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Götter der Lust

Götter der Lust

Titel: Götter der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia May Hart
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und glänzten stärker als die Edelsteine an Ohren, Busen und Taille. In ihren schlanken weißen Händen hielt sie einen kleinen Stapel Bücher.
    «In unserer Familie gibt es noch eine Kopie davon.» Myles trat näher an das Porträt heran. «Es ist zwar eine Miniatur, aber dieses Gesicht erkenne ich immer und überall.»
    «Wer war diese Frau?»
    «Die Geliebte eines meiner Vorfahren», erwiderte er, ohne sie anzusehen, während er die Ränder des Gemäldes untersuchte. Abby ließ ihn damit allein und sah sich in der Zwischenzeit den Raum genauer an.
    Er klopfte den Rahmen mit den Fingerknöcheln ab. «Seltsam.»
    «Was denn?» Abby drehte sich vom Bücherregal an der gegenüberliegenden Wand zu ihm um.
    «Das Bild ist fest auf der Wand angebracht.» Er zog fester am Rahmen, doch es rührte sich nicht von der Stelle.
    «Ich habe einen Prospekt vom Hotel in meiner Tasche. Da ist auch ein Foto von diesem Raum drin. Soll ich ihn holen?» Auf sein geistesabwesendes Nicken hin hob Abby ihre Röcke hoch, rannte ganz und gar nicht damenhaft aus dem Raum und fragte sich dabei, was wohl Myles’ Ahnen denken würden, wenn sie sie mit entblößten Beinen sehen könnten.
    Die Broschüre in der Hand, kam sie in das Studierzimmer zurückgerannt, doch der Raum war leer.
    «Myles?»
    Hatte der mysteriöse Zeitreise-Strahl, der sie hierher verfrachtet hatte, nun Myles erfasst und ihn anderswohin geschickt?
    «Myles?», rief sie lauter.

Kapitel 6
    «Myles?», rief Abby noch einmal, so verblüfft über sein plötzliches Verschwinden, dass ihre Stimme sich beinahe überschlug. «Wo zum Teufel steckst du?»
    Ein ominöses Knarren ertönte, und das Bücherregal bewegte sich. Myles’ brauner, nun mit Spinnweben bedeckter Schopf ragte um die Ecke. «Hast du gerufen?», fragte er grinsend.
    Abbys Ängste verflogen, und sie strahlte zurück. «Du hast es gefunden!»
    Myles stieß die Geheimtür weiter auf und reichte ihr die Hand. «Komm rein und sieh es dir an.»
    Abby warf ihren Prospekt auf einen abgedeckten Schreibtisch und eilte zu ihm. «Wie hast du es herausgefunden?»
    Er tippte auf einen seiner Nasenflügel. «Das ist ein Geheimnis.» Als er sah, wie sehr er Abby damit ärgerte, wurde sein Grinsen noch breiter. Dann führte er sie durch die Tür.
    Blinzelnd gewöhnte Abby ihre Augen an die plötzliche Dunkelheit. In ihrer Abwesenheit hatte Myles nicht nur den Geheimgang gefunden, sondern auch eine Kerze angezündet, die ihre ersten Schritte erhellen sollte.
    Der schmale Gang wies unterschiedlich hohe steinerne Stufen auf. Zerrissene alte Spinnweben zeigten, wo Myles bereits gewesen war, bevor sie nach ihm gerufen hatte.
    «Jeder muss den Gang gekannt haben, als er gebaut wurde», flüsterte sie. «Wie geheim kann er da noch gewesen sein?»
    «Man hat die Maurer gut bezahlt und ihnen vielleicht sogar eine Rente gewährt, und irgendwann sind sie dann gestorben und haben das Geheimnis mit ins Grab genommen.» Myles bückte sich und holte eine Fackel aus einem kleinen Korb auf der untersten Stufe. Die mit Spinnweben überzogenen Fackeln hatten hier offenbar viele Jahre lang gelegen, ohne dass jemand eine davon herausgeholt hatte.
    Er zündete die Fackel mit der Kerze an. «Wollen wir mal nachsehen, wohin der Gang führt?»
    Abby trat näher und hielt sich an seinem Umhang fest. «Wenn du mir die Spinnen vom Hals hältst», murmelte sie.
    Er warf ihr einen verwunderten Blick über die Schulter hinweg zu und stieg nach oben, immer gefolgt von Abby. Als die Stufen plötzlich höher wurden, strauchelte sie und stolperte gegen Myles.
    Ungerührt entzündete er während ihres Aufstiegs mit der Fackel eine Kerze nach der anderen.
    «Das hat jemand verdammt gut geplant», murmelte Abby.
    Myles stimmte ihr zu. «Ich wette, dass die unterschiedliche Höhe der einzelnen Stufen den Zweck hatte anzuzeigen, wie viele Stufen noch folgen. Wahrscheinlich sind wir auf dem Weg zum Wohnbereich der Dienstboten, was auch ganz logisch wäre.»
    «Wie das?», fragte Abby, die sich schon wieder den Zeh anstieß. Sie verstand nicht, wie Myles sich so geschickt in der Dunkelheit zurechtfand; er war nicht ein einziges Mal gestolpert. Aber natürlich hatte er auch mehr Licht als sie.
    «Mein Vorfahr hatte dafür gesorgt, dass ihm seine Geliebte jederzeit zur Verfügung stehen konnte. Du weißt schon, das Porträt. Sie hatte ein Zimmer bei den Dienstmägden und konnte ihm – vermutlich mit Hilfe dieser Geheimtreppe – zu Diensten sein, wann immer ihm danach

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