Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)
auf.«
»Woher
…«
Sie hob
entschuldigend die Schultern. »Hat sich schnell im Haus rumgesprochen.«
Ich
zögerte.
»Wenn
du möchtest, postiere ich einen Kollegen vor ihrem Zimmer«, sagte Siggi.
»Haben
Sie ein Handy?«, fragte Schwester Elke. Sie machte einen vertrauenswürdigen
Eindruck.
Ich gab
ihr meine Visitenkarte. »Wenn Ihnen irgendetwas verdächtig vorkommt, rufen Sie
mich bitte an!«
»Geht
klar!«
Ich
öffnete noch einmal kurz die Tür zu Hannas Zimmer. Sie schlief fest. Dann
folgte ich Siggi zum Aufzug. »Was willst du in der Medizintechnik?«
»Es
geht um den Infusionsapparat«, antwortete Siggi und drückte im Aufzug auf ›K‹.
»Der spielt möglicherweise eine entscheidende Rolle.«
Im
Kellergeschoss angekommen mussten wir zweimal fragen, wo sich die
Medizintechnik befand. Kahle Gänge, blanke Rohre, Stahltüren. Endlich hatten
wir die Abteilung erreicht. Hinter einer schmucklosen Tür breiteten sich zu
meinem Erstaunen mehrere große Räume aus, zwei Werkstätten, Labore, ein
Lagerraum und ein Großraumbüro. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass die
Medizintechnik in einem mittelgroßen Klinikum solch eine Bedeutung hatte. Ich
folgte Siggi in das große Büro. »Wo bitte finde ich Herrn Richter?«, fragte er
in den Raum hinein. Eine Frau lugte hinter ihrem Bildschirm hervor und zeigte
nach links. Durch eine Glaswand hindurch konnte ich ein abgetrenntes Büro
erkennen, in dem ein junger Mann in dunklem Anzug telefonierte und dabei aufgeregt
mit den Armen ruderte. Siggi öffnete die Tür.
»Was
soll …?« Siggi zeigte seine Polizeimarke, der Anzugträger legte sofort auf.
»Oh, entschuldigen Sie, mein Name ist Richter, Diplomingenieur Michael Richter,
Leiter der Medizintechnik.«
Wir
stellten uns vor. Mich sah er leicht irritiert an, weil ich mich nur mit Namen,
jedoch ohne Funktionsbezeichnung vorgestellt hatte.
»Herr
Wilmut ist einer unserer … Experten«, sagte Siggi. Ich merkte, dass Herr
Richter gern weitergefragt hätte, dennoch kam er sofort aufs Thema.
»Der
Infusomat, mit dem Frau Kessler therapiert wurde, ist bereits unterwegs in Ihr
kriminaltechnisches Labor. Hier steht das gleiche Modell von einer anderen
Station.« Er deutete auf ein etwa 10 mal 20 Zentimeter großes hellgrünes Gerät,
das auf seinem Schreibtisch stand. »Beide haben die gleiche Softwareversion,
ich habe das überprüft.«
Siggi
runzelte die Stirn. »Das klingt ja so, als wären Sie dabei gewesen … ich meine,
als Sophie Kessler starb?«
Er
holte tief Luft. »Ja, man hat mich während der Reanimation gerufen, weil der
Oberarzt vermutete, dass mit dem Infusomaten etwas nicht in Ordnung sei.«
»Aha,
er ist also nicht der Meinung, dass Schwester Silvia eine falsche Dosis
eingestellt hat.«
»So ist
es.«
»Im
Gegensatz zum Chefarzt?«
»Richtig.«
»Und
was meinen Sie?«
»Ich
meine gar nichts, ich halte mich an die Fakten. Der Oberarzt kennt Schwester
Silvia gut, sie arbeiten schon lange zusammen, er kann sich vielleicht ein
Urteil bilden. Ich kenne sie nur flüchtig.«
»Und
was sind die Fakten?«
»Nach einer
sofortigen Überprüfung des Infusionsgeräts …«
»Haben
Sie das Gerät angefasst?«, unterbrach ihn Siggi.
»Nur
mit OP-Handschuhen.«
Siggi
nickte zufrieden. »Entschuldigung, berichten Sie bitte weiter.«
»Nach
der Prüfung des Logfiles habe ich festgestellt, dass die Dosis zunächst korrekt
eingestellt war, auf zwei Milliliter pro Stunde. Das geschieht über ein
vordefiniertes Programm für bestimmte Medikamententypen. Genau 41 Minuten
später hat jemand die Dosis manuell auf das Dreifache erhöht.«
»Das
können Sie alles dem Logfile entnehmen?«, fragte ich.
»Ja, es
gibt uns eine exakte Auflistung aller Bedienschritte innerhalb der letzten 24
Stunden. Wir benutzen diese Logfiles üblicherweise, um Fehlfunktionen der
Geräte nachvollziehen zu können.«
»Und
das Gerät bei Frau Kessler … das funktionierte einwandfrei?«
»Ja,
einwandfrei.«
»Das
heißt, die Dosiserhöhung nach 41 Minuten hat jemand absichtlich
herbeigeführt?«, fragte Siggi.
»So ist
es«, bestätigte Richter, »jemand hat absichtlich das Standardmenü verlassen und
die Dosis manuell erhöht. Das kann kein Versehen sein. Ich habe das soeben an
diesem Gerät hier«, er zeigte auf seinen Schreibtisch, »einwandfrei
nachvollziehen können.«
»Das
spricht Schwester Silvia trotzdem nicht frei …«, meinte Siggi.
Michael
Richter hob die Schultern. »Das herauszufinden ist Ihre Aufgabe, nicht
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