Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut
wichtig, gerade weil er keinen Anwalt hat, nicht dass später jemand behauptet,
wir hätten mit illegalen Mitteln gearbeitet.«
Grüner überlegte. »Jaaa, da war ich bei Jürgen, wir haben Fernsehen
geguckt und ein paar Flaschen Bier getrunken.«
»Was gab’s im Fernsehen?«
»Einen Krimi.«
»Welchen Krimi?«
»Erst ›Der Alte‹ und dann ›SOKO
Leipzig‹.«
»Kein überzeugendes Alibi.«
»Beweisen Sie mir doch das Gegenteil!«
Meininger setzte sich wieder.
»Kennen Sie Fedor Balow?«, fragte
Siggi.
»Ja.«
»Woher?
»Wohnte bei uns in Tiefurt, Hauptstraße,
war mal mit meiner Schwester verlobt.«
»Verlobt?«
»Ja, verlobt, Mann, warum wiederholen
Sie eigentlich alles wie ein Papagei?«
»Gab es eine offizielle Verlobungsfeier?«
»Nein, nur so, im kleinen Rahmen.«
»Wann und wo?«
»Mann, das weiß ich doch nicht mehr,
fragen Sie halt meine Schwester.«
»Wir haben bereits mit ihr gesprochen.«
Grüner sah unsicher zwischen den
beiden Kommissaren hin und her. »Und, was hat sie gesagt?«
»Das dürfen wir Ihnen leider nicht
sagen, Dienstvorschrift!«
»Scheiß-Dienstvorschrift …«
»Und, fanden Sie das gut?«, fragte
Siggi weiter.
»Was?«
»Dass Fedor Balow mit Ihrer Schwester
verlobt war?«
»Na klar, er wollte sie ja heiraten.«
»Hat er aber nicht.«
»Ja, das weiß ich auch.«
»Waren Sie wütend deswegen?«
»Nein, enttäuscht, aber nicht wütend.«
Siggi gab Frau Sobeck ein seltsames
Handzeichen. »Haben Sie ihn ermordet?«
»Nein, habe ich nicht.«
»Entschuldigung, ich habe Sie nicht
verstanden.«
Grüner fuchtelte mit den Händen
herum. »Mann, hören Sie schwer, ich habe den Typ nicht ermordet!«
Ich sah Lehnert an. »Mit den vielen Rückfragen will er ihn aus dem
Gleichgewicht bringen?«
»Richtig.«
»Ist ja gut«, sagte Siggi, »schauen Sie sich bitte an, was Frau Sobeck
geschrieben hat, damit es keine Missverständnisse gibt.«
»Mensch, was soll das?«
»Ist nur zu Ihrem Nutzen, Herr Grüner,
also bitte!«
Frau Sobeck schob ihm das Blatt
hin. Er las es mit ruhelosem Blick. »Ich habe doch gesagt, ich war nicht wütend wegen der gelösten Verlobung, nur enttäuscht , das habe ich doch extra
gesagt, jetzt steht hier wütend , was soll …?«
»Entschuldigen Sie, Herr Grüner,
das kann mal vorkommen, würden Sie es bitte selbst korrigieren und Ihre Unterschrift
danebensetzen, Sie wissen schon … das ist ein offizielles Dokument.«
Frau Sobeck schob ihm den Kugelschreiber
hinüber, Grüner änderte das Wort und setzte eine großspurige Unterschrift daneben.
»Ich hab Hunger«, sagte er.
»Gut, ich kümmere mich darum«, antwortete
Siggi, »wie wäre es mit Ravioli?«
Rico Grüner riss die Augen auf.
Meininger schaltete sich wieder
ein. »Aber erst, wenn Sie unsere Fragen beantwortet haben, klar!«
»Aber …«
»Haben Sie den Brand in der Denstedter
Mühle gelegt?«
»Ich? Nee, das war doch dieser Gegenroth.«
Meininger straffte den Rücken. »Nein,
es war ein Kabelbrand durch Marderbiss, eindeutig bewiesen. Warum hat Hans Gegenroth
sich schuldig bekannt?«
»Fragen Sie doch ihn!«
»Er ist tot, das wissen Sie genau!«
»Ach ja, hatte ich ganz vergessen.«
Grüner lehnte sich lässig zurück.
»Hatten Sie mal Streit mit ihm?«,
fragte Siggi.
»Nee.«
»Sicher?«
»Sie nerven, Herr Hauptkommissar!«
»Möglich«, antwortete Siggi ruhig,
»also, sicher?«
»Jaaa, sicher!«, knurrte Grüner.
Siggi wartete, bis Frau Sobeck alles
notiert hatte, dann sagte er: »Herr Grüner, lesen Sie bitte alles durch und unterschreiben
Sie jede Seite, Sie wissen ja …«
»… wegen der Missverständnisse?«
»Genau. Danach machen wir eine viertel
Stunde Pause und ich kümmere mich um die Ravioli.«
Grüner las die fünf eng beschriebenen
Seiten aufmerksam durch und unterschrieb sie, jede einzeln, mit einem schwungvollen,
hoffnungsvollen ›Rico Grüner‹.
Meininger ging in sein Büro, ein Uniformierter brachte Grüner zur Toilette.
Lehnert reichte Siggi einen Kaffee, er trank ohne Kommentar. Schweißperlen standen
auf seiner Stirn.
»Ich habe mit Sabine Grüner gesprochen«,
erklärte ich, »ihr Bruder war als Schüler in Claudia Holzgrewe verliebt. Es ist
gut möglich, dass Rico Grüner Daniel bestrafen wollte, weil der Claudia Holzgrewe
verlassen hat. Daniel Baumert war laut ihrer Aussage ein Mensch, der Probleme scheute,
sie nicht wahrhaben wollte.«
»Gut. Haben wir schon den Abgleich
der DNA von dem Besenstiel mit der
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