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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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gefordert!«
    Geradezu bedientenhaft blitzschnell, und ohne zu wissen, wie automatisch er gehorchte, schlich er ans Fenster, neigte sich in strahlend vollendeter Konvention hinab auf die tobende Schar. »Hoch!« stürmte der Chor. » Evviva! Evoë! Salve! « Ganz Karlsbad schien zu rufen, die Arme zu heben, die Augen emporzuschicken, so raste, trommelte, schillerte das vielfarbige Volk. »Und bist du nicht willig, sofort . . . . . . . . .?«
    Atemlos, ohne noch eine Sekunde länger zu zögern, flog er die Treppe hinab.
    Als er gegen vier Uhr nachmittags heimkam, sah er um zehn Jahre älter aus. Nichts mehr als fressende Scham stand im Gesichte. »Oder bin ich das goldene Kalb?« schrie er, während ihm die Tränen der Vernichtung über die verzerrten Wangen herabrollten, in die grinsend leblosen Wände hinein; »oder ein Hanswurst? Wer sagt mir's?«
    Ungeheures Schweigen. Schweigende Masken im engen Viereckraum. Falsche Mummenschanztöne unter den Füßen, die wie bewußtlos die Diele traten. Erlogene Gebärden in jedem Stehen, Liegen, Sitzen der Dinge. Theater!
    »Oder lieben mich diese ahnungslosen Mördergruben der Freunde wahrhaftig so, wie sie weihräuchernd vorgeben? Und ich sie wahrhaftig so, wie ich mit Rührungsblick, salbungsvollem Händedruck und Seufzen, mich anwolken lassend, es ihnen zurückgebe?«
    Gleichgültigstes Schweigen! War das Grüne dieser Bäume draußen in Wahrheit Blaues? Lebten diese gondelnden Zweige, diese zimtbraunen Dächer ein habgierig verborgenes, mit Wedeln und Blinken überdecktes Sinn-Dasein? Und die Wolken im Himmel?
    Jedenfalls, irgendwo in den Verhülltheiten dieser verschleierten Himmel saß der Funke des Strafgerichts – blitzesammelnd! Und wartet!
    »Und wartet!« Er saß lange schon wieder vorm Tische, es war lange schon Abend geworden, die Grimasse dieses Tages lange schon wieder abgelöst gnädig von versöhnender Folge, und er sagte es noch immer, mit fluchender Stimme, vor sich hin: »Und wartet!« O! Er hatte die artigsten Komplimentchen gemacht, wie eine Pagode genickt, gläubig wie sein eigenes Denkmal dagestanden, causiert, scharwenzelt, geflirtet, nach dem schwarzen Kaffee in der Garderobe die Lanthieri, zehn Minuten darauf, in derselben Garderobe, auch noch Henriettchen von Assebourg geküßt. »Jawohl!« Diabolisch verzog er die Lippen. »Die Frauen lieben die verlassenen Gemächer hinter lauten Banketten. Und sie lieben die Dichter. Ohne zu wissen, warum. Aber wir wissen es! Weil wir, in dieser Beziehung, eine verdammte Ähnlichkeit . . . . . .«
    » . . . . . . mit den Komödianten haben! Jawohl!«
    Von diesem Augenblick an, wie ein entlebter Leib, eine hartholzgeschnitzte Puppe, ohne noch die Stube zu verlassen, arbeitete er bis an den Abend des zweiten September. Es schraubte sich von unten, von der Straße herauf, der müde Ruf eines todmatt heimtrottenden Weibes: »Tau–beer!«, als er sich gemessen erhob.
    »So! Das war getan!« Ohne für jeden Handgriff mehr als die genau dazu nötige Weile zu verwenden, verpackte er die vier abgeschlossenen Bände der »Gesammelten Schriften« und siegelte das Paket. Aber kein zufriedener Atemzug verließ die zäh geheim vorbereitete Brust. Denn erst jetzt kam das Letzte! Das Schwerste! Ohne Umweg, kurz nach acht Uhr, holte er Herdern ab. Herder war erstaunt. Sie spazierten erst lange vor dem Kreuzbrunnen auf und nieder. Dann zogen sie sich – da war es bereits stockfinster – in ein Rondell der Anlage dahinter zurück und ließen sich auf einer Bank nieder. Noch mehr erstaunte Herder. Nach beiderseitig unsicherem Schweigen begannen sie über die Kur zu reden. Umständlich. Herdern verursachte das Wasser Leberbeschwerden. Goethe klagte über seinen ganz miserabelen Darm. Von neuem Schweigen. Auch lange. Aber wieder brach es Goethe. Vorsichtig näher heranrückend an den nun fast furchtsam Verblüfften, fragte er, wie es mit der Berufung nach Hamburg stünde? Der Herzog habe ihm vor dem Weggehen ausdrücklich versichert, er werde tun, was er könne.. Wie eine Rakete stieg Herder sofort. Also das war der Zweck dieses Nachtbesuches? »Fürstenwort ist Fürstenwort!« tobte er. »Und betteln tue ich nicht!«
    »Ich fürchte nur, du würdest dich überall gleich unwohl fühlen, wie in Weimar.«
    »Du, allerdings, kannst dich in alle Verhältnisse finden!«
    »Ich bin ein durchaus bejahendes Individuum!«
    »Und ich keine Kompromiß-Natur!«
    »Du wärest mit dir und der Welt vollkommen zufrieden,

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