Götter der Lust
bleiben zu dürfen.
Lucy umarmte sie sehr fest. «Das freut mich.» Die Umarmung dauerte noch lange an, und Abby musste sich zusammennehmen, um keinen Widerstand zu leisten. Endlich ließ Lucy von ihr ab. «Ich fürchte, es wird heute nur ein kaltes Abendessen geben. Wir haben dem Personal nicht zeitig genug Bescheid gegeben für eine warme Mahlzeit.»
«Das geht schon in Ordnung», erwiderte Abby und blickte Lucy ins Gesicht. Dann umarmte sie die Herzogin mit einem Arm. Der Titel spielte keine Rolle. «Und wenn du mal jemandem dein Herz ausschütten möchtest, Lucy, stehe ich jederzeit zur Verfügung.»
Lucy lächelte. «Danke. Wenn du mir jetzt noch beim Umziehen hilfst, können wir zum Essen hinuntergehen.»
Kapitel 8
Es war nicht einfach gewesen, der Herzogin ohne die Hilfe einer Magd beim Umziehen zu helfen. Abby hoffte nur, dass Lucy ihre Fehler nicht bemerkt oder sie schlimmstenfalls auf eine gewisse Nervosität zurückgeführt hatte, die sie, Abby, im ungewohnten Umgang mit einer Herzogin befallen hatte. Jedenfalls hatte sich Lucy kritischer Bemerkungen oder misstrauischer Blicke enthalten, und nun stiegen sie zum Abendessen die Treppe hinab.
Sie betraten einen üppig mit Gold ausgeschmückten Raum. Myles stand auf und ging ihr sofort entgegen. «Du siehst ganz bezaubernd aus, meine Liebe.»
Der Herzog aber warf erst Abby und dann seiner Frau finstere Blicke zu. «Ich dachte, ich hätte dir gesagt, dass du diese alten Kleider wegwerfen sollst.»
Lucy erblasste für einen Augenblick, während sie sich neben ihn setzte. «Ich muss wohl irgendwie geahnt haben, dass ich sie eines Tages noch für eine bedürftige Seele brauchen könnte.»
«Ihre Gnaden hat sich mir gegenüber als sehr großzügig erwiesen», mischte sich Abby ein, deren Freude darüber, Myles nahe zu sein, dadurch getrübt wurde, dass der Herzog seine Gattin vor aller Ohren getadelt hatte. «Ich denke, für die Gartenarbeit sind sie noch gut genug.»
Lucy lächelte sie an, obwohl ihre Miene angespannt wirkte. «Dafür hatte ich das alte Kleid aufgehoben, auch wenn ich wenig Gelegenheit hatte, es zu tragen.»
«Es geht doch nichts über das Vergnügen, der Erde dieherrlichsten Genüsse zu entlocken», begeisterte sich Abby. Dass ihr grüner Daumen sich auf eingetopfte Alpenveilchen beschränkte, ließ sie vorsichtshalber unerwähnt.
«Und damit habt Ihr Euch beschäftigt, bis wir hier eintrafen?», fragte Lucys Stieftochter mit verächtlich verzogenem Mund.
Abby blickte Elaine an, ohne sie ihre Verärgerung spüren zu lassen. Sie hatte schon öfter mit unverschämten Leuten zu tun gehabt, die in der gesellschaftlichen Hierarchie über ihr standen, und auch vor dieser hier konnte sie nicht davonlaufen. «Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, mich der gesamten Garderobe Eurer Mutter zu bedienen.»
«Diebin», knurrte Elaine.
«Elaine!», tadelte Lucy sie sanft und ohne jeden Hauch von Verärgerung im Tonfall. «Du solltest auch Menschen etwas gönnen, die vom Glück weniger verwöhnt sind als du.»
«Menschen, wie du einer warst, meinst du wohl», spottete ihre Stieftochter.
«Elaine!», fauchte der Herzog. «Du entschuldigst dich auf der Stelle bei deiner Stiefmutter und unseren Gästen für dein schlechtes Benehmen.»
«Entschuldigung», sagte Elaine schmollend in den Raum hinein.
Der Herzog rang sich dazu durch, seinen Gästen ein schmallippiges Lächeln zu schenken. «Die Reise war ausgesprochen lang und ermüdend für uns. Vergebt uns also unseren Mangel an Manieren.»
«Wir werden Eure Geduld heute Abend nicht über Gebühr in Anspruch nehmen», versprach Myles mit einer kurzen Verbeugung.
«Ihr seid zu freundlich, Mr. Hardy. Esst mit uns, und dann werden wir Euch in Euren Flitterwochen nicht länger stören.»
Der junge Viscount mischte sich ein. «Ich hoffe, Ihr könnt nach dem Essen ein paar Minuten für mich erübrigen. Zum Portwein vielleicht?»
Der Herzog hustete. «Mein Junge, wenn du selbst einmal in den Flitterwochen bist, wird dir klarwerden, dass man Frischverheiratete nicht ablenken sollte.» Er wandte sich seiner Frau zu und tätschelte ihr Knie.
Die unverkennbare Zuneigung des Herzogs zu seiner Frau bewirkte, dass Abby sich ein wenig entspannte.
Myles wagte nicht, dem Herzog zu widersprechen. «Morgen früh gern. Dann wird meine Frau mich sicher für ein paar Stunden entbehren können.»
Abby wollte schon mit einer frechen Antwort kontern, schloss aber auf seinen warnenden Blick hin wieder den
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