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Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Titel: Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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Junge‹ – so nannte er mich schon sehr lange,
seit mein Vater gestorben war und Onkel Leo von seinem Bruder unausgesprochen eine
gewisse Verantwortung für mich übernommen hatte. Und ich mochte es.
    Tante Gesa umarmte mich. Als sie
meine Kunststoffschale am linken Arm befühlte, meinte sie: »Ganz schön hart. Aber
aus Plaste, so was gab’s früher nicht!«
    Das war einer ihrer typischen Vergleiche
mit vergangenen Zeiten, wobei man nie wusste, welches Früher sie eigentlich meinte,
die DDR-Zeit, die Kriegszeit oder ihre Jugend in Ungarn.
    »Das stimmt, Tante Gesa«, entgegnete
ich mit leichtem Grinsen, »früher gab es allerdings auch keine Handys!«
    »Sei nicht so frech, Hendrik!«,
rief sie lachend und stieß mir ihren Ellenbogen in die Seite.
    Alle waren um mich besorgt und bugsierten
mich auf einen bequemen Terrassenstuhl. Ich durfte meine Beine hochlegen und Benno
brachte ein paar Flaschen kühles Ehringsdorfer. Während Tante Gesa das Mittagessen
vorbereitete und Benno die Grillkohle anzündete, setzte sich Onkel Leo zu mir. Es
dauerte eine Weile, bis er es sich bequem gemacht hatte, seit einem Mähdrescherunfall
in jungen Jahren hatte er ein steifes Bein. Wir stießen auf meine Gesundheit an.
Nach einer Woche U-Haft und Krankenhaus schmeckte das Bier so gut, als sei ich von
einem einjährigen Wüstentrip zurückgekehrt. Ich lehnte mich zurück.
    Onkel Leo rückte seine große Hornbrille
zurecht. »Du siehst blass aus und schmal bist du geworden, stimmt’s, Benno?«
    »Allerdings!«, rief Benno vom Grill
herüber.
    »Abgesehen von dem Unfall – was
ist los mit dir, Hendrik?«
    Ich hob die Schultern. »Ach, nichts
Besonderes …«
    »Hendrik, bitte!«
    »Na ja, es ist eben eine bedrückende
Erkenntnis, dass es einen Menschen gibt, der mich ins Gefängnis bringen will, und
einen anderen Menschen, der mich nicht heiraten möchte.«
    »Mann, Hendrik …« Benno war vollkommen
perplex. »Was hast du denn zu ihr gesagt?«
    »Na, was soll ich schon gesagt haben,
ich hab sie gefragt, ob sie mich heiraten will, was denn sonst!«
    »Wo?«, fragte Onkel Leo.
    »Was meinst du?«
    »Ich meine: Wo hast du ihr den Antrag
gemacht?«
    Ich sah ihn verblüfft an. »Im Krankenhaus.«
    »Im Krankenhaus?«
    »Ja klar, da komme ich doch gerade
her …«
    »Was hattest du dabei an?«, fragte
Onkel Leo.
    »Einen Bademantel.«
    »Einen Bademantel?« Er schüttelte
den Kopf. »Und – Rosen?«
    »Ja, klar, eine gelbe Rose …«
    »Eine gelbe Rose?«
    In diesem Moment rief vom Garten
her eine bekannte Stimme: »Hallo, Herr Nachbar, danke für die Einladung!«
    Ich drehte mich um und sah Rechtsanwalt
Franke die Terrassentreppe heraufkommen.
    »Nanu, was machen Sie denn hier?«,
fragte ich.
    »Ich wohne nebenan, Gesa, Leo und
ich kennen uns schon viele Jahre … wie viele Jahre, Leo?«
    »Ungefähr 20«, brummte Onkel Leo,
immer noch sehr nachdenklich.
    »Und was soll jetzt hier stattfinden?«,
fragte ich.
    »Pass auf, Hendrik«, antwortete
Benno, »wir machen uns Sorgen um dich. Lagebesprechung – verstehst du?«
    Ich hob die Hände. »Also gut.«
    »Wir warten nur noch auf Sophie«,
erklärte er.
    Es blieb dabei – mein Leben wurde
vor mir hergetragen und ich lief ihm nach.
    Die Klingel schellte. Kurze Zeit
später erschien Tante Gesa auf der Terrasse, aber nicht mit Sophie, sondern mit
einem Mann, Mitte bis Ende 50, dessen Uniformjacke an ihm hing, als sei sie zwei
Nummern zu groß. Er hielt einen Brief in der Hand.
    »Hallo, Herr Kessler«, begrüßte
er ihn gut gelaunt und rannte sofort auf Onkel Leo zu, »hier ist ein Einschreiben
für Sie, das wollte ich Ihnen sofort bringen, kann ja wichtig sein, kommt schließlich
vom Versorgungsamt, da gibt es ja Fristen, die eingehalten werden müssen und …«
    Onkel Leo hob die Hand. »Danke,
Baumert, ich weiß Ihre Bemühungen zu schätzen, geben Sie her!«
    »Hier, Herr Kessler, oh, leider
habe ich gerade keinen Stift …« Er drehte sich um. »Liebe Frau Kessler, hätten Sie
vielleicht einen Kugelschreiber?«
    In diesem Moment trat Sophie durch
die Tür. »Natürlich habe ich einen Kuli, hier, bitte schön!«
    Sophie ist eine attraktive Frau
mit dunklen kinnlangen Haaren und großen dunkelbraunen Augen.
    Baumert war beeindruckt. »Äh, ja,
danke …«
    Onkel Leo unterschrieb, und bevor
Baumert sich wieder erholt hatte, zog Tante Gesa ihn am Ärmel ins Haus.
    Ich sah Dr. Franke an. »Der Dampfplauderer?«
    »Genau!«, grinste er.
    »Woher kennt ihr Baumert?«, fragte
Onkel

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