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Goetheruh

Goetheruh

Titel: Goetheruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Koestering
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denkst also, er macht sich über uns lustig?«, wollte Siggi wissen.
    »Ich bin mir sogar ziemlich sicher.«
    »Da kann ich nur sagen: Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Viel mehr Sorgen mache ich mir über den Aspekt der Macht.«
    »Ich auch. Es kann sein, dass er jetzt seine Macht zeigt, um uns später damit unter Druck zu setzen, das ist ein bekanntes Thema aus der Literatur. Aber wie und warum … keine Ahnung.«
    »Okay. Damit hast du gleich ein paar Ideen zum Täterprofil mit eingebracht …« Er sah mich an. »Das war es doch, was du eigentlich nicht wolltest, oder?«
    »Stimmt«, antwortete ich nachdenklich, »ich war mit meinen Gedanken wohl zu sehr in den Fall vertieft …«
    Er sah mich prüfend an. »Du bist ein Wadenbeißer?«
    Ich hob die Schultern.
    »Gut, gut, ich bespreche das mit unserem Psychologen.«
    »Was, den Wadenbeißer?«
    Er lächelte. »Nein, deine Gedanken zum Täter.«
    Ich nickte.
    »Wie kommst du übrigens darauf, er verstecke sich zwischen jungen Leuten?«
    »Du hast gestern selbst gesagt, dass der Täter immer abends zwischen 19 und 21 Uhr kam, wenn es dort nur so vor jungen Leuten wimmelte. Das heißt für mich, er kommt bewusst zu dieser Zeit und nutzt die Menge der jungen Leute als Tarnung. Normalerweise würde ein junger Mensch mit seiner Tat prahlen, und zwar so schnell wie möglich. Warum sollte er also nach seinem Diebstahl den ganzen Tag verstreichen lassen, bevor er sich meldet, wenn nicht aus dem Grund des Sich-Versteckens?«
    »Da ist was dran.«
    »Du fragst wegen der Altersbestimmung?«
    »Ja, sie ist sehr wichtig für uns.«
    »Ich habe den Altersbereich eher konservativ geschätzt. Normalerweise könnte man bei diesem Klientel sogar auf 25 Jahre runtergehen.«
    »Du schreibst: ›Geschlecht: unbekannt‹. Wenn die Person über handwerkliches Geschick verfügt, eventuell gelernter Schlosser ist, wäre es dann nicht wahrscheinlich, dass es ein Mann ist?«
    »Im Westen ja«, erwiderte ich, »hier im Osten nicht.«
    Siggi lachte. »Stimmt. Das Thema verfolgt uns wohl ständig. Übrigens – es gibt etwas Neues!«
    »Nämlich?«
    »Wir haben einen Verdächtigen!«
    »Im Fall Goethehaus?«, fragte ich erstaunt.
    »Ja. Wir haben die Mitarbeiterliste des Goethemuseums genau geprüft. Alle sind sauber, bis auf einen: Oliver Held.«
    »Oliver Held«, wiederholte ich lakonisch.
    »Er ist 28 Jahre alt«, fuhr Siggi fort.
    »Ach, deswegen die Frage nach dem Alter?«
    »Genau. Und er hat unberechtigterweise einen Schlüssel an sich genommen. Das kam erst heraus, nachdem ich angeordnet hatte, alle Schlüssel zu überprüfen. Er hat ihn sich durch einen Trick von Wenzels Sekretärin erschlichen, sein Name wurde aber im Schlüsselbuch eingetragen.«
    »Um was für einen Schlüssel handelt es sich?«
    »Er gehört zu einem relativ großen Abstellraum im Keller. Hier lagern Exponate, die restauriert werden müssen.«
    »Und worin besteht nun der Verdacht?«
    »Nun, er könnte die Exponate dort versteckt haben, um sie dann später irgendwie unauffällig hinauszuschaffen.«
    »Das ist aber noch etwas dünn, oder?«
    »Es geht weiter. Oliver Held kommt jeden Tag mit einem Rucksack zur Arbeit. Er ist Museumswärter und bringt darin laut seiner Aussage Schuhe und Kleidung mit, die er während der Arbeit trägt. So eine Art Uniform.«
    Ich runzelte die Stirn.
    »Zwei seiner Kollegen behaupten aber, er lasse seine Arbeitskleidung immer im Umkleideraum des Museums. Es ist also nicht auszuschließen, dass er im Rucksack Diebesgut transportiert hat.«
    »Aber nicht den Fußschemel.«
    »Nein, den nicht. Weiterhin haben wir sein Bankkonto überprüft. Es weist einen Guthaben-Saldo von 130.000 DM auf.«
    Ich pfiff durch die Zähne. »Vielleicht eine Erbschaft?«, mutmaßte ich. Im selben Augenblick kam mir die Antwort ziemlich naiv vor.
    »Nun, möglich ist alles, wir sind gerade dabei, das zu überprüfen.«
    »Wisst ihr sonst noch etwas über ihn?«
    »Ja, er ist gelernter Bauschlosser.«
    »Oh, là, là!«, entfuhr es mir.
    Siggis Telefon klingelte. Es war einer seiner Mitarbeiter. Sie unterhielten sich ein paar Minuten, es ging offensichtlich um Oliver Held. Nachdem er aufgelegt hatte, sagte er: »Meine Leute haben ihn heute Morgen zu Hause vernommen, wegen des Geldes. Er kann oder will nicht sagen, woher es stammt. Jedenfalls hat er nicht geerbt, nicht im Lotto gewonnen oder Ähnliches. Und das Geld wurde bar eingezahlt.«
    Ich war weiterhin skeptisch.
    »Darüber hinaus haben meine Leute

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