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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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hinüberschauen. Die heutigen Briefe beweisen, was ich lange schon ankündigte: die Niederlage drüben ist faul!« – »Oder sind Sie zu eiliger Rückkehr gezwungen?« beugte sich der Hausherr – »ist er taub geworden?« fluchte der Buchhalter – zum zweitenmal hinüber zum Fremden. – »Nicht gezwungen,« gab dieser lächelnd zur Antwort. »Aber zugelassen! Glauben Sie mir: käme es auf meinen Wunsch allein an, . . . .« – da, wie das Feuer ohne Scham, ohne Reu aus der Glut bricht, lohte das Auge der Jungfrau vermessen empor. »In Phäa,« rief sie, riß die zweite Rose aus der Vase und steckte sie sich an den Busen, »waltet das Schicksal, wie die Götter es senden!«
    »Taormina aber,« begann wie träumend, mitten drin noch im ratlosen Schweigen, der Hausherr, »sollten Sie doch sehen?«
    »Ich habe,« fuhr er, weil das Schweigen hartnäckig weiterschaukelte, noch verlegener fort, »in Taormina ein kleines Casino. Gehe ich nun, um Herrn Castro zu folgen, Anfang Mai etwa hinüber . . . . . .«
    In einem Blitz von Blick, Flamme, trafen sich Fremdling und Jungfrau.
    »Nicht Anfang Mai!« schoß der Buchhalter wütend auf; er hatte den Blitz erhascht. »Morgen oder übermorgen muß es sein, soll es Sinn haben!«
    »Wenn ich also etwa zu Anfang Mai hinübergehe,« beharrte wie Stein der Hausherr, »werden Sie dann noch auf der Insel weilen, Herr . . . . Herr . . .?«
    »Wir wissen nämlich noch immer nicht,« hob die Hausfrau lächelnd ihr Haupt, »wie wir Sie nennen dürfen?«
    Der Fremde, als ob ihn ein Schlag getroffen hätte, senkte den Blick. Aber ehe er ihn wieder aufrichten konnte, rauschte es von der Tür her, und mit einem Sprung war die Jungfrau vom Sessel. »Don Carlo!« jauchzte sie und es jauchzte das Meer mit, der Raum mit, das Licht und die rosenduftzitternde Luft mit. »Don Carlo! Benedetto, che viene! «
    Hoch, im langen, schwarzseidenen Priestermantel, der wie von Winden geweht den feurigen Schritt umflog, trat der Gekommene an ihre Seite unter die Aufgestandenen. Ehrfürchtig, aber mit der Vertrautheit, die Blutsverwandtschaft einmischt, begrüßten ihn die Eltern. Mit Bücklingen, die kriechende Abhängigkeit biegt, die Freier. Aber das Auge Don Carlos, umso funkelnder über der Adlernase, je silberner das Haar unter dem Käppchen quoll, übersah die einen wie die anderen. Als ob unsichere Erinnerung mehr, als geheimes Gefallen das scharfgeschnittene Gesicht anlockte, fragte es über die bekannten Mienen hin unerbittlich die unbekannte, die ihm reglos entgegenblickte, und lächelte immer gieriger, je länger es fragte.
    »Ein Herr aus Deutschland,« stellte endlich der Vater vor, »der auf seiner Reise durch Sizilien unserem Hause die Ehre gab.«
    »Eigentümlich!« Und noch nackter prüfte das herausgeforderte Auge. »Es ist mir, als sähe ich dies Gesicht nicht zum erstenmal. Kommen Sie aus Preußen, Sachsen, Bayern oder Schwaben?«
    »Er wird nicht gefragt, befehle ich!« stampfte der Jungfrau Stöckelchen in den Terrazzo; des Fremdlings zweites Zusammenzucken war ihr nicht entgangen. »Der hochwürdige Oheim wird uns jetzt erzählen,« – und ohne sich im geringsten um sein Lächeln zu kümmern, faßte sie ihn am Mantelsaum und zog ihn ihr nach – »von Syrakus, von der Welt und seinen Erlebnissen, und seinen Sorbet dabei schlürfen!«
    »Mein Schwager ist nämlich viele Jahre dem Nuntius in Dresden zugeteilt gewesen,« flüsterte der Hausherr, während die Tafel sich zu den Thronsesseln an der Querwand verzog, dem Fremdling hinüber.
    »Haben Sie mir nicht ein Amulettchen der heiligen Lucia mitgebracht?« fragte die Hausfrau, schwesterlich stolz beide Hände auf dem Ärmel der Soutane.
    »Heiß mag es gewesen sein drüben?« fiel heiser der Diskant des Buchhalters ein.
    »Und dann stinkt es in Syrakus!« gab der Commissar ebenso heiser dazu; auch er hatte Furcht vor dem Jesuiten.
    »Waren Sie schon in Syrakus?« fragte Don Carlo den Fremden, ohne die Fragen beantwortet zu haben.
    »Nein, ich komme von Palermo.«
    »Und?« Er vermochte die Begierde, diesem deutschen Gesicht auf sein Geheimnis zu kommen, nicht mehr zu verstecken; »wie weiter?«
    »Wie die Götter es schicken!« erklärte ohne Pause die Jungfrau.
    »Oho?«
    »Was?« Zur gleichen Zeit beide schnellten sie von ihren Sitzen auf, der Buchhalter und der Commissar. »Den ganzen Abend, heute, redet die Signorina von den Göttern!«
    »Es ist aber nicht jeder Abend wie dieser?« beugte sich beschwichtigend die

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