieb.
    In Kürze wurde er von Dieter Wagner über ihre Gedankengänge aufgeklärt.
    „Wenn dem so ist“, erklärte daraufhin Schmidt-Schmitt überraschend klarsichtig, wenn man bedachte, dass er gerade erst aufgestanden war, „hieße das ja, dass die Entführer wissen mussten, wie viel Kohle der Kuno Fornet ad hoc hatte aufbringen können. Und das wiederum

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