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Goethe war’s nicht

Goethe war’s nicht

Titel: Goethe war’s nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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gewappnet. Fehlte nur noch eine Schneebrille, dachte er leicht amüsiert, als er sich im Spiegel erblickte. Dann steckte er sein Privathandy in die linke und das Entführerhandy in die rechte Jackentasche und hoffte, dass er sie nicht in der Hektik verwechselte.
    Dieter Wagner trug den Koffer, als sie das Haus verließen. „Hier, Herr Schweitzer, der Schlüssel. Denken Sie daran“, mit einem schelmischen Grinsen versuchte er, der Situation die Schärfe zu nehmen, „keinen Gang reinzuhauen, es ist ein Automatik, so wie Sie es sich gewünscht haben.“
    „Okay, ich werde versuchen, den Wagen wieder heil abzuliefern.“
    „Sehen Sie lieber zu, dass Sie und die Geisel wohlauf nach Hause kommen.“
    Herr Schweitzer drückte auf den mattschwarzen Schlüssel. Die Zentralverriegelung reagierte sofort. Dieter Wagner legte den Koffer auf den Rücksitz.
    Schmidt-Schmitt stand verlegen daneben, wusste nicht, was er in einem Augenblick wie diesem sagen sollte. Glückauf? Waidmanns Heil? Auch wenn’s blöd klang, er entschied sich nebst einem Schulterklopfen für: „Simon, sieh zu, dass du wieder gesund nach Hause kommst. Sachsenhausen wäre ohne dich ziemlich langweilig.“
    „Unkraut vergeht nicht“, antwortete der Geldbote. „Außerdem haben wir schon ganze andere Probleme gelöst, gelle, Micha? Bis nachher.“ Herr Schweitzer stieg ein.
    Dieter Wagner: „Und wenn Sie zufällig den schwarzen BMW da vorne in Ihrer Nähe sehen, das bin ich, Schmidt-Schmitt und zwei meiner besten Männer. Wir werden Ihnen in einem gebührenden Sicherheitsabstand folgen, aber nicht eingreifen, sofern die Situation nicht eskaliert. Alles klar?“
    „Alles klar“, bestätigte Herr Schweitzer, zog die Tür zu, schnallte sich an und drehte den Zündschlüssel. Es war momentan nur ein leichter Nieselregen. Er schaltete den Scheibenwischer an und fuhr los. Zwanzig Minuten vor drei. Reichlich Zeit noch. Im Rückspiegel konnte er die Silhouetten der zwei Polizisten ausmachen.
    Wie nichts anders zu erwarten, stand um diese unchristliche Uhrzeit kein elfenbeinfarbenes Taxi auf dem Halteplatz. Die paar hier in der Nähe ansässigen Firmen hatten nachts geschlossen und es waren keine Fahraufträge zu vergeben. Nur Anfänger würden hier um kurz vor drei Uhr morgens ihr Glück versuchen. Herr Schweitzer wendete und stellte sich an die letzte Position. Nur für den Fall, dass tatsächlich noch ein Taxi auftauchen sollte.
    Kaum hatte er sich vom Sicherheitsgurt befreit, ertönte die Melodie vom Sandmännchen. Sein Handy. Eine SMS. Linke Jackentasche. Es war eine Nachricht von Maria. Aha, dachte Herr Schweitzer, noch jemand, der in dieser Nacht kein Auge zutat. „Hau rein, Schatz“, las er. „Denk dran, heute Abend gibt’s leckeres Pollo als Belohnung. Ich liebe Dich. Maria.“
    Herr Schweitzer seufzte schwer. Eine zehrende Sehnsucht überfiel ihn. Liebend gerne wäre er jetzt bei seiner Freundin im kuschelig warmen Bett. Aber so ist das halt im Leben, dachte er, mal geht’s bergauf, mal bergab. Momentan ist’s aber mehr so eine Art Schwebezustand, keiner weiß, welche Richtung das Schicksal einschlagen wird. Außer vielleicht dem Schicksal selbst, doch dieses hielt sich wie immer bedeckt.
    Durch die schlierigen Scheiben sah er einen schwarzen BMW mit abgedunkelten Seitenfenstern den Hainer Weg runterfahren. Herr Schweitzer schaute in den Rückspiegel, bis sich die roten Lichter in der Nacht verloren. Es war beruhigend, gestand er sich ein, Dieter Wagner und sein Team in der Nähe zu wissen. Er sah auf die Uhr. Noch zehn Minuten. Wenn sie pünktlich waren. Wenn! Aber vielleicht passierte ja auch gar nichts. Wenn seine Theorie stimmte, dass die Entführer schon längst ihre Schäfchen im Trockenen wähnten. Wenn!
    Er schaltete das Radio ein. Quatsch, dachte Herr Schweitzer, ich muss mich doch auf das Handy konzentrieren. Er drückte erneut den Knopf und die Musik verstummte. Stattdessen holte er das Telefon aus seiner Jackentasche und legte es auf den Beifahrersitz. Jetzt bloß keinen Mist bauen, maßregelte er sich.
    Drei Uhr, nichts passierte.
    Eine Minute später schüttelte Herr Schweitzer bereits mit dem Kopf. Hab ich doch Recht gehabt, die Entführer sind schon längst dabei, das Geld zu verprassen. Sitzen gemütlich in irgendeiner Nachtbar irgendwo in Deutschland und lachen sich ins Fäustchen ob dieser vertrottelten Bullen. Wahrscheinlich schicken die gleich eine SMS, in der sie uns mitteilen, wo man den Herrn Kuno Fornet aus seiner

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