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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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Zeichen, auf ihre Plätze zurück. Im Vatikan, der sich genau vor den Fels des Kolosseums gestellt hatte, war das Tor aus dem Damasushofe aufgegangen. Zwei Männer, während die Statuen demütigen Gehorsams ihr Los erfüllten, Balustrade zu sein, stiegen bedächtig in den Campo Vaccino nieder und fegten ihn gierig, mit ungeheuren Besen, zur blanken Tafel aus. Hatten diese wilde Arbeit gerade beendet, als aus der damastüberhangenen Pforte neben der Scala regia ein Heer von Pagen, Dienern, Läufern, Chorknaben in den Zirkus floß, sich vor den zwei Männern zum Halbkreis scharte und, Flamme auf den Lippen, sie zum Werk aufrief. Die zögerten noch. Mit ruhig ausgestrecktem Finger wies der Ältere von ihnen, ein finster hoher Graubart mit zerbrochenem Nasenbein, nach dem Chor von Malern hin, die, als wären sie von Urbeginn schon hier und nur noch nicht bemerkt gewesen, an der Arbeit saßen. Fleißig, wortlos, fern diesem Augenblick, malten sie Gemälde um Gemälde zum üppigen Teppich, der in ungebrochenem Prunk von den Füßen der Götter und Heroen hinab ins Feld, knapp bis an den Rand des sorgsam ausgesparten Mittelraums im Felde rann. Frà Angelico, Giotto, Sandro Botticelli, Filippino Lippi, Domenico Ghirlandajo, Cosimo Roselli waren das; und Luca Signorelli, Perugino, Pinturicchio und Melozzo da Forlì. Von Blitz zu Blitz des fremden Auges, das ohne jede Pause weiterschuf, belebter, in jedem ihrer wunderbaren Steine ruhiger und klarer schauten die Tempel, Kirchen und Ruinen zu; von Strahl zu Strahl beseelter und entfesselter die Statuen, deren volle Ewigkeit kein Antrieb mehr, zeithaft lebendig aufzuzucken, noch versuchte. Bis die Maler, mit einer einzig einigen Bewegung, Palette und Pinsel weggetan, vom fertigen Werke weggetreten, nach tiefer Beugung vor den zwei geduldig Wartenden auf schnellen Treppen durch rasch bereite Tore aus der Mauer zogen. Nun trat entschlossen Michelangelo in die Arena. Ein sanftes Lächeln, – lächelnd folgte Raffael. Dicht beieinander, in der Mitte des freien Felds, schienen sie, mit zweifelndem Blick nach Norden hin, zu fragen: und unser Dritter? Da stieg, Leuchtampel niegesehenen Lichts, der volle Mond vom Turm des Kapitols auf in die Himmelshöhe. Schaukelnde Weile, tatenlos und bang wie Morgengrauen, schwang durch die Luft. Ein Schrei jedoch, – woher, und was begehrt er? – und Michelangelo und Raffael malten! In atemloser Gier! Aus Nichts wuchs unter ihren kaum bewegten Händen, die nicht zu ahnen schienen, was sie taten, Bild auf Bild. Gesprengt zerbrach der Raum, der sie empfing, die Maße. Mond und Sternen untreu, in luziferisch fahle Tiefe stieg der Himmel, lautlos verschmälert schwebten Gott und Götter nieder. Mit Knall und Beben barst die Erde; wie Blut, das gurgelnd aus entladenen Brunnen quillt, spie sie in unaufhaltsam schießender Geburt das Schicksal – jedes Schicksal – aller ihre Kinder aus. Blöd hingezwungen stand der Ring der Tempel, Kirchen und Ruinen. Wie Väter, die ihren heißgeliebten Geist im Antlitz ihrer Kinder wiederfinden, mit neidlos rundem Blick die Statuen. Bis – Saite, die der Gier des Streichlers nicht mehr widersteht, – Apoll den Bogen sinken ließ, sich mit verzücktem Leibe weit nach vorne riß und weit hinausrief: » Ecce Roma! « Im selben Augenblick: Galopp von Rössern, Trommel und Posaunen! Die Mauer rundum wird von Lärm berast. Ein Backstein, bröckelnd, bricht aus ihr. Das Loch wird Bresche. Ein Rappe, sporngehetzt, springt über. Legionen stürzen toll herein. Die Bresche wird zum Tor, das aufklafft. Gewälze, Wogenprall, und Schwall auf Schwall: das Volk! Noch immer Volk! Mit Kindern klettern Greise; Hirten mit Gesalbten. Noch immer Volk! Gequetscht von Volk und Volk und wieder Volk, halb lächelnd: Romulus und Remus mit der Wölfin; die Könige, die Senatoren, Konsuln; die Zäsaren, Päpste; in wildem Zickzack, sorglos Arm in Arm, empörter Pöbel, Sklaven und Barbaren; Blutzeugen, Hohenstaufer, Pilger, Ritter, Mönche. Und alle, rasend: » Ecce, ecce Roma! « Kein Stein mehr schweigt. Der Raum bricht auf. In Wucher steigt rings um den Zauberkreis Zypressenturmwand, Pinie schaukelt dunstblau, der Zedern Fächeln weckt die Rosen auf, von Simsen klettert Ginster, säulenauf der Mohnbrand, aus jäh gespaltner Höhe sinkt der Urlaut, – und Urlaut, Frühling, Zauber, Paradies, in eitlem Einklang jauchzen sie zum Aug, das sie gepeinigt anstarrt: » ecce, Roma! «
    »Fort!« Klappernd sprang er auf. »Fort! Fort von

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