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Goetheruh

Goetheruh

Titel: Goetheruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Koestering
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»Vielleicht hätte einer der Herren mal die Güte, mich aufzuklären, was ein ›Roter Hering‹ ist?«
    »Das ist doch wohl klar, ein Hering in Tomatensoße!«
    Allgemeines Gelächter.
    »Hendrik, lass dich nur nicht veräppeln, das ist ein nackter Hering, der sich schämt!«
    Erneut schallendes Gelächter.
    »Vielleicht ist es auch ein Hering mit Hautausschlag?«
    »Ihr seid wirklich dämlich!«, rief ich in die Runde, was allerdings nur zur weiteren Erheiterung beitrug.
    Dann kam Thomas mit dem Essen und stellte mir zusätzlich einen Averna hin, mit Eis und Zitrone, so, wie ich ihn gerne trinke. »Der geht aufs Haus, weil die dich hier fertigmachen. Ein Roter Hering ist übrigens eine vom Täter absichtlich falsch gelegte Spur.«
    »Oho, woher wissen Sie das denn?«, lachte Siggi.
    »Hab ich gerade in einem Krimi gelesen.«
    »Danke«, triumphierte ich und prostete Thomas zu, »wenigstens einen Freund habe ich hier noch!«
    In diesem Moment klingelte mein Handy. Es war Benno. Der Ministerpräsident wollte Siggi und mich sehen. Im Hotel Elephant – und zwar sofort. Ich stand auf. »Siggi, wir müssen gehen, der MP will uns sprechen!«
    Augenblicklich verstummte das Gelächter.
    »Ist das wahr?«, fragte Siggi verwundert.
    »Aber Hallo!« Die Benutzung seines eigenen Lieblingsausdruckes unterstrich die Wichtigkeit. »Würde ich sonst freiwillig vom Essen aufstehen?«
    Siggi erhob sich ebenfalls. »Na, dann los!«
    »Thomas, bitte schreib unser Essen an, ich bezahl später!«
    »Geht klar, Hendrik!«
    Wir waren schon fast an der Tür, da rief ich in einer plötzlichen Eingebung: »Hermann, könnten Sie bitte klären, wer Jens Gensings Deutschlehrer war und ob er Klavierspielen gelernt hat!«
    »Gut, mach ich!«
    Offensichtlich hatte ich an Glaubwürdigkeit gewonnen, denn niemand widersprach meinem Wunsch.
    Vom Rollplatz zum Hotel Elephant sind es nur gut zehn Minuten zu Fuß, also ließen wir die Autos stehen. In der Karlstraße klingelte erneut mein Telefon.
    »Hello, Hendrik, this is John!«
    »Hi, John, how are you doing?«
    »Actually not quite well, I’m missing Cindy, she disappeared!«
    John Valentine machte sich große Sorgen. Seit zwei Tagen war Cindy verschwunden. Am Dienstagabend hatte er sie aus München anrufen wollen, konnte sie aber nicht erreichen. Zunächst dachte er, sie sei auf einer Party bei Freunden, doch als sie am Mittwoch immer noch nicht auftauchte, fuhr er zurück nach Weimar. Er hatte bereits die halbe Stadt abgesucht und mit vielen Freunden telefoniert, auch in Dallas. Nun fragte er mich um Rat.
    »John, I’m just on the way to an important meeting, I’ll be able to see you in about one hour, I’m going to call you, okay?«
    »Fine, thanks!«
    Ich legte auf. »John Valentine, ein Freund. Er ist Amerikaner«, erklärte ich auf Siggis fragenden Blick hin.
    »Und?«
    »Seine Frau … Cindy – sie ist verschwunden. Komische Sache.«
    »Verschwunden?«
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Sollen wir etwas unternehmen?«, fragte er.
    »Ich weiß nicht … jetzt sprechen wir erst mal mit dem MP, dann könntest du vielleicht mit mir zu John gehen, er wohnt in der Geleitstraße.«
    »Klar, mach ich!«

     
    Wir waren inzwischen am Ende der Windischenstraße angekommen und überquerten den Marktplatz an der Südseite. An diesem Donnerstag war kein Marktbetrieb, sodass wir schnell vorankamen. Benno wartete bereits im Foyer des Hotels. Er führte uns in ein Sitzungszimmer im ersten Stock. Es wirkte recht düster, dunkelbraune Holzvertäfelung, schwere Vorhänge. Zwei Sicherheitsbeamte überprüften uns kurz. Siggi sollte seine Waffe abgeben, doch der MP gab durch ein kurzes Zeichen zu verstehen, dass dies nicht nötig sei.
    Ministerpräsident Adler war ein imposanter Mann, groß gewachsen, mit breiten Schultern, einer markanten Nase und einem gebräunten Teint – rein äußerlich ein Erfolgsmensch.
    Wir begrüßten uns, ohne die üblichen Höflichkeiten auszutauschen, es herrschte eine nüchterne Atmosphäre. Zunächst wollte Adler von Siggi nochmals die momentane Lage aus Sicht der Polizei hören. Kurz und prägnant fasste Siggi alles zusammen, Adler hörte aufmerksam zu.
    »Wissen Sie«, gestand er dann, »ich mache mir große Sorgen.«
    »Wegen Ihrer Wiederwahl im November?«, fragte ich spitz.
    Benno wollte gerade protestieren, doch Adler winkte ab. »Lassen Sie nur, Kessler, ich kann Herrn Wilmut verstehen, es gibt leider genug Politiker, bei denen dies der alleinige Grund ist.« Er nahm

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