Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)
ich einen Parkplatz.
Etwa
fünf Minuten später saß ich im Café-Laden. An der Theke, links um die Ecke, gab
es einen kleinen versteckten Bereich, dort war mein Stammplatz. Nach zwei
Minuten stand ein Espresso vor mir. Ich nahm eine Zeitung vom Ständer, um mich
etwas abzulenken. Gaby hatte heute Dienst, sie ließ den zweiten Espresso
durchlaufen. Mein Handy klingelte. Es war Siggi, er wolle mich sehen. Kaum
hatte ich den Espresso getrunken, stand er neben mir. Er bestellte einen
Cappuccino, setzte sich neben mich und hörte mir zu. Ich erzählte von Reinhardt
Liebrich. Er nickte, wieder und wieder, als hätte er die Geschichte so erwartet.
Genau so und nicht anders.
»Wieso
nickst du denn dauernd, Mann?«
»Ganz
locker bleiben, brauchst du noch einen Espresso?«
»Nein,
ich hatte schon zwei …« Das Geräusch der Kaffeemühle unterbrach mich. »Also
gut, Gaby, dann mach mir eben noch einen.«
»Ich
habe Liebrich zweimal vernommen wegen seines Alibis«, sagte Siggi. »Er ist
aalglatt und redegewandt. Abgesehen davon ist sein Alibi nicht zu widerlegen.
Ich habe Meininger auf seinen Lebenslauf angesetzt, die Information aus Hamburg
stimmt mit dem überein, was Liebrich dir erzählt hat. In Gießen wurde er nur
›Der Imperator‹ genannt, wurde aber toleriert, bis er selbst gekündigt hat, um
nach Frankfurt zu gehen. Das hat in Gießen niemanden gewundert, passiert dort
häufig. Ein Stadttheater als Karrieresprungbrett. Interessant ist die
Geschichte aus Leipzig, damals, mit Hubertus von Wengler. Die beiden müssen
sich dort mächtig in die Wolle bekommen haben. Viele Zeugen konnten sich nicht
mehr so genau daran erinnern, aber es ging um die Führungskompetenz. Regisseur
gegen Intendant.«
»Also
ging es um Macht?«
Siggi
wiegte seinen kahlen Kopf unschlüssig hin und her. »Ich denke schon. Aber alles
legal, keine Ansatzpunkte für uns. Ich habe Herrn von Wengler auch dazu
vernommen, er hat das weitgehend so bestätigt. Er hat angedeutet, dass er
Liebrich nicht besonders gut leiden kann, dass dieser ein ›übermäßiges
Selbstbewusstsein‹ besitzt, wie er sich ausdrückte. Er hat aber mit einem
deutlichen Nein geantwortet, als ich ihn fragte, ob er Liebrich kriminelle
Machenschaften zutrauen würde. Trotzdem … irgendwie habe ich das Gefühl, dass
Reinhardt Liebrich mit in dem Fall drinsteckt, mindestens als Nebenfigur.«
»Oder
als Katalysator?«
Siggi
sah mich erstaunt an. »Das verstehe ich nicht so ganz. Ist aber auch egal …« Er
winkte ab, als ich etwas sagen wollte. »Wir brauchen den oder die Drahtzieher.
Frau Pajak ist nun seit zehn Tagen verschwunden und wir haben noch keine Spur.
Göschke macht gewaltig Druck.«
»Mist!«
»Kann
man so sagen. Und mittlerweile hat sich auch die Presse auf uns eingeschossen.«
»Frau
Appelmann?«
»Genau
die!« Er verdrehte die Augen. »Bei ihr muss man sehr aufpassen, jegliche Kritik
wird gedruckt. Verständnis für die Polizeiarbeit gleich null. Manchmal habe ich
den Eindruck, dass es ihr mehr um das eigene Profil geht als um die Sache …«
»… oder
um die verschwundene Frau Pajak.«
»Richtig.«
»Was
ist denn eigentlich mit Adrian Pajak?«
»Hat
sich alles geklärt, er ist hoffnungslos verliebt. In seine eigene Frau. Er
wollte ihr an dem bewussten Abend tatsächlich einen Kuchen backen. Sie hatten
am Tag darauf den 20. Hochzeitstag und er hoffte immer noch, sie käme bis
dahin zurück. Frau Berlinger hat das bestätigt. Sackgasse.«
»Und
seine Immobilienfirma?«
»Ach
ja, die existiert nicht. Er hat sich wohl geschämt, zugeben zu müssen, dass
seine Frau den Lebensunterhalt der beiden verdient und er den Hausmann mimt.
Die Adresse in Berlin hat er sich einfach geklaut. Wir haben das Westin Grand
Hotel darüber informiert, der Rest ist deren Sache.«
»Hat
die Spusi eigentlich etwas im Keller der Weimarhalle gefunden?«
»Ja,
blonde Haare auf dem Boden. Die DNA-Analyse in Jena ergab, dass es Frauenhaare
sind, mehr können die ohne Vergleichsmaterial nicht sagen, du erinnerst dich an
den Vortrag von Professor Kübler an der Uni Jena damals?«
»Natürlich
erinnere ich mich. Ist ein Vergleich mit den Verdächtigen geplant?«
»Ja,
bisher ohne Ergebnis.«
»Klaus
Felder?«
»Nichts
Neues seit heute früh. Meininger hat ihn noch mal in die Mangel genommen, er
will zu den Gesprächsinhalten aber nicht mehr sagen, als wir sowieso schon
wissen. Es habe sich um geheime berufliche Themen gehandelt. Ich kann ihn nicht
zwingen, auszusagen, das
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