Götter des Meeres
verschiedene Leiden des Alters lindert. Man muß nur die Weichteile der Pflanze zwischen zwei Steinen zerreiben.
Aleoch beobachtet mich genau. Endlich, als die Masse in der Schale feiner ist als gewaschener Sand, gibt er sich zufrieden.
»Reibe dich damit ein«, verlangt er. »Zuerst die Schläfen und die Stirn, dann deinen Brustkorb, vor allem die linke Seite, und die Muskeln deiner Oberarme.«
Ich fühle ein feines Prickeln, das meine Haut durchdringt. Angst vor der gestellten Aufgabe habe ich nicht mehr. Im Gegenteil, sie erfüllt mich mit Stolz.
»Nun bist du bereit«, sagt Aleoch leise. »Ich flehe zu den Geistern der endlosen Tiefe, daß dir mehr Erfolg beschieden sei als jenen, die vor dir diesen Weg gingen und von denen wir nie wieder hörten. Nimm dich in acht, Learges.«
»Die Gefahren von Ptaath schrecken mich nicht, seit ich weiß, daß es Mergesas Wille war«, erwidere ich schroff. Aleoch zuckt zwar kurz zusammen, er versteht aber hoffentlich, daß ich es keineswegs so abweisend meine, wie ich mich gebe. Denn irgendwie hänge ich an ihm. Mit dem Gedanken, auch meinen Mentor zu verlieren, muß ich mich erst abfinden.
»Du wirst nur selten Kontakt mit Wassergraben-Okeazar haben«, meint er. »Du wirst niedere Tätigkeiten verrichten müssen und erst nach langer Zeit, wenn überhaupt, in wirklich wichtige Tempelbezirke vordringen können. Nur darauf mußt du zunächst hinarbeiten.«
»Wie gelange ich nach Ptaath?«
»Wir werden einen Weg finden.«
*
»Sie werden allein nicht überleben«, behauptete Kalisse mit Nachdruck. »Eine alte Kriegerin und eine Hexe, deren magische Fähigkeiten zum überwiegenden Teil verloren sind, können sich nicht lange gegen die Tritonen behaupten.«
»Was grübelst du über Dinge nach, die uns nichts mehr angehen?« brummte Gorma. »Der Tau und der Beuteldrache stehen ihnen bei.« Sie sagte dies mit deutlich spöttischem Unterton.
»Wir hätten uns nicht gegen Sosona stellen dürfen«, meinte Kalisse.
»Ach was. Eine Hexe, die sich vor den Notwendigkeiten verschließt und sich mehr mit Männern abgibt, als für den Zweck dienlich wäre, hat meine Achtung verloren.«
»Du urteilst vorschnell«, ließ sich jetzt Gudun vernehmen.
»Meinst du?« Gormas Rechte fuhr zum Schwertknauf.
Sie waren alle gereizt und übernervös, auch wenn sie es nicht zugaben. Die Ungewißheit lastete schwer auf ihnen. Zudem konnte unverhofft wieder jene unheimliche Macht zuschlagen, die sie nahezu willenlos machte. Gudun fürchtete sich davor. Denn dies war kein Gegner, dem man mit hart geführten Klingen zu Leibe rücken konnte.
Die Schwarze Mutter lebt - Zaems schlimmste Feindin! Sosonas entsetzter Ausruf gellte ihr noch immer in den Ohren. Längst hatte sie begriffen, daß keineswegs die Tritonen ihre wirklichen Gegner waren.
»Ich werde die Hexe nicht im Stich lassen, falls sie und die anderen der Hilfe bedürfen«, sagte Gudun. »Und du wirst genauso handeln.«
»Es geht dir um diesen Honga«, platzte Gorma heraus. »Du willst ihn haben, fürchtest aber, dein Gesicht zu verlieren, wenn du dies allzu offen zu erkennen gibst.«
Gudun war ungehalten.
»Ja«, fauchte sie die andere an. »Ich will ihn haben, doch nicht für mich. Burra soll ihn bekommen.«
»Wenn sie noch lebt«, schränkte Gorma ein.
»Burra läßt sich nicht unterkriegen.«
»Und Zaem?«
Gudun schwieg betreten und achtete wieder mehr auf den Weg. Der Abschnitt des Tunnels, in dem sie sich befanden, wurde merklich enger, auch stieg der Boden an. Die Wände waren zernarbt und von Muskelsträngen durchzogen. Keine zehn Schritte vor den Amazonen gähnte eine düstere Öffnung, kaum groß genug, um sie einzeln hindurchzulassen.
Die Luft war erfüllt von einem leisen Rauschen, das mal fern schien und dann wieder aus unmittelbarer Nähe kam.
»Hört ihr?« rief Kalisse und verharrte. Aber weder Gudun noch Gorma wußten, wovon sie sprach.
Da war es wieder.
»Das sind Tritonen. Sie unterhalten sich mit solchen Pfeiflauten.«
»Das Wasser steigt«, bemerkte Kalisse.
War der Boden eben höchstens zwei Handbreit tief bedeckt gewesen, so wurden es innerhalb weniger Augenblicke bereits vier oder fünf. Gleichzeitig durcheilten deutliche Erschütterungen den Tunnel.
»Sie wollen uns ertränken. Schnell!«
Gudun hastete auf den schmalen Durchgang zu. Das salzige Naß umspülte schon ihre Knie. Es war trüb und führte aufgewirbelten Schlamm mit sich. Die Amazone konnte nicht mehr erkennen, wohin sie trat. Auf einer der
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