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Goetheruh

Goetheruh

Titel: Goetheruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Koestering
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Hilfe!«
    »Hendrik, was ist denn los? Du bist ja ganz aufgeregt!«
    »Er hat Hanna in seiner Gewalt!«
    »Was, wer denn?«
    »Jens Gensing!«
    »Wie, woher weißt du das?«
    »Benno, bitte hör mir jetzt genau zu: Hanna und ich sind zufällig auf Jens Gensing gestoßen. Er hat sie mit einem Messer bedroht und in seine Gewalt gebracht, ich konnte nichts machen. Um sie zu retten, habe ich ihm versprochen, einen Gegenstand aus dem Goethehaus zu besorgen, verstehst du?«
    »Verstehe. Wo bist du jetzt?«
    »Am Herderplatz!«
    »Am Herderplatz?«
    »Benno, bitte!«
    »Ist ja gut, komm sofort zum Frauenplan, ich versuche, Wenzel zu erreichen. Weiß Siggi schon Bescheid?«
    »Nein, er hat nicht abgenommen, bei Hermann war besetzt!«
    »Alles klar, ich regle das. Bitte bleib ruhig, wir holen Hanna da raus!«
    »Danke, Benno, bitte …« Ich hätte auf der Stelle losheulen können.
    »Wir holen sie da raus, glaub mir! Bis gleich.«
    Ich rannte los. Den Wagen zu benutzen, hatte keinen Sinn, das hätte nur noch länger gedauert. Ich musste mich extrem zusammenreißen, um nicht loszurennen wie ein Irrer. Nur keine Kurzschlusshandlung, dachte ich, das würde Hanna überhaupt nicht helfen.
    Benno traf kurz nach mir am Goethehaus ein.
    »Wo ist Wenzel?«, fragte ich hektisch.
    »Er kommt gleich, Siggi ist auch unterwegs.«
    »Kommt er hierher?«
    »Nein, er fährt direkt zum Herderplatz, erzähl mir bitte genau, wo sie sind!«
    Ich schilderte den Weg zu dem Nebengebäude. »Die sollen aber nicht stürmen, ich gehe selbst mit dem Tintenfass rein.«
    »Ist klar.«
    Er telefonierte mit Siggi und klärte alle Einzelheiten.
    Nach mir endlos erscheinenden zehn Minuten traf endlich Wenzel ein. Ich klärte ihn kurz auf. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er sich sträuben würde, doch in Anbetracht zweier entführter Frauen stimmte er sofort zu. Er schaltete die Alarmanlage aus und wir betraten das Goethemuseum. Von dort gingen wir direkt in Goethes Wohnhaus. Es war eine Situation, die ich mir nie hätte träumen lassen: Ich ging in dieses Gebäude, das mir so viel bedeutete, um die Frau zu retten, die ich liebte, indem ich einen der persönlichsten Gegenstände von Goethe entfernte. Einen Gegenstand, der in engem Zusammenhang mit dem Zustandekommen seiner Werke stand: sein Tintenfass.
    Wir waren im ersten Stock angelangt – ›Salve‹. Wenzel ging voran durch das Brückenzimmer ins Gartenzimmer und dann rechts ab – entgegen der üblichen Besucherroute – in den Bereich Goethes persönlicher Gemächer. Kurze Zeit später standen wir vor dem hüfthohen Gitter im Durchgang zum Arbeitszimmer.
    »Steigen Sie bitte darüber, ich habe den Schlüssel so schnell nicht gefunden.«
    Mit einem Satz sprang ich über die Absperrung. Vorsichtig ging ich zum Schreibtisch. Es war ein seltsames Gefühl, hier zu stehen – hier, in diesem Raum, in dem ich so gerne nur einmal im Leben hatte stehen wollen. Wenn alles gut ging, würde Hanna bestimmt mit einem Augenzwinkern sagen, dass ich das nur ihr zu verdanken hätte.
    Behutsam nahm ich das Tintenfass und steckte es in die Plastiktüte, die Wenzel mir entgegenhielt. Er hatte eine kleine Holzbox mitgebracht und legte die Tüte dort hinein.
    »So ist es einigermaßen sicher aufgehoben«, meinte er.
    Ich hob den Daumen als Zeichen meiner Zustimmung und kletterte wieder über das Gitter. Wir eilten zurück zum Ausgang, Türen fielen eilig ins Schloß, Schlüssel klapperten. Fünf Minuten später waren wir wieder im Freien. Bevor ich losrannte, stockte ich einen Moment und drehte mich um:
    »Danke, Wenzel!«
    Er lächelte: »Ich heiße Martin!«
    »Hendrik.«
    »Viel Glück!«
      Es blieb keine Zeit für einen Händedruck. Ich sprintete los in Richtung Herderplatz. Die Digitaluhr im Schaufenster des Seifenladens in der Kaufstraße zeigte 13.02 Uhr. Noch 5 Minuten. Ich schwitzte wie verrückt. Eine Minute später bog ich links in den Herderplatz ein. Siggi wartete bereits mit mehreren Streifenwagen und einem ganzen Haufen Polizisten. Ich wählte Hannas Nummer und gab Siggi ein Zeichen, mitzuhören. Über die Freisprechanlage erklang Jens Gensings Stimme: »Die Zeit ist um, Hendrik!«
    »Ich hab das Tintenfass!«
    »Sehr gut, und was ist mit der Freundin?«
    Mir blieb fast die Luft weg – die Freundin hatte ich vollkommen vergessen. Ich hatte mich nur darauf konzentriert, das Tintenfass zu besorgen.
    »Die bekommt ihr natürlich auch, ist doch klar, ich bin in fünf Minuten da!«
    »Okay – aber keine

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