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Goethe war’s nicht

Goethe war’s nicht

Titel: Goethe war’s nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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gehörte zu den Stammgästen auch ein Taxifahrer. Denn die Erfahrung hatte gelehrt, dass ein außer Rand und Band geratener Buddha Semmler von dem einen oder anderen Chauffeur mit dem Hinweis abgelehnt werden konnte, Taxifahrer seien nicht dazu da, sich ihren Wagen vollkotzen zu lassen. Bertha rief Ferdi S. auf dessen Handy an.
    Zehn Minuten später war die fragile Fracht verstaut. Und zwar, zur Überraschung aller, ohne lautstarke Proteste – Buddha Semmler schlief nämlich schon im Stehen. Zusammen mit Herrn Schweitzer hatte Ferdi ihn heil über die Stufen hinunter zum Taxi bugsiert. Da machte es auch nichts, dass der Ebbelweikellner seine Adresse nicht mehr artikulieren konnte. Ferdi S. wusste, wo der Kandidat wohnte. Im Gallus.
    „Puh, das hätten wir geschafft“, stöhnte Herr Schweitzer erleichtert, als er wieder seinen Hocker erklomm. „Menschenskinder, reife Leistung vom Semmler.“
    Anderthalb Stunden später hockten sie immer noch alleine im Weinfaß und Herr Schweitzer wurde unruhig. Nicht dass er sich danach sehnte, demnächst den Geldboten spielen zu müssen, doch irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, hier unten vom allgemeinen Informationsfluss im Anton-Burger-Weg abgeschnitten zu sein. „Du, Maria, ich mach mich besser wieder hoch. Ich komme mir hier vor wie auf dem Abstellgleis.“
    „Ich wundere mich sowieso schon die ganze Zeit, wie du so relaxed sein kannst. Ich an deiner Stelle hätte mächtig Hummeln unterm Hintern.“
    „Hab ich ja auch. Außerdem sollte ich eh nicht mehr als zwei Gläser trinken.“
    „Na dann hau rein, Schatz. Und sieh zu, dass alles glatt über die Bühne geht. Du weißt ja, morgen Abend gibt’s Pollo catalán zur Belohnung.“
    Wiederum wurde Ferdi S. herbeizitiert.
    Ein Regenschauer jagte den nächsten, als Herr Schweitzer mit in sich gekehrtem Blick durch seinen nächtlichen Stadtteil kutschiert wurde. Die Scheibenwischer kämpften mit den Elementen und die monotone, fast schon kontemplative Geräuschkulisse tauchte die Welt außerhalb des Fahrzeugs in ein irreales Licht und übertünchte sämtliche Gefahrenaspekte dessen, was in Bälde auf ihn zukommen könnte. Zwar fürchtete er ohnehin weder Tod noch Teufel, doch wenigstens ein mulmiges Gefühl wäre der Situation angebracht gewesen. Aber so war er halt, der Herr Schweitzer. Er fügte sich in sein Schicksal, an dem eh nichts zu ändern war.
    Im Anton-Burger-Weg herrschte eine schaurige Stille. Schmidt-Schmitt lag auf der Couch und machte ein Nickerchen, indes Krause, Sylvia Kravat und Dieter Wagner in der Küche saßen und sich flüsternd im gedämpften Licht einer Stehlampe unterhielten, als Herr Schweitzer eintrat.
    „Was ist hier denn los? Man könnte meinen, ihr hättet Angst vor versteckten Mikrophonen“, sagte er leichthin.
    Der BKA-Leiter lenkte bedächtig, fast wie in Zeitlupe, seinen Blick auf den Neuankömmling und schlug sich dann umso vehementer an die Stirn. „Mist! Daran hätte ich denken müssen, ich Depp.“
    „Äh“, hakte Herr Schweitzer nach, „an was hätten Sie denken müssen?“
    „Versteckte Mikrophone, verflucht noch mal! Das wäre immerhin eine Möglichkeit, warum die Entführer immer so gut Bescheid wissen, was hier abgeht.“ Dieter Wagners Augen irrten sekundenlang durch den Raum, ehe er resigniert mit der Hand abwinkte. „Aber nach solchen Dingern zu suchen, dafür ist es jetzt sowieso zu spät.“ Demonstrativ sah er auf seine Armbanduhr. „Und, Herr Schweitzer, wie fühlen Sie sich? Alles in Ordnung mit Ihnen?“
    „Na ja, wie man’s nimmt. Ich wäre froh, es wäre schon morgen Mittag.“
    Sylvia Kravat: „Kann ich verstehen. Geht mir ähnlich. Obwohl ich das Gefühl habe, nicht mehr wirklich gebraucht zu werden. Fabiana ist ziemlich stabil, seit ihr Sohn wieder frei ist. Was mit ihrem Mann passiert, scheint ihr eher gleichgültig zu sein.“
    „Wo sind eigentlich Fabiana und ihre beiden Söhne?“, wollte Herr Schweitzer wissen.
    „Gilberto und Paolo wollten was essen gehen“, antwortete Dieter Wagner. „Runter zum Inder. Fabiana ist im Keller Wäsche waschen. Sagte, das täte ihr jetzt gut.“
    Plötzlich hörten sie die Haustür und Krause kam aufgeregt herein. In der Hand hielt er ein Handy, das er seinem Chef reichte. „Herr Wagner, wir haben endlich eine Verbindung zu Linus Stranz. Er ist am Apparat.“
    Ja schläft der denn nie?, fragte sich Herr Schweitzer, als er in Krauses Antlitz schaute. Dunkle, fast schwarze Schatten unter dessen Augen zeugten von

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