Götter der Lust
Sie versuchte, mit einem Griff nach hinten den ersten Knopf zu öffnen, gab aber bald auf und blickte über die Schulter zur Herzogin. «Entschuldigung, könntet Ihr mir bitte behilflich sein?»
Abby erwartete, dass sie eine Magd rief, doch stattdessen öffnete sie eigenhändig die Knöpfe ihres Kleides. Die Finger der Herzogin glitten sanft über Abbys Haut, als sie ihr das Kleid auszog. «Mrs. Hardy!», rief die Herzogin plötzlich, nach Luft ringend. «Ihr tragt ja gar kein Korsett!»
Ohne dass die Herzogin es sah, zuckte Abby zusammen. «Myl … Mr. Hardy hatte es irgendwann satt, mir das Ding ständig an- und wieder auszuziehen, und deshalb hat er mir für die Flitterwochen verboten, eines zu tragen.» Sie seufzte. «Es war bei den Sachen, die ich verloren habe.»
Die Herzogin tätschelte ihre nackte Schulter. «Ihr hattet offenbar sehr ereignisreiche Flitterwochen.»
Abby musste lachen. «Ja, das Leben mit Myles wird immer ein Abenteuer sein.» Sie berührte den geliehenen goldenen Ring an ihrem Finger. Es war die Wahrheit. Vielleicht kam sie mit ihrer Vorliebe für hemmungslosen Spaß nicht unbedingt in den Himmel, aber womöglich fand sie ihren Himmel ja im Leben mit Myles. Falls er sein Versprechen hielt, ihr zu helfen.
Abby ließ das geöffnete Kleid auf den Boden sinken. Der Herzogin weiter den Rücken zukehrend, griff sie nach dem ersten neuen Stück. Das letzte Mal, dass sie sich in Gegenwart einer anderen Frau auch nur annähernd nackt gezeigt hatte, war im Umkleideraum der Turnhalle während ihrer Highschool-Zeit gewesen.
Hastig zog sie sich das neue Kleid über.
«Ich helfe Euch.» Die Herzogin nahm den hinteren Teil ihres Kleids in die Hand, zog ihn hoch und knöpfte es zu.
Abby drehte sich zu ihr um und zupfte an ihrem Mieder. «Wie sehe ich aus, Euer Gnaden?» Sie wollte schon hineingreifen und ihre Brüste verschieben, ließ es dann aber doch lieber bleiben. Das wäre viel zu ordinär gewesen vor einer Herzogin, auch wenn diese erst vor relativ kurzer Zeit in ihren neuen Stand erhoben worden war.
Die Dame des Hauses betrachtete sie. «Ich denke, wenn du jetzt meine Kleider trägst, können wir auf Titel verzichten.» Sie errötete. «Ich fühle mich sowieso nicht recht wohl damit, und du scheinst Vornamen ohnehin zu bevorzugen. Nenn mich bitte Lucy», fügte sie leise hinzu. «Aber bitte nur, wenn wir unter uns sind.»
«Natürlich. Und du kannst mich Abby nennen.» Sie wirbelte ihre Röcke herum. «Was hältst du von dem Kleid? Ist es so schlimm?»
«Abby, du brauchst wirklich ein Korsett.» Lucy räusperte sich. «Darf ich?»
Abby hatte keine Ahnung, worauf sich Lucys Frage bezog. «Klar», sagte sie und wappnete sich für das, was da kommen sollte.
Lucy nahm Abbys Brüste in die Hände. Dann griff sie in den Ausschnitt von Abbys Kleid und zog erst die eine und dann die andere Brust in das Mieder.
«Ah, das hätte ich doch selber machen können.» Abby versuchte, die Herzogin wie ihre Gynäkologin zu sehen. Die Frau hatte sie doch wohl nicht befummelt? Sie bildete sich das bestimmt nur ein. Oder?
«Natürlich.» Lucy trat ein paar Schritte zurück. «Aber da dein Gatte darauf besteht, dass du kein Korsett trägst …»
Abby nahm Lucys Hände. «Du hast mir sehr geholfen. Tut mir leid. Aufgrund der Aufmerksamkeiten vonseiten meines Mannes bin ich ein wenig überempfindlich.» Das musste genügen.
Lucy drückte lächelnd Abbys Hände. «Ich glaube, wir werden bald gute Freundinnen sein. Wir können uns selbst über die intimsten Dinge unterhalten.»
Abby errötete. Schon wieder hatte sie es irgendwie falsch angefangen. «Tut mir leid.»
Lucy drückte erneut ihre Hände. «Aber nein. Ich hätte wirklich gern eine Freundin.»
«Hast du denn keine?», fragte Abby nachdenklich. War das Leben einer Herzogin so einsam?
«Meine Freundinnen von früher schreiben mir schon hin und wieder», sagte sie, drehte sich um und glättete die Kleider auf der Truhe. «Aber sie sind natürlich mit ihrem eigenen Leben beschäftigt, und jetzt, wo ich eine Herzogin bin …»
«Haben sie Angst zu schreiben?»
«Wahrscheinlich möchten sie nicht als Schmarotzer gelten, die nur darauf aus sind, von meiner Bekanntschaft zu profitieren.»Lucy seufzte. «Ich habe eine besonders gute Freundin, aber die reist gerade durch den Mittelmeerraum, und ihre Briefe kommen recht selten.»
«Dann wäre ich gern deine Freundin.» Nun hatten sie und Myles eine bessere Chance, noch eine Weile im Haus
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