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Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Titel: Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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Frauenstimme.
    Ich drehte mich überrascht um. Sie
nahm den Helm ab. Lange blonde Haare fielen heraus. Dieses Gesicht …
    »Ich bin’s, Nicole!«
    »Meine Güte, Nicole …« Ich versuchte,
sie zu umarmen, doch mit all ihrer Ausrüstung war das kaum möglich.
    »Sechs Jahre sind eine lange Zeit«,
sagte ich.
    Sie lächelte. Nun erkannte ich sie
wieder, sah ihr Lächeln vor mir, mehr ein angedeutetes Lächeln, das aus den Augenwinkeln
kam, diskret und selbstbewusst. Damals gab sie mir damit ein Zeichen. Ein Zeichen,
das mir sagen sollte: Wir schaffen das, wir holen Hanna dort heraus, aus der Gewalt
von Jens Werner Gensing.
    »Wir haben uns doch damals geduzt,
oder?«
    »Stimmt«, antwortete sie, »Entschuldigung!
Was ist mit deinem Arm passiert?«
    »Ausgerutscht, glatter Bruch, muss
nur wieder zusammenwachsen.«
    »Es muss zusammenwachsen, was zusammengehört.«
Sie lächelte.
    »Genau.« Ich sah wieder auf die
Bilder.
    »Kendo«, sagte sie.
    »Wie bitte?«
    »Hier, auf den Fotos, das sind Kendo-Kämpfer.«
    Ich winkte Siggi herbei. Professionelle
Begrüßung zwischen ihm und Nicole. Alles fit? Klar, Herr Hauptkommissar.
    »Und diese … Stöcke?«, fragte ich.
    »Das sind Kendo-Schwerter, aus Holz,
sehr gefährlich, wenn man damit umgehen kann. Und wenn man es darauf anlegt: tödlich!«
    Siggi telefonierte mit seinem Büro.
Alle Kendo-Schulen in Thüringen kontaktieren, nach Rico Grüner fragen. Seine Anweisungen
waren klar und präzise.
    »Nicole, erzähl mir bitte mehr von
diesem Kendo, was ist das Wesen, wo kommt es her?«
    »Ein japanischer Kampfsport. Wenn
dieser Rico Grüner schon länger dabei ist, dann hat er Ausdauer, Konzentration und
geistige Wendigkeit gelernt. Oder anders gesagt, er wurde geschult, die vier Todsünden
des Kendo zu überwinden: Angst, Zweifel, Überraschung und Verwirrung.«
    Ich war beeindruckt. »Woher weißt
du das alles?«
    »Gehört zu unserer Ausbildung.«
    Das SEK könne jetzt abziehen, rief
Siggi.
    Nicole setzte ihren Helm wieder
auf. »Auf Wiedersehen, Herr … Hendrik. Und viele Grüße an Hanna!«
    »Danke. Ach, Nicole …«
    »Ja, bitte?«
    »Hast du im Zusammenhang mit japanischem
Kampfsport schon mal von einem Kettenhandschuh gehört?«
    Sie sah mich mit großen Augen an.
Siggi kam näher.
    »Allerdings. Das ist die harte Variante,
damit können Würgegriffe innerhalb kurzer Zeit töten. Wird von den Kampfsportlern
komplett abgelehnt. Von der Yakuza allerdings nicht.«
    »Yakuza?«
    »Japanische Mafia.«
    Ich nickte. »Danke!«
    Angst, Zweifel, Überraschung und
Verwirrung. Das versuchte Rico Grüner zu überwinden. Und er glaubte, dies mithilfe
des Kendo zu schaffen. Aber es war ihm nicht wirklich gelungen.
    Ich ging ins Schlafzimmer. Ein einfaches
Bettgestell, eine wacklige Kommode, leer. Die Spurensicherung war inzwischen eingetroffen,
zwei der Kollegen kannte ich noch von heute morgen aus Büchlers Haus. Sie begrüßten
mich mit einem kurzen Kopfnicken. Ich hatte sie bereits arbeiten gesehen, sehr akkurat
und gewissenhaft. Jedes kleinste Detail konnte uns weiterbringen. Sie machten sich
wortlos an die Arbeit.
    Als ich über den Morgen des heutigen
Tages nachdachte, merkte ich plötzlich, wie müde und erschöpft ich war. Kein Wunder,
nach der kurzen Nacht und all den aufwühlenden Ereignissen. Mittlerweile war es
kurz nach zwei.
    »Du musst jetzt hier raus, Hendrik,
damit die Spusi in Ruhe arbeiten kann«, sagte Siggi, »geh mal runter in den Einsatzwagen,
die Kollegen haben etwas zu essen besorgt.«
    Es gab frische Brötchen und Knackwurst,
so wie sich das in Thüringen gehört. Selbst an die Hallorenkugeln hatte jemand gedacht,
ich griff dankbar zu. Nur der Espresso fehlte. Nach dem Essen konnte ich mich auf
dem Beifahrersitz des Fahrzeugs etwas zurücklehnen und entspannen. Etwa eine halbe
Stunde döste ich unruhig vor mich hin.
    Irgendwann öffnete Siggi die Tür.
»Schau dir das an!« Er hielt mir eine Plastiktüte mit Papieren vor die Nase. »Hing
in der Toilettenspülung.«
    Ich breitete alles auf dem kleinen
Tisch der Kommandozentrale aus und versuchte, mir einen Überblick zu verschaffen.
Jede Menge Ausdrucke von Webseiten, Goethe, sein Leben, seine Werke, Leihscheine
der Universitätsbibliothek Jena, alle ausgestellt auf Jürgen Zöld, Notizen über
mich, meine Wohnung und meinen Lebenswandel, ein Mietvertrag für die Bonhoefferstraße
4, ausgestellt auf den Namen Michael Müller, ein Plan von Tiefurt, Kendo-Bilder,
alte Fotos aus der Schule, eines von Hans

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