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Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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sich die anderen nicht vom Fleck rührten, musste er Léti, Yan und Lana nach draußen stoßen. Was für eine Ironie, dachte er. Zur Abwechslung war er der Einzige, der vernünftig handelte.
    Bowbaq, der allein zurückgeblieben war, horchte auf die Schritte seiner Freunde. Wenig später konnte er ihr Keuchen hören. So nah am Ziel hätten Grigán und Corenn eigentlich etwas langsamer laufen können. Stattdessen trieb sie irgendetwas dazu an, das Letzte aus sich herauszuholen.

    Der Riese öffnete die Augen und sah das Licht der letzten verbliebenen Laterne auf sich zuschwanken. Grigán schubste Corenn ohne Umschweife durch die Öffnung, dann sprang er selbst hindurch. Sie waren hochrot, atemlos, außer sich vor Angst.
    »Bowbaq, raus hier«, befahl Grigán nur. »Schnell.«
    Mit letzter Kraft zerrte er Corenn zur Tür.
    Der Riese überhörte den Befehl. Noch nie hatte er sich seiner selbst so sicher gefühlt. Etwas gigantisch Großes kam aus der Tiefe, und Bowbaq schlug zu.
     
     
     
    Die Rominer sahen zufrieden mit an, wie der Tiefe Turm von den Flammen zerstört wurde. Einige lachten. Jemand schlug einen Rundtanz vor, und bald hüpften die Einheimischen in einem fröhlichen Reigen um das brennende Gebäude.
    Die altehrwürdige Bibliothek galt den Unkundigen unter ihnen als überkommenes Symbol der königlichen Gewaltherrschaft. Wer es genauer wusste, sah in ihr nicht mehr als eine Geisterhochburg, die man schon vor langer Zeit hätte zerstören sollen. Niemand begriff, dass Romin in dieser Nacht eines seiner größten Wunder verlor. Keiner dachte daran, dass damit ein Schatz vernichtet wurde, der das tausendjährige Wissen der Menschheit barg. Doch natürlich fiel nicht alles den Flammen zum Opfer: Die meisten tiefer gelegenen Stockwerke wurden lediglich unter Schutt und Asche begraben, wie die Bibliothek von Romerij. Für wie viele Jahrhunderte?
    Hulsidor war in der Menge verschwunden. Die Erben wurden einer nach dem anderen mit Jubel begrüßt, als sie sich aus dem brennenden Turm retteten. Kaum jemand störte
sich daran, dass sie Fremde waren: Im allgemeinen Freudentaumel behandelte man sie wie heldenhafte Befreier.
    Ein gutes Stück vom Turm entfernt scharten sich die Gefährten zusammen, und Grigán hielt die Schaulustigen mit unverhohlenen Drohungen auf Abstand. Plötzlich ertönte ein Krachen, gefolgt von begeistertem Applaus. Der zweite Stock war soeben unter dem Gewicht der anderen zusammengebrochen.
    »Bowbaq!«, schrie Léti und drängte sich zum Turm vor.
    In diesem Moment stürzte das ganze Gebäude mit ohrenbetäubendem Getöse in sich zusammen. Die Gefährten sahen der Katastrophe schweigend zu. Die Jubelschreie der völlig außer sich geratenen Rominer hörten sie kaum.
    Da geriet mit einem Mal ein Haufen Schutt in Bewegung, und einer der Trümmer schob sich in die Höhe. Ein völlig zerzauster und mit Ruß und Staub bedeckter Bowbaq sah sich benommen um. Er begann vorsichtig im Schutt zu wühlen, den Streitkolben immer noch griffbereit. Hastig zogen ihn die Erben fort.
     
     
     
    Die aufwühlende Nacht endete auf der Othenor, ihrem einzigen Zufluchtsort. Am nächsten Tag würden sie in die Heilige Stadt Ith aufbrechen.
    Abgesehen von Yan hatten alle Gefährten mehr oder minder schwere Verletzungen davongetragen. Von Bowbaqs zahlreichen Beulen und Brandwunden ging eine auf Létis Rechnung. Die Erben waren erschöpft und abgekämpft.
    Außerdem hatten sie fast all ihre Habseligkeiten verloren: Corenn ihr Tagebuch, Rey das Gegengift zu den tödlichen Dolchen der Züu, Lana ihr eurydisches Priestergewand und dergleichen wichtige Besitztümer mehr, darunter
auch die Katze Frosch. Nun besaßen sie noch weniger als zu Beginn ihrer Suche. Hätte Rey nicht einen Teil des Schatzes aus dem Kleinen Palast in der Nähe der Othenor vergraben, wären sie völlig mittellos gewesen.
    Als erfahrener Kämpfer wusste Grigán ihnen gute Ratschläge zur Behandlung der verschiedenen Wunden zu geben, die Corenn rasch begriff und in die Tat umsetzte. Die Kombüse des alten Schiffs verwandelte sich in eine Krankenstube, in der die beiden Ältesten zunächst ihre Freunde versorgten, bevor sie sich um sich selbst kümmerten.
    Unterwegs hatten sie nur wenige Worte gewechselt. Erst als sie sich vergewissert hatten, dass niemand in Lebensgefahr schwebte, entspannten sie sich ein wenig und tauschten ihre Erlebnisse aus.
    Bowbaq fand, dass der Schattenfresser aussah wie ein riesiger Urblek, aber er war der Einzige, der diese

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